• Änneli und Felix begegnen sich zum ersten Mal – auch eine Liebesgeschichte findet Platz neben dem «Käsefieber». · Bilder: Marianne Ruch

  • Der Märit in Langnau – auch Mäusefallen mit «Fanggarantie» werden angeboten.

  • Die Käserei in der Vehfreude – Zusammenarbeit will erst gelernt sein ...

  • Egli Hannes (links) wirtschaftete mit krummen Geschäften in seinen eigenen Sack.

  • Die Regisseurin Krista Schromm.

  • Samuel Schüpbach, der Produktionsleiter.

  • Es geht rund zu und her im Bären.

  • Felix schiebt Egli Hannes übers Parkett ...

  • «Eisi» mag das schöne Bethi gar nicht.

02.06.2022
Emmental

«Die Käserei in der Vehfreude» – Wie zu Gotthelfs Zeiten

Bald geht es in Affoltern zu und her wie zu Gotthelfs Zeiten. Die Bauern gründen eine Käserei. Einigen steigt das Ganze zu Kopfe. Sie sehen das grosse Geld, vergessen aber Redlichkeit und Zusammenarbeit. Die Milchmenge strecken sie mit Wasser – ob das gut kommt? Das Freilichttheater «Die Käserei in der Vehfreude» des Theaters Lützelflüh wird es ab dem 6. Juli in insgesamt 24 Vorstellungen zeigen.

Affoltern · Die Käserei in der Vehfreude hätte schon letztes Jahr aufgeführt werden sollen. Aus bekannten Gründen war dies nicht möglich. Nun aber laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, die Proben sind in vollem Gange. Das OK-Team mit dem Produktionsleiter Samuel Schüpbach und der Regisseurin Krista Schromm haben alle Hände voll zu tun.

Die Regisseurin
Krista Schromm aus Bern und hauptberuflich Mittelstufenlehrerin ist die Regisseurin. Freischaffend ist sie als Theaterpädagogin mit Masterdiplom und Regisseurin tätig. Sie hat spürbare Wurzeln im Emmental. «Meine Mutter ist unweit von Lützelflüh aufgewachsen, weshalb mich das Emmental zeitlebens begleitet», sagt sie. Sie hat schon einige Inszenierungen durchgeführt, für das Theater Lützelflüh ist es die erste. «Seit Kind auf gilt meine Leidenschaft dem Spiel auf der Bühne. Mein Interesse gilt der Vielfalt und der Entdeckung des gestalterischen, kreativen Ausdrucks von Körper, Sprache und Stimme, weshalb ich auch ein Hauptaugenmerk auf die einzelnen Figuren und deren Vielschichtigkeit lege in meiner Arbeit als Regisseurin», erklärt sie ihre Freude am Theater.  Der Bezug zu Gotthelf erklärt sie so: «Gotthelf im Theater ist nicht neu. Gotthelfs Sprache jedoch – ihre Direktheit, ihre mundartliche Färbung und ihr Humor – ist faszinierendes Material für die Bühne. Die von Grund auf neue Dramatisierung, geschrieben von Gerhard Schütz, bringt die Geschichte von Käse und Liebe, Geld und Gier, junger Demokratie und Dorf-Mauscheleien, von Welthandel und Provinzpossen als Käse-Komödie mit viel Schwung und Witz auf die Freilichtbühne. Das ist toll und macht enormen Spass», sagt die Mutter einer 17-jährigen Tochter.

Proben in vollem Gange
Im November 2021 starteten die Leseproben und seit Januar setzt sich das rund 40-köpfige Schauspieler-Team intensiv mit den Figuren und dem Text auseinander. Vor rund einem Monat hat sich das Ensemble zum ersten Mal am Spielplatz in Affoltern getroffen und hat am Originalspielort erstmals die Volksszenen gestellt. «Das Team ist toll und die Spiellust ist längst geweckt. Ich erlebe das Ensemble seit Beginn weg als motiviert, engagiert und sehr spielfreudig », schwärmt die Regisseurin. Ein unterstützendes Produktionsteam wirke seit Monaten im Hintergrund. «Viele helfende Hände tragen dazu bei, das Freilichtspiel im Sommer 2022 auf die Bühne zu bringen – Theater ist Teamwork!», sagt die 50-Jährige. Als Spielleiterin sei es ihre Aufgabe, die Spielenden mit viel Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbewusstsein an die Übungen heranzuführen und sie dabei zu ermutigen, auch einmal über sich selbst hinauszuwachsen und Neues zu wagen. Während den Proben ist klar ersichtlich: Krista Schromm hat das Einfühlungsvermögen. Wie sie sich fühlt? «Gut, müde, energiegeladen, bereichert, herausgefordert, erfüllt – wie üblich in meinen kreativen Prozessen. «Die Vehfreude» begleitet mich gedanklich immer – das gehört zu einer grossen Produktion dazu», sagt sie offen und ehrlich.
Wer die Proben besucht, tritt in eine andere Welt ein und fühlt sich um Jahre zurückversetzt. Und dennoch fragt man sich: Ist heute wirklich alles besser?

Produktionsleiter und Helfer
Samuel Schüpbach ist der Produktionsleiter des Freilichttheaters. Seit der Gründung des Theaters Lützelflüh 1995 ist er mit dabei. Jahrelang als Präsident und im Vorstand. Ab 2005 hatte er jeweils auch die Produktionsleitung inne. «Ja, man weiss mit der Zeit schon, was zu tun ist. Trotzdem ist jede Produktion anders, da wir meist neue Spielorte auswählen», erklärt er. Zum Spielort für «Die Käserei in der Vehfreude» sind sie per Zufall gekommen. Bei einer Rehkitzrettung ist er mit einem Freund bei dem Haus der Familie Megert vorbeigefahren und dieser schlug vor: Das ist es! Sogleich wurde Familie Megert angefragt und diese sagte zu. Rund zwei bis drei Jahre vor dem eigentlichen Projekt bespricht der Vorstand des Theaters Lützelflüh, was gespielt werden soll.
Der Autor, hier Gerhard Schütz, schreibt die Geschichte auf die Bedürfnisse um und dann geht die Arbeit erst richtig los. «Es steckt sehr viel Arbeit dahinter und es ist eine Herausforderung. Dennoch sind die vielen Kontakte mit den verschiedenen Menschen sehr spannend und bereichernd. Es macht Spass», schwärmt der 67-Jährige. Samuel Schüpbach spielt selbst seit vielen Jahren Theater. In der «Käserei in der Vehfreude» hat er eine kleine Rolle ohne Text, auf die er sich genauso freut, als hätte er eine grosse Rolle.
«Die Vielfalt der Mitwirkenden ist faszinierend; sei es die berufliche Herkunft oder auch das Alter, vom 9-Jährigen bis zum 80-Jährigen. Alle wollen gemeinsam etwas erreichen, ohne Gegner. Das ist toll», sagt er sichtlich erfreut. «Wenn es nach der Dernière Abschiedstränen gibt, zeigt sich, wie sehr die Truppe zusammengewachsen ist», meint er. Zum Stück selber sagt er: «Die Geschichte ist präsenter denn je. Nimm den Käse aus dem Stück und du lebst im Hier und Jetzt, in der heutigen Wirtschaft. Jeder ist auf seinen Vorteil bedacht – das macht nachdenklich.» Nebst den Darstellern wirken rund 90 Personen mit und helfen, wo Hilfe gebraucht wird.

Spielplatz in Affoltern
Gespielt wird vor dem wunderschönen Bauernhaus der Familie Megert im Bühlfeld in Affoltern. Das Haus wurde im Geburtsjahr von Gotthelf  (1797) erbaut. Für Familie Megert ist es ein Abenteuer, ihr Haus für die 24 Vorstellungen zur Verfügung zu stellen. Sie werden während den Proben und den Vorführungen eine turbulente Zeit erleben. «Es ist einmal etwas anderes und es geht ja vorbei», sagt Familie Megert lächelnd. «Megerts sind toll! Sie unterstützen uns, wo sie können», schwärmt Samuel Schüpbach.
Die Tribüne bietet Platz für 364 Personen und ist nicht gedeckt. «Ein Freilichttheater soll eben Freilicht sein und nicht gedeckt», lacht Samuel Schüpbach. Dennoch sei dies dann jeweils die Krux: Kann wegen dem Wetter gespielt werden oder nicht. Daher gibt es für die offiziellen Spieltermine auch Verschiebedaten – die hoffentlich nicht gebraucht werden müssen. Falls es einmal doch ein wenig regnen sollte und die Vorstellung unterbrochen werden muss, finden alle Gäste einen Platz in dem 10x30 Meter grossen Festzelt.
In diesem kümmert sich die Schau-käserei mit Hilfe von Vereinen aus Affoltern und Umgebung um das Theatermenu. Die Gäste dürfen sich unter anderem auf eine Käserahmsuppe mit Heu, einen «Wybersalat», «ä Schibe Brate» oder eine «Pflanzblätzröschti» freuen.

Theater Lützelflüh
Der Verein wurde 1995 gegründet und hat seither 18 Theaterstücke aufgeführt. Die Freilichttheater spielten immer an einem anderen Ort. Auch für die Indoor-Stücke wurden oft die Spielorte gewechselt. Der Verein zählt rund 70 Mitglieder. «Der Verein ist überaltert, wir würden dringend junge Mitglieder benötigen», sagt Samuel Schüpbach. «Bei der jetzigen Aufführung wirken erfreulicherweise viele neue Spielende mit. Es wäre schön, sie und auch weitere für das Theater Lützelflüh gewinnen zu können.»

Von Marianne Ruch/PR