• 2019 war noch alles in Ordnung: Peter Schmid von der Huttwiler Garage Grädel überreicht zwei Besucherinnen Rosen. In diesen Tagen hätte die wichtige Frühlings-Autoausstellung stattgefunden, doch sie fiel dem Coronavirus zum Opfer. · Bild: Thomas Peter

08.05.2020
Oberaargau

Die Krise ist nicht überall gleich spürbar

Schweizweit ist die Rede von einer tiefen Krise für die Automobilbranche. Die regionalen Autohändler sind aber unterschiedlich betroffen. Während die Huttwiler Garage Grädel Einbussen spürt, haben die Garagen Larep (Huttwil) und Kilchenmann (Rohrbachgraben) nur ein hellblaues Auge davongetragen. Sie profitieren weniger vom Autohandel als von Service- und Reparaturaufträgen.

Oberaargau · Im April fuhren auf den Strassen der Schweiz und Lichtenstein 67,2 Prozent weniger neu zugelassene Autos als im Vormonat. Der kumulierte Rückgang auf das Jahr 2020 liege bei 35,6 Prozent, informierte der Branchenverband am vergangenen Sonntag. Dieser Rückstand sei derweil kaum einholbar, sagen die Verantwortlichen gegenüber Keystone-SDA. Sie erwarten gar das schlechteste Auto-Jahr seit viereinhalb Jahrzehnten.
Viele regionale Autogaragen trifft es aber nicht gleich stark. Das hat sich bei einer Umfrage unter anderem bei Inserenten des «Unter-Emmentaler» gezeigt. Schon länger ist hingegen klar, dass die Margen beim Autoverkauf für Autogaragen klein geworden sind. Auch wenn dies niemand direkt sagen will: Geld verdienen kann man quasi nur noch mit Reparatur- und Serviceaufträgen. Der Verkauf von neuen Autos lohnt sich längst nicht mehr in jeder Garage.

Grädel spürt Rückgang
Deutlich spürbar ist die Krise bei der Grädel & CIE. AG Centralgarage in Huttwil. Rund vier Arbeitsstellen seien davon betroffen, seit in letzter Zeit kaum mehr Autos verkauft wurden, verrät Inhaber Peter Schmid. Dazu komme, dass durch die fehlende Autoaufbereitung für die Verkäufe weitere Arbeiten wegfallen, auch in der Werkstatt seien die Aufträge insbesondere vor Ostern deutlich eingebrochen. «Für eine Autogarage, die auch noch einen massgeblichen Teil Autos verkauft, sind die Einbussen aufgrund der Krise sehr deutlich spürbar.» Aus-serdem schliesse er eine rasche Rückkehr zur Normalität aus, weil sich auch bei den Klienten die wirtschaftliche Lage verändert hat. Das zeige folgendes Beispiel: «Ein Interessent hat seine Arbeitsstelle verloren. Er wird vorerst auf einen Autokauf verzichten.»
Um das Geschäft wieder anzukurbeln, plane er nun einen Aktionsmonat. So hoffe er, dass immerhin tröpfchenweise neue Aufträge eingehen würden. Ebenfalls geplant ist, wenn es die Vorschriften erlauben, eine Ausstellung im Herbst. Jene im Frühling musste abgesagt werden. «Für uns ist dieser Event sehr wichtig. Dass er nun fehlt, wiegt ebenfalls schwer.» Mit den ersten Sonnenstrahlen würde im Frühling jeweils das Interesse an einem Autokauf ansteigen, die Krise habe hier durchaus eine spürbare Zäsur herbeigeführt.

Der Kundenservice leidet
Ebenfalls eine Ausstellung abgesagt hat die Larep Garage in Huttwil. Inhaber Rolf Lanz sieht diesen Anlass aber weniger als Verkaufsevent, sondern mehr als Möglichkeit, um mit Kunden in Kontakt zu treten. Entsprechend fehle mehr der Kontakt zu Kunden als denn der Verkauf von Fahrzeugen. «Das Interesse an neuen Autos wäre manchmal durchaus vorhanden, der Kontakt zu uns als Verkäufer fehlt aber», sagt Rolf Lanz, seine Kunden sehe er höchstens noch für den Service oder eine Reparatur, weil das Verkaufen vor Ort untersagt ist. «Der Kundenservice leidet dadurch. Einführungen für ein neues Fahrzeug dürfen wir nicht mehr machen. Der Kunde muss grundsätzlich selbst mit seinem neuen Auto klarkommen.» Auch hätte er neue Modelle, die er gerne rumzeigen würde, aber auch das ging bisher nicht, weil der Showroom bis am kommenden Montag geschlossen bleibt.
Dass die Wirtschaft leidet und während der Coronakrise Konsequenzen gezogen wurden, bemerkt Rolf Lanz mit seiner Larep-Garage deshalb vor allem indirekt. «Aktuell werden keine Motorfahrzeugkontrollen (MFK) mehr durchgeführt. Auch haben einzelne Lastwagenfahrer zurzeit keine Fahraufträge mehr. Das führt dazu, dass auch wir weniger Reparaturaufträge erhalten.»

Positive Zeichen vorhanden
Allgemein sei die Auslastung in der Werkstatt aber positiv, trotz Anmeldung zur Kurzarbeit habe er letztlich nicht auf staatliche Hilfe zurückgreifen müssen. «Es gibt Einbussen, die halten sich aber in Grenzen. Wir sind mit einem hellblauen Auge davongekommen und stemmen die Verluste ohne Hilfe.» Ausserdem seien Zeichen vorhanden, dass es schon bald wieder aufwärts geht.
Gleiches sagt auch Heinz Kilchenmann von der Kilchenmann Garage in Rohrbachgraben. «Das schöne Wetter bringt unsere Kunden beispielsweise dazu, die Pneus zu wechseln», erklärt der Neu-Inhaber des Familienbetriebs. Ausserdem sei das Interesse, Autos zu kaufen, wieder leicht angestiegen. «Im letzten Monat hatten wir kaum einen Anruf. Mittlerweile trauen sich die Menschen eher wieder, nachzufragen.» Persönliche Verkaufsgespräche seien zwar weiterhin verboten, es falle aber auf, dass sich die Menschen wieder trauen, sich zu melden. «Die Auswirkungen sind vorerst noch schwer abzuschätzen. Wir haben sicherlich einen Monat verloren, den wir kaum mehr einholen können.»
Während kaum Autos verkauft wurden, sei aber auch bei ihm immerhin die Auslastung in der Werkstatt gut gewesen. Ausserdem habe er tiefe Betriebskosten, weil er keine Mieten bezahlen müsse, da die Liegenschaften im Besitz der Garage ist. Während der wirtschaftliche Schaden zu verkraften sei, trauere er höchstens der Ausstellung ein wenig nach, die abgesagt werden musste. «Wir haben geplant, die Firmenübergabe zu feiern. Die Firma wurde zwar von meinem Vater an mich übergeben, gefeiert wird aber – wenn es bis dann möglich ist – erst im Herbst.» Die Garage Kilchenmann hat auch sonst zwei Ausstellungen jährlich im Programm, so hoffe er, dass nach der Absage im Frühling immerhin jene im Herbst stattfinden kann.

Hoffen auf Öffnung der Verkaufsräume
Wie sich die Situation auf dem Automarkt weiterentwickeln wird, konnte derweil auch der Branchenverband nicht einschätzen. Aussagen gegenüber Keystone-SDA lassen darauf schliessen, dass ein Trend zu günstigeren Autos aufgrund des zurückhaltenden Konsumklimas entstehen könnte. Um den Schaden beim Autohandel nicht noch grösser werden zu lassen, hofft Auto-Schweiz am kommenden Montag die Verkaufsräume wieder öffnen zu dürfen, um schweizweit Arbeitsplätze sichern zu können.

Von Leroy Ryser