• Eine Familienangelegenheit: Andreas und Karin Heiniger mit ihren Kindern Mathias (links), Livia und André. · Bild: Marianne Ruch

  • Ruhig und entspannt wartet Florida auf ihren Einsatz an der Starparade. · Bild: Marianne Ruch

  • Es geht los! · Bild: Marianne Ruch

  • Kurz vor dem Eintreten in die Markthalle ein prüfender Blick, ob Florida noch sauber ist. · Bild: Marianne Ruch

  • Die Züchter laufen mit ihren Tieren langsam im Kreis. · Bild: Marianne Ruch

03.03.2022
Emmental

Die Leidenschaft eines Viehzüchters

Am letzten Februarwochenende fand in Burgdorf die 26. Emmentaler Starparade des Emmentaler Fleckviehzuchtverbandes statt. Die schöns­ten der schönen Rinder und Kühe der Rassen Holstein (HO), Red Holstein (RH), Swiss Fleckvieh (SF) und Simmental (SI), wurden von Züchtern aus dem Emmental aufgeführt und von den Richtern bewertet. Der «Unter Emmentaler» hat den Züchter Andreas Heiniger aus Eriswil mit seiner Kuh Florida an die Starparade begleitet.

Eriswil/Burgdorf · Morgens, kurz nach sieben, lädt Andreas Heiniger Florida in den Viehtransporter und fährt sorgfältig Richtung Burgdorf. Spätestens um acht Uhr muss er vor Ort sein. Florida ist eine Swiss Fleckvieh Kuh und knapp zweieinhalb Jahre alt. Letzten November hat sie zum ersten Mal gekalbt und gehört somit zu den jüngsten Kühen an der Starparade. Bevor es losgeht und Florida dem Richter gezeigt wird, putzt sie Andreas Heiniger noch einmal. Kein Dreck soll sichtbar sein – das ist Ehrensache bei allen Züchtern.
Er führt seine Florida mit den neun anderen Swiss Fleckvieh Kühen in seiner Kategorie in die Markthalle in Burgdorf. Er weiss, wie die Starparade abläuft, bereits zum elften Mal nimmt er mit einer selbstgezüchteten Kuh teil. Die Züchter führen ihre Kühe in dem eigens für den Anlass bereitgestellten Ring mit Sägemehl dem Richter vor. Der Richter Toni Perren aus St. Stephan beginnt die Tiere nach Schönheit einzustellen. Keine leichte Aufgabe, schliesslich stehen hier die schönsten Kühe vom ganzen Emmental. Aber nicht nur schön müssen sie sein, auch die Leistung bezüglich Milchmenge und Gehalt (Fett und Eiweiss) muss stimmen. Die Anforderungen sind hoch. «Da ist es an sich schon ein Erfolg, wenn ein Züchter mit seinem Tier an der Starparade teilnehmen kann», sagt Andreas Heiniger. Denn auch die hier an der Parade als letzte eingestellte Kuh ist immer noch ein sehr schönes Tier mit einer hervorragenden Leistung.

Familienangelegenheit
Seit 20 Jahren bewirtschaftet Andreas Heiniger zusammen mit seinem Bruder Paul Heiniger den rund 30 Hektar grossen Milchwirtschaft- und Ackerbaubetrieb. «Momentan haben wir 25 Kühe und 45 Rinder und Kälber in unseren Ställen», erzählt der begeisterte Viehzüchter. Zusammen mit seiner Frau Karin Heiniger hat er drei Kinder: André, Livia und Mathias. Alle helfen tatkräftig im Stall und auf dem Feld mit. Jedes Kind hat eine Lieblingskuh, die auch oft von ihnen selbst gemolken wird. Bei der Vorbereitung für die Starparade sind alle Familienmitglieder gefordert. Sei es beim Scheren, Waschen oder dem Begleitdokumente ausfüllen. Beim Kopfscheren ist stets seine Frau gefragt: Er schert den Körper, sie den Kopf. «Sie kann das besser als ich», lacht der 50-Jährige.

Vorschau und Vorbereitung
Rund zwei Wochen vor der eigentlichen Starparade zeigte Andreas Heiniger seine Florida in Schüpbach den Richtern. «Bei der Hinfahrt wusste ich noch nicht, ob meine Kuh schön genug ist, um an der Starparade teilnehmen zu können», erzählt er. Fein säuberlich gewaschen und geschoren bringt er sie in die Halle in Schüpbach und wartet darauf, sie den Richtern zeigen zu können. Ein bisschen Nervosität ist auch hier schon spürbar. Endlich die Erlösung: Florida darf an der Starparade in rund zwei Wochen teilnehmen.
Die Freude ist dem Züchter sichtlich anzusehen. «Ja, ich freue mich. Es macht mich stolz, wenn ich meine selbstgezüchtete Kuh an einem solchen Anlass zeigen darf», sagt er strahlend. Alles in allem rechnet er mit rund drei Tagen, die er investiert. «Es ist ein Hobby, eine grosse Leidenschaft und ein gewisser Ehrgeiz steckt natürlich auch dahinter. Darum nimmt man das auf sich», erklärt er. Es bedeute ihm sehr viel, der Züchter und Besitzer einer solchen Kuh zu sein.

Starparade
Andreas Heiniger darf seine Florida an neunter Stelle einstellen. «Es wäre schon schön gewesen, wenn sie etwas weiter vorne gewesen wäre», sagt er. «Aber es ist in Ordnung – alle Tiere hier sind sehr schön», sagt er anerkennend. «Das ist absolut in Ordnung, Hauptsache, wir durften mit Florida dabei sein. Und jetzt gesund und munter nach Hause kommen, das ist das Wichtigste», sagt Karin Heiniger mit Nachdruck. Man spürt: Sie ist froh, wenn sie ihre Kuh wieder im Stall stehen hat. Und wer weiss, vielleicht passt es im nächsten Jahr wieder mit einer Kuh aus dem Stall von Paul und Andreas Heiniger. Rund 120 Kühe der Rassen Swiss Fleckvieh, Simmental, Red Holstein und Holstein durften an der Starparade 2022 teilnehmen. Ein traditionell wichtiger Anlass für den Fleckviehzuchtverband und die Züchter. Alle Kühe mit Jahrgang 2017 und jünger wurden von ihren stolzen Züchtern vorgängig gewaschen, geschoren und herausgeputzt.

Misswahlen
An einem so bedeutungsvollen Anlass werden natürlich auch Missen gewählt. In so manchem Auge eines Züchters, der eine Miss mit nach Hause nehmen durfte, war ein feuchtes Glitzern zu sehen, der Stolz und die Freude spürbar. Und so manch einer der 1500 Zuschauer spürte eine Gänsehaut. Starzüchter haben ein sehr hohes Niveau zu erfüllen: Der Züchter muss zwei selbstgezüchtete Kühe an der Starparade aufgeführt haben, und die beiden Kühe müssen in der Rangliste weit vorne stehen. Der Züchter mit den zwei schönsten Kühen, die auch optisch gut zusammenpassen, darf den Titel Starzüchter mit nach Hause nehmen. Eine grosse Ehre, hinter der viele Jahre Arbeit, Zucht, Glück, Leidenschaft und Freude steckt.

Jungzüchter mit Rindern
Die Jungzüchter durften ihre vom 1. März 2020 bis 30. April 2021 geborenen Rinder zwei Tage vorher zeigen. 100 Rinder, ebenfalls der Rassen Swiss Fleckvieh, Simmental, Red Holstein und Holstein, wurden unter den Augen der rund 1000 Zuschauer von den stolzen Jungzüchterinnen und Jungzüchtern aufgeführt.
Die Jungzüchter konnten sich vorgängig selbst anmelden – hier fand keine Vorschau statt. Dennoch wurden auch bei den Rindern Titel vergeben. Das Emmentaler Starrind RH / HO: INAYA von Siegenthaler Patrick, Fankhaus, und das Emmentaler Starrind SF / SI: KAYLA von Gerber Sarah, Schangnau.

Die Missen der Starparade 2022
Emmentaler Starkuh RH / HO: Thomi’s Power FLO-RED, von Thomi Res und Pascal, Eggiwil; Emmentaler Stareuter RH / HO: Sunny-Place Lorenz NAILA, von Lorenz BG Schenk, Eggiwil; Emmentaler Starzüchter RH / HO: Oberlis Jordy LEONIE und Oberlis Crushabull WANJA von Oberli Beat, Süderen; Emmentaler Starkuh SF / SI: NIKITA von Flückiger Urs und Sommer Werner, Auswil; Emmentaler Stareuter SF / SI: PERGOLA von Staub Hans und Res, Eriswil; Emmentaler Starzüchter SF / SI:BENITA und BARONESS von Gerber Hans, Schangnau.

Von Marianne Ruch