• Hofft, bald mit ihren Mitgliedern auf bessere Gastro-Zeiten anstossen zu können: Irene Ruckstuhl, Präsidentin Gastroverein Langenthal. · Bild: Walter Ryser

07.04.2021
Langenthal

Die Stimmung ist äusserst gedrückt

Gespannt warten Gastronomen, Wirte und Restaurant-Besitzer auf die nächsten Corona-Massnahmen des Bundesrates. Auch in Langenthal, wie Irene Ruckstuhl, Präsidentin des ortsansässigen Gastrovereins, versichert. «Die Stimmung bei unseren Mitgliedern ist äusserst gedrückt», sagt die 40-jährige Eventorganisatorin.

Die Gastronomen in unserem Land proben den Corona-Aufstand: Sie fordern seit längerem vom Bundesrat schnellere Öffnungsschritte. Zudem hat der Verband Gastrosuisse in den letzten Tagen eine Initiative «Für eine gerechtere Entschädigung im Pandemiefall» lanciert. Dass die Lage im «Beizen-Land» angespannt ist, kann auch Irene Ruckstuhl vom Gastroverein Langenthal bestätigen: «Die Stimmung bei unseren Mitgliedern ist gedrückt. Ich weiss, dass sich einige Gastronomen in einer schwierigen Lage befinden, weil die Härtefallgelder nicht ausreichen, die Fixkosten zu decken», betont die Präsidentin.

Viele kreative Gastronomen
Gleichzeitig stelle sie aber auch fest, dass es in ihrem Verein auch sehr viele positiv gestimmte Mitglieder gebe. «Es gibt zahlreiche Gastronomen, die sich durch die aktuelle Situation nicht entmutigen lassen und der schwierigen Lage äusserst kreativ entgegentreten.» Sie stelle einen erfreulichen Kampfgeist fest, der dazu führe, dass viele neue Angebote geschaffen würden. So bieten beispielsweise René Marti vom Restaurant Braui wie auch Regula Brönnimann vom à la cArte Menü-Abholservices an. Das Pub «Feiss & Heimlich» bietet Cocktails für zu Hause an und der «Bären» in Langenthal wiederum beteiligt sich an einem Projekt für Lernende, das vom Mittelschul- und Berufsbildungsamt in Zusammenarbeit mit Hotel & Gastro formation Bern lanciert wurde und den Lernenden die Möglichkeit bietet, sich in Theorie und Praxis weiterzubilden und so auf die Abschlussprüfung vorzubereiten.
Aber für viele Gastronomen sei es gar nicht möglich, spezielle Angebote wie Abhol- und Lieferservice anzubieten. Deshalb vernehme sie auch, dass die Lage vieler Restaurant-Besitzer in Langenthal ungemütlich sei. «Etliche von ihnen haben privates Geld in den Betrieb gesteckt, ohne Gewissheit, ob dieses in den nächsten Monaten wieder auf ihr privates Konto zurückfliessen wird.» Irene Ruckstuhl macht ein Beispiel und sagt: «Wenn man noch 3000 Franken übrighat und weiss, dass man in einem Monat den Betrieb wieder öffnen kann, dann ist das irgendwie kalkulierbar, aber wenn man nicht weiss, wie lange diese 3000 Franken reichen müssen, dann befindet man sich in einer sehr ungemütlichen Lage.» Auch die Öffnung der Restaurant-Terrassen werde die Situation nicht entschärfen, vor allem nicht in Langenthal, denn hier gebe es nur ganz wenige Betriebe, die über eine entsprechende Infrastruktur verfügen würden. Die Befürchtung, dass es Betriebe geben könnte, die die Corona-Pandemie nicht überleben werden, sei deshalb nicht einfach aus der Luft gegriffen.
Bei vielen Gastronomen gehe es aber nicht bloss ums Geld, sie würden ganz einfach auch die Arbeit und den Austausch mit ihren Gästen vermissen. «Für viele ist es schlicht eine Leidenschaft, Gäste zu verwöhnen. Eine Leidenschaft, der sie aktuell nicht nachgehen können.» Aber selbst wenn demnächst die Türen der Restaurants wieder aufgehen sollten, glaubt Irene Ruckstuhl nicht, dass dann alles wieder so sein wird wie vorher. «Die Gastronomie nach Corona wird nicht die Gastronomie vor Corona sein», ist die Eventfrau überzeugt. Was sich verändern werde, das Kundenverhalten oder die Angebote der Gastronomen, sei momentan schwer einzuschätzen. Aber eines ist für Irene Ruckstuhl sicher: «Das Bedürfnis der Leute, endlich wieder einmal auswärts essen gehen zu können und einen gemütlichen Abend mit Freunden zu verbringen, ist sehr gross.»
Aufgrund der aktuellen Situation hat die umtriebige Langenthalerin ein neues Netzwerk ins Leben gerufen, denkwerklangenthal.ch. «Unsere Mission ist es, selbständigen Unternehmern aus und um Langenthal zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen und mit dem gewünschten Zielpublikum in Austausch zu bringen», erwähnt Irene Ruckstuhl, die sich in der momentanen Krise genauso kämpferisch zeigt wie ihre Mitglieder im Gastroverein Langenthal.

Von Walter Ryser