• Hannes Luginbühl, Präsident des Gewerbevereins, glaubt, dass die Corona-Impfung für die Wirtschaft die einzige Lösung ist. · Bild: Thomas Peter

28.01.2021
Huttwil

«Die Unternehmer haben auf die Einschränkungen positiv reagiert»

Der erste Lockdown im März 2020, der zweite dann anfangs dieses Jahres: Die Corona-Krise trifft die Huttwiler Unternehmer hart. Sie sorgt für Verunsicherung und macht die Zukunftsplanung schwierig. Besonders Gastronomie und Detailhandel müssen sich immer wieder neu auf die sich rasch ändernde Situation einstellen. Im Monatsinterview stellt sich der Geschäftsführer der Gedex Getränke AG, Hannes Luginbühl, als Huttwiler Gewerbevereinspräsident den Fragen des «Unter-Emmentalers» und spricht über Umsatzeinbussen, innovative Ideen, Solidarität und glaubt, dass die Corona-Impfung die Chance für ein wieder einigermassen normales Leben sein wird.

Marion Heiniger im Gespräch mit Hannes Luginbühl, Präsident Gewerbe-verein Huttwil.

Wie stehen die Huttwiler Gewerbler, Detaillisten und Gastrobetriebe im Moment da und welche hat es besonders stark durch die bald ein Jahr andauernde Corona-Krise getroffen?
Die Corona-Krise werden wir landesweit, regional und auch lokal in irgendeiner Form zu spüren bekommen. In den einen Branchen ist es früher, in den anderen etwas später. Deshalb ist es sehr schwierig, jetzt schon abzuschätzen, wie hart es die einzelnen Branchen schlussendlich treffen wird. Die Gastronomie beispielsweise, die ebenfalls im ersten Lockdown schliessen musste und nun im zweiten Lockdown sehr lange geschlossen bleiben muss, spürt die Krise sehr stark. Aber auch der Detailhandel ist stark betroffen. In dieser Branche gab es zudem während des ersten Lockdowns grössere Verzerrungen, da die grossen Detailhandelsketten zu Beginn noch gewisse Waren anbieten konnten, während die kleinen Läden bereits geschlossen bleiben mussten. Das war alles andere als fair. Das klassische Gewerbe hingegen ist diejenige Branche, welche die Krise erst später zu spüren bekommt. Hier konnte man im Jahr 2020 noch von den Aufträgen von 2019 profitieren. Aus diesem Grund wird es sich wahrscheinlich erst dieses Jahr zeigen, wie gut oder schlecht die Auftragslage sein wird. Aber eines ist bei allen Branchen gleich: Die Verunsicherung ist gross und die Zukunftsplanung schwierig.

Lief wenigstens das Weihnachtsgeschäft und der verkaufsoffene Sonntag mit Krippenweg für die Huttwiler Detaillisten und die Gastronomie zufriedenstellend?
Das Weihnachtsgeschäft war bei uns in Huttwil wie auch in der ganzen Schweiz eher verhalten. Es gab einige Gewinner wie die grossen Onlinehändler, was in der momentanen Situation auch nicht verwunderlich ist. Die Absage des Weihnachtsmarktes war beim Detailhandel wie auch bei der Gastronomie stark spürbar. Durch wesentlich weniger Laufkundschaft mussten sie massive Umsatzeinbussen hinnehmen.
Man darf dabei auch nicht vergessen, dass viele regionale und lokale Gewerbebetriebe in irgendeiner Form vom Weihnachtsmarkt profitieren. Zudem generiert der Weihnachtsmarkt für Huttwil eine enorm grosse Wertschöpfung. Erfreulich war hingegen der offene Verkaufssonntag. Diejenigen Detaillisten, die an diesem Sonntag geöffnet hatten, haben sich sehr viel Mühe gegeben. Das kam bei der Bevölkerung gut an. Positiv wurde auch der Krippenweg wahrgenommen, eine Zusammenarbeit der Detaillisten und ProRegio. Neben der Huttwiler Bevölkerung wurde er auch von sehr vielen Menschen aus den umliegenden Gemeinden besucht.

Wie hoch sind denn die Umsatzeinbrüche in den einzelnen Branchen seit dem ersten Lockdown 2020?
Zu den einzelnen Umsätzen der Hutt­wiler Unternehmer hat der Vorstand vom Gewerbeverein keine Kenntnisse. Das ist auch nicht unsere Aufgabe.

Mussten aufgrund der Corona-Krise Stellen abgebaut werden?
Bis jetzt ist dem Gewerbeverein kein einziger coronabedingter Stellenabbau bekannt. Ein gutes Instrument, Kündigungen zu verhindern, ist die Kurzarbeitsentschädigung. In den vergangenen Jahren haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber monatlich hohe Beiträge für genau solche Situationen einbezahlt. Ich hoffe, dass die Unternehmen damit die schwierige Zeit überbrücken können.

Zusätzlich versucht der Bund, die Krise mit finanziellen Mitteln abzumildern. Reicht dies aus, die Betriebe vor einem Konkurs zu schützen?
Bei den finanziellen Massnahmen vom Bund muss man unterscheiden zwischen der Kurzarbeitsentschädigung, den À-fonds-perdu-Beiträgen und den Corona-Krediten. Bei den Krediten, welche ab März 2020 aufgenommen werden konnten, musste man sich bewusst sein, dass diese in den nächsten Jahren wieder zurückbezahlt werden müssen. Was für einzelne Unternehmer neben weiteren Schulden eine zusätzliche hohe Bürde darstellt. Der Kredit hat ihnen aber in dieser Zeit geholfen, über die Runden zu kommen. Positiv ist auch die Neuerung der Härtefallverordnung vom 13. Januar. Sie hilft denjenigen Unternehmen, die unterdessen in grossen finanziellen Schwierigkeiten sind.

Könnte die nun zweite Durststrecke für den einen oder anderen Betrieb trotzdem das Aus bedeuten?
Das ist schwierig zu sagen. Ich persönlich hoffe, dass dies nicht passieren wird. Man wünscht keinem Unternehmen, das es unverschuldet schliessen muss.

Was müsste in den nächsten Monaten geschehen, damit alle Geschäfte überleben können?
Obwohl ich die Skepsis gegenüber der Impfung verstehen kann, glaube ich, dass sie längerfristig gesehen für die Wirtschaft die einzige Möglichkeit sein wird. Es sollten sich so schnell wie möglich und so viele Personen wie möglich impfen lassen. Meiner Meinung nach ist das die einzige Chance, dass irgendwann wieder ein einigermassen normales Leben möglich ist. Denn höchstwahrscheinlich wird das Virus nicht verschwinden, sondern wir müssen lernen, mit ihm zu leben. Persönlich hoffe ich, dass sich die Wirtschaft möglichst schnell wieder erholen kann, auch wenn es noch einige Jahre dauern wird. Schön wäre es auch, wenn in absehbarer Zeit wieder ein kräftiger Händedruck als Begrüssung oder als Dank möglich ist.

Welche Lockerungsmassnahmen würden dem Gewerbe am meisten nützen?
Wenn die Restaurants und die Läden wieder aufmachen könnten.

Wie verantwortbar ist das?
Wenn die Schutzmassnahmen, wie sie am Schluss bestanden haben, zwingend eingehalten werden, kann man verantworten, dass spätestens ab 1. März die Detaillisten wie auch die Restaurants wieder öffnen dürfen. Die Unternehmer setzen alles daran, um die Sicherheit ihrer Kunden zu gewährleisten.

Doch die Krise ist noch nicht überstanden und Not macht bekanntlich erfinderisch. Was hat man aus dem ersten Lockdown gelernt und wie hat man sich für das zweite Corona-Jahr vorbereitet?
Durch die momentan bestehende Planungsunsicherheit sind die Unternehmungen mit Investitionen sehr zurückhaltend. Doch aus der ersten Welle hat man einiges gelernt.
Beeindruckend war, zu beobachten, wie innovativ und erfinderisch die Unternehmer plötzlich waren und
auf die Einschränkungen positiv reagierten. Beispiele sind die vielen Take-away-Angebote der Gastronomie, Telefonberatungen und zusätzliche Online-Angebote der Detailhändler.
Bei den Kleiderläden durften die Kleider abgeholt und zu Hause anprobiert werden, aber auch andere Waren konnten bestellt und danach wahlweise abgeholt werden oder sie wurden mit dem Hauslieferdienst gebracht. Der Hauslieferdienst wurde in der ersten Welle, als die Angst und Unsicherheit der Kunden noch viel grösser war, noch rege benutzt.
Viel mehr als jetzt in der zweiten Welle, denn unterdessen wissen die Kunden, wie sie sich verhalten müssen, wie sie sich schützen können und trauen sich deswegen wieder eher aus dem Haus, um einkaufen zu gehen oder die Waren persönlich abzuholen. Zudem war während des ersten Lockdowns noch die grosse Baustelle im Städtli, was den Hauslieferdienst ebenfalls begünstigte.
Welche dieser neuen, innovativen Ideen der Unternehmer auch nach der Krise Bestand haben werden, wird sich noch herausstellen.

Für welche Stimmung sorgt die anhaltende Ungewissheit bei den Mitgliedern des Gewerbevereines?
Seit der Hauptversammlung im März 2020 konnten wir als Gewerbeverein keinen Anlass mehr durchführen. Wir haben uns untereinander seither nicht gross ausgetauscht und auch die Kontakte nicht gepflegt. Deshalb kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen, wie die momentane Stimmung der Mitglieder ist. Ich nehme aber an, dass sie eher gedrückt sein wird.

Zeigt sich eine Solidarität unter den Gewerbetreibenden?
Ja, die Solidarität unter den Gewerbetreibenden spürt man sehr deutlich. Man berücksichtigt bei der Vergabe von Aufträgen ganz klar das lokale Gewerbe und man kauft auch bei den lokalen Detaillisten ein. Das wird gerade in dieser schwierigen Zeit von den einzelnen Unternehmern sehr geschätzt.

Gab es auch Betriebe, die dank Corona sogar etwas Aufwind erfahren durften?
In einer Krise gibt es immer Gewinner und Verlierer. Ein enormes Wachstum konnte der Online-Handel verzeichnen. Ich denke, dass sich die Krise auch auf die jeweiligen lokalen Unternehmer positiv auswirken wird, welche sich viel Mühe geben und sehr innovativ sind. Bei der Bevölkerung wird dies positiv wahrgenommen.

Die erste Welle führte bei der Bevölkerung zu einer grossen Verunsicherung. Was haben die verschiedenen Branchen unternommen, um den Kunden grösstmögliche Sicherheit zu bieten?
Mit den verschiedenen und guten Schutzkonzepten haben die Unternehmer teilweise hohe Investitionen getätigt. Diese kann man nun, da fast alles wieder zu ist, nicht nutzen – was frustrierend ist. Sie unternehmen alles, damit sie ihre Kunden so sicher wie möglich bedienen können. Ich bin überzeugt, dass Schutzkonzepte wie Händedesinfizieren, Maskentragen und Abstandhalten gute Wirkungen zeigen, sodass eine Ansteckung beim Einkaufen eher unwahrscheinlich ist. Eher glaube ich, dass die Ansteckungen in der Freizeit, in der Familie oder auch in den Schulen passieren.

Wagen wir noch einen Blick in die Zukunft. Wie lange hält das Gewerbe mit den jetzigen Lockdown-Massnahmen noch durch?
Ich habe keinen Einblick in die einzelnen Unternehmungen, aber allzu lange darf der Lockdown nicht mehr dauern. Ich hoffe, dass im Frühling wieder etwas Normalität einkehrt und nicht noch eine starke dritte Welle auf uns zurollt. Das Schlimmste wäre, wenn noch weitere Mutationen des Coronavirus auftreten und die Impfung dagegen nicht mehr oder nur teilweise schützen sollte. Das wäre für die Wirtschaft verheerend.