• Hanni Iseli wirkt zum vierten Mal im «Linksmähder» mit, wieder in ihrer vertrauten Rolle der Elise. Ebenfalls zum vierten Mal ist Ernst Bühler dabei. Er spielt den Heilpraktiker und Giftmischer, den «Harzer». Bilder: Liselotte Jost-Zürcher

22.07.2019
Oberaargau

Die «Urgesteine» und ihre Anekdoten

Die Proben für das historische Madiswiler Theaterstück «Linksmähder 2020» haben begonnen. Für einige Mitwirkende ist dies der Anfang einer neuen, aufregenden Zeit. Für andere aber ist es «wieder einmal so weit», denn sie sind «erfahrene Linksmähder». Urgesteine, eben. Der «Unter-Emmentaler» hat mit Hanni Iseli und Ernst Bühler gesprochen. Beide sind zum vierten Mal dabei.

MADISWIL · Hanni Iseli spielt in diesem Jahr zum dritten Mal die Elise, eine Bauernfrau. «Eine kleine Rolle», meint die 74-Jährige. Sie ist die älteste unter den Darstellenden und wohl auch die erfahrenste. Denn sie hat die alle zehn Jahre stattfindenden «Linksmähder»

-Aufführungen von verschiedensten Facetten her erlebt. Das erste Mal, also vor 30 Jahren, hat sie souffliert. Zehn Jahre später wirkte sie wieder als Souffleuse, gleichzeitig aber auch im OK mit. Und wieder zehn Jahre später war es dann ihre Aufgabe, bei der Möblierung der Bühne während der Darstellung mitzuhelfen. Das brauchte jeweils ein gutes Auge und schnelles Handeln – alles musste genau am richtigen Ort stehen. 

Aber genau an diesem Gesprächspunkt lachten die beiden Gesprächspartner des «UE» los, blickten sich vielsagend an. Nicht alle Darstellenden waren im Jahr 2010 fortlaufend auf der Bühne beschäftigt, hatten teils längere Pausen oder mussten in den Akten drei und vier gar nicht spielen. So benützten die Schlaumeier die Pause für einen schnellen Abstecher ins Restaurant Bürgisweyerbad oder ins «Bad Gutenburg». «Einmal charterten sie sogar einen Car, der eine Gruppe Gäste hergebracht hatte und während der Vorstellung leer stand», schmunzelte Ernst Bühler.

Er ist ebenfalls zum vierten Mal dabei. In den 80er konnte er nicht mitspielen, weil er damals den «Waldhof» absolvierte. So wirkte er «nur» im Hintergrund. Viermal aber stand er auf der Bühne, zweimal als Bauer, letztmals und jetzt wieder als Harzer, dem Heilpraktiker, respektive dem Giftmischer. «Das passt. Laut der Überlieferung kam der Harzer – wie ich – von der Dorneich.» Ernst Bühler geniesst die «Linksmähder»-Zeit immer sehr. «Das Zusammensein vor und nach den Proben und den Vorstellungen gehört dazu. Wir haben es untereinander immer sehr gut gehabt», blickt er zurück und ist überzeugt, dass es auch diesmal so sein wird. 

Die Familie im Spiel

Allerdings, vor 20 Jahren sei es für ihn speziell schön gewesen. Damals nämlich hätten seine beiden Töchter Ramona und Jasmin mitgespielt. «Diesmal bin ich der einzige in der Familie.» Immerhin: Jasmin Bühler wirkt im Hintergrund und dies schon seit rund drei Jahren; sie ist OK-Mitglied des «Linksmähder 2020».

Hanni Iseli hingegen ist im Spiel umgeben von ihren Grosskindern Ivo und Nina sowie ihrem Schwiegersohn, der den Joggi spielt. Er ist ebenfalls bereits zum zweiten Mal dabei. 

Wegen den beiden Grosskindern musste der Text leicht umgeschrieben werden. «Der Landvogt sagt nun nicht mehr: ‹Kommt, Buben›; er wird sagen: ‹Kommt, Kinder›.» Hanni Iseli freut sich sehr: «Das Mitspielen der Grosskinder und des Schwiegersohnes gibt für mich einen schönen Abschluss.» Denn sie gehe davon aus, in zehn Jahren nicht mehr aktiv mitzuwirken. Aber, und das ist ihr sehr wichtig zu sagen: «Es ist eine Ehre, wenn man mitmachen darf.» Und Ernst Bühler bekräftigt das, weiss aber aus Erfahrung: «Wenn man ja sagt dazu, muss man wissen, dass man sich doch einiges auflädt.» 

Rede aus guten Gründen gekürzt

Das Gespräch dauert munter an. Viele Erinnerungen kommen hoch, vor allem die köstlichsten. Da war die Geschichte mit dem langen Landvogt, übrigens demselben wie diesmal. Er passte in keine Uniform; bei allen Ausleihmodellen guckten die Beine und die Arme weit heraus. So erhielt er seine ganz persönliche Kleidung genäht. 

Überhaupt, der Landvogt. Gemäss dem alten Drehbuch muss er eine lange, lange, sehr lange Rede halten. «Die Leute mochten jeweils gar nicht mehr richtig hinhören», so Hanni Iseli und Ernst Bühler. 

2010 wurde die Szene allerdings lautstark aufgemischt. Eine Frau, die wegen einer bestimmten Funktion auf einem Stuhl stehen musste, fiel ab allem reden plötzlich einfach herunter. Bereits vor zehn Jahren hat die damalige Regisseurin Madeleine Mathys die Rede gekürzt ... 

Präsent ist auch die Strenge der damaligen Regisseurin: «Wir durften keinen Wein in den Weinkaraffen haben. Madeleine Mathys wollte keinen Alkohol auf der Bühne haben. Einmal aber spielten wir einen Streich und füllten die Karaffe dann gleichwohl mit Weisswein. Aber, obwohl sie ganz zuhinterst sass, hat sie es gemerkt – weil wir ganz anders als sonst getrunken haben», entsinnt sich Ernst Bühler.

Einmal «Linksmähder», immer wieder «Linksmähder»: Mehr als die Hälfte der Darstellenden, der Frontleute und der Helfenden hinter den Kulissen haben schon ein- oder mehrmals mitgewirkt. Auf der Bühne stehen nur Mitglieder der Dorfvereine Musikgesellschaft, Turnverein und Damenturnverein sowie des Linksmähder-Chors (früher der Männerchor und der Frauenchor). Das muss so sein, denn die Rechte für das Stück nach dem Verfasser Heinrich Künzi liegen immer noch in den Händen der Künzi-Familien. Zwischen ihnen und der Gemeinde Madiswil ist vertraglich festgehalten, dass das Stück alle zehn Jahre und nur in Madiswil aufgeführt werden muss. Dies ist die Bedingung, damit die Aufführungsrechte im Dorf bleiben. Ebenso muss die Aufführung in den Händen der richtigen Trägerschaft liegen, nämlich der genannten Dorfvereine, welche diese Trägerschaft bilden (der «Unter-Emmentaler» berichtete).

Die «Linksmähder»-Jahre sind stets besondere Ereignisse, haben im Dorf jahrzehntelange Tradition. Sie bringen die Bevölkerung jeweils besonders nahe zusammen. Ein grosser Aufwand aber bleibt es für alle Beteiligten. Trotzdem haben sich auch dieses Jahr wieder auf Anhieb genügend «Linksmähderinnen und Linksmähder» für die Darstellung und als Heinzelmännchen hinter der Bühne gefunden.

In früheren Jahren fanden die Vorstellungen immer abwechslungsweise im Restaurant Bären und Restaurant Brauerei statt (nach der Hälfte der Vorstellungen wurde gewchselt). Erst 2010 erfolgten die Aufführungen ausschliesslich in der nach dem Theaterstück benannten Linksmähderhalle, wo nun die Vorstellungen anfangs 2020 somit zum zweiten Mal stattfinden. Im Gemeindewappen von Madiswil erinnert der Linksmähder ebenfalls an die alte Sage.

16 öffentliche Vorstellungen
16 Vorstellungen sind im «Linksmähderjahr 2020» vorgesehen. Dazu sind einige Zusatzvorstellungen geplant. Die Premiere des «Linksmähder 2020» findet am 11. Januar 2020 statt.

linksmaehdertheater.ch

Von Liselotte Jost-Zürcher