• Markus Gfeller (links) und Florian Ackermann gaben Hauseigentümern heisse Tipps für ihre Steuererklärungen. Bild: Hans Mathys

14.02.2020
Oberaargau

Ein Auf und Ab der Amtlichen Werte

Am öffentlichen Steueranlass des Hauseigentümerverbandes (HEV) Region Langenthal wiesen die Referenten auf Neuerungen wie die Neubewertung der Amtlichen Werte hin. Diese steigen in Langenthal um rund 17 Prozent. Dies erhöht Vermögenssteuer und Liegenschaftssteuer. In Huttwil und Madiswil ist das Gegenteil der Fall.

HEV-Präsident Stefan Wälchli gab bei der Begrüssung der über 150 zum Steueranlass im Geschäftshaus Jura-park Erschienenen seiner Freude Ausdruck, dass diese dem Sturm «Sabine» getrotzt hätten. «Ihr werdet es nicht bereuen», prophezeite er. Positiv äus-serte sich der Madiswiler auch über die aktuelle Mitgliederzahl des HEV Region Langenthal von 2497. Diese würden aus einem Nettozuwachs von 94 Mitgliedern im Jahr 2018 und einem solchen von 43 im Jahr 2019 resultieren. «Ich bitte euch, weiterhin Werbung zu machen», so Stefan Wälchli.

617 136 Berner Steuererklärungen
Markus Gfeller, eidgenössischen Wirtschaftsprüfer von der BDO Langenthal lieferte Zahlen zu den Berner Steuererklärungen 2018. «Der Kanton Bern hat eine Vorreiterrolle und ist deutlich weiter als andere Kantone», kommentierte Markus Gfeller die Tatsache, dass im Kanton Bern 90 Prozent der Steuererklärungen elektronisch eingereicht werden. Im Steuerjahr 2011 waren es 78 Prozent. Die genauen Zahlen für das Jahr 2018: 258 122 TaxMe-Online, 114 662 BE-Login, 91 963 TaxMe-Offline, 89 737 Dr. Tax und 62 652 Papier. Dies ergibt für das Steuerjahr 2018 ein Total von 617 136 Steuererklärungen. Im Gegensatz zu anderen verzichte der Kanton Bern weitgehend darauf, Bankbelege und andere Dokumente einzufordern. Einzureichen seien jedoch immer Bescheinigungen für die Säule 3a und Pensionskassen-Einkäufe. Der Kanton Bern begnüge sich ansonsten mit Stichproben.

Gewinne bis eine Million steuerfrei
Markus Gfeller wies auf eine Neuerung beim Ausfüllen der Steuererklärung 2019 hin, die jedoch nur wenige betreffen wird: «Seit dem 1. Januar 2019 sind neben Gewinnen in schweizerischen Spielbanken auch solche aus Kleinspielen steuerfrei. Gewinne aus Grossspielen und in schweizerischen Online-Spielbanken sind bis zu einem Betrag von einer Million Franken steuerfrei.» Alle Gewinne müssten in der Steuererklärung deklariert werden – «wegen der Vermögensveränderung.» Gewinne aus ausländischen Spielen sind weiter vollumfänglich steuerbar. Ab 2019 beträgt bei der Säule 3a der Maximalbetrag für Steuerpflichtige mit Beiträgen an die 2. Säule (BVG) 6826 Franken und höchstens 34 128 Franken (maximal 20 Prozent des Erwerbseinkommens) für Steuerpflichtige ohne Beiträge an die 2. Säule.

Rückbaukosten neu abziehbar
Die Umsetzung des Energiegesetzes tritt per 1. Januar 2020 in Kraft und hat Einfluss auf das Formular 7. Markus Gfeller: «Neu können nicht nur Investitionen, welche dem Energiesparen dienen, sondern auch die Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Die Investitionskosten, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, sowie die Rückbaukosten können neu auch in den zwei nachfolgenden Steuerperioden steuerlich geltend gemacht werden, soweit sie nicht in der laufenden Steuerperiode vollständig berücksichtigt werden konnten.»
Als klassische energetische Sanierungen nannte er den Ersatz von Fenstern mit einer verbesserten Isolation, den Einbau von Wärmepumpen, die Wärmedämmung, den Einbau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und den Ersatz von Haushaltgeräten mit hohem Stromverbrauch. Nicht geltend gemacht werden dürfen hingegen Rückbaukosten für den Abriss von rein gewerblich genutzten Gebäuden, Kosten für Altlastsanierungen des Bodens, Rodungen, Planierungs- und Aushubarbeiten.

720 000 Grundstücke neu bewertet
Florian Ackermann, ebenfalls eidgenössischen Wirtschaftsprüfer von der BDO Langenthal, sprach über die Neubewertung 2020 von nicht-landwirtschaftlichen Immobilien. Die letzte Neubewertung der amtlichen Werte sei vor rund 20 Jahren erfolgt. Ackermann: «Die Verkehrs- und Ertragswerte haben sich im ganzen Kanton bei allen Gebäudearten und in allen Regionen erheblich und fast ausnahmslos nach oben verändert. Die amtlichen Werte stehen somit im Jahr 2020 teils in einem sehr realitätsfernen Verhältnis zum aktuellen Verkehrswert.»
Das Ziel sei, dass die amtlichen Werte aller Grundstücke wieder den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und sich die neuen amtlichen Werte wieder im Verhältnis zwischen 70 bis 100 Prozent des Verkehrswerts befinden. «Heute haben wir ein Missverhältnis, denn in den vergangenen 20 Jahren ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem amtlichen Wert gewachsen», so Florian Ackermann. Von der allgemeinen Neubewertung seien rund 720 000 Grundstücke betroffen.

Amtliche Werte in Huttwil sinken
Für Liegenschaften in Langenthal ist eine Erhöhung der amtlichen Werte um satte 16,93 Prozent geplant, für Huttwil eine Senkung um 6,43 Prozent und für Madiswil eine Senkung um 4,6 Prozent. Diese Werte basieren auf einem Ziel-Medianwert von 70 Prozent. Sollte der Grosse Rat in der März-Session diesen Wert auf 77 Prozent anheben, würde dies zu einer zusätzlichen Anpassung der amtlichen Werte nach oben führen. Florian Ackermann: «Die neuen amtlichen Werte werden automatisch berechnet. Nur in wenigen konkreten und genau definierten Einzelfällen wird für die Festlegung des neuen Amtlichen Wertes ein Augenschein vor Ort notwendig sein. Die Eröffnung der neuen Amtlichen Werte beginnt ab Mai 2020 und dauert bis Ende September 2020.»

Photovoltaik und Eigenmietwert
«Gemäss Bundesgerichtsentscheid vom 16. September 2019 dürfen Photovoltaik-Aufdachanlagen künftig nicht mehr zu einer Erhöhung des amtlichen Wertes führen», sagte Florian Ackermann und ergänzte: «Wird der erzeugte Strom selbst genutzt, hatte dies bisher eine Erhöhung des Eigenmietwertes zur Folge. Die Steuerverwaltung wird nun von sich aus eine Korrektur nach unten vornehmen, wodurch die Eigenmietwerte wieder tiefer werden.»
Damit leitete Florian Ackermann zu den Eigenmietwerten über. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) habe vergangenen November mit deutlicher Mehrheit entschieden, eine Revision für einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung vorzunehmen. Es sei jedoch keine Gesetzesvorlage zuhanden des Ständerates verabschiedet worden. Jetzt sei eine Stellungnahme des Bundesrates gefordert, was als «unnötige Zusatzschlaufe» empfunden werde.
Geplant sei, die Beratung der Vorlage im März 2020 fortzusetzen. Fazit: Die Hauseigentümer müssen sich weiter gedulden. Der Referent zählte die Eckpunkte des Gesetzesentwurfs der WAK auf: «Abschaffung der Eigenmietwert-Besteuerung für selbstgenutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz. Kein Abzug für Unterhaltskosten, Versicherungsprämien und Verwaltungskosten von Dritten. Auf Bundesebene kein Abzug für Energiespar- sowie Umweltschutzmassnahmen und Denkmalpflege. Die Kantone können diese Abzüge auf kantonaler Ebene beibehalten. Förderung des Wohneigentums mit einem begrenzten und befristeten Schuldzinsabzugs für Ersterwerber. Die WAK stellt diesbezüglich fünf Varianten zur Diskussion. Der HEV Schweiz unterstützt Variante 1: Abzug privater Schuldzinsen in der Höhe von 100 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge.

Von Hans Mathys