• Seinem wohl liebsten Arbeitsort bleibt Leroy Ryser treu: Dem Eisstadion «Schoren» des SC Langenthal. · Bild: Walter Ryser

06.08.2020
Langenthal

Ein Gemisch aus Buchstaben und Zahlen

Acht Jahre lang war Leroy Ryser für den «Unter-Emmentaler» als Journalist und Fotograf immer an vorderster Front mit dabei. Er schrieb unzählige Sportberichte, recherchierte für aufwendige Hintergrundartikel und berichtete über das lokale Leben. Nun bestreitet er einen neuen Ausbildungsweg und beginnt an der Fachhochschule Nordwestschweiz ein Studium in Wirtschaftsinformatik. Als freier Mitarbeiter bleibt er dieser Zeitung jedoch erhalten.

Huttwil / Langenthal · Vor 15 Jahren, als Leroy Ryser noch zur Schule ging, hätte wohl niemand gedacht, dass aus dem jungen Langenthaler irgendwann ein Journalist werden würde. Sein Vater Walter Ryser, der ebenfalls für den «UE» schreibt, erinnert sich: «Mein Sohn sagte mir mehrmals, dass er Journalist sein will, so wie ich es bin. Ich aber hatte grössten Respekt vor dem Moment, wenn ich ihm einmal hätte sagen müssen, dass er dazu nicht taugt.»
Denn damals in der Oberstufe war Leroy Ryser kein Schüler mit einer Note sechs in Deutsch. Nichts hätte auf diesen Berufsweg hingedeutet. «Ich erhielt beim Schreiben von Aufsätzen aus Mitleid eine vier. Aber nicht, weil es knapp annehmbar war, sondern weil ich extrem viel geschrieben habe», erinnert sich Ryser Junior lachend. Er habe damals Mühe gehabt, seine Gedanken zu ordnen.
Noch bevor er den ersten Satz fertiggeschrieben hatte, fuhr er meist mittendrin beim nächsten weiter. Eigentlich war Leroy Ryser eher der Zahlenmensch. «Mathematik, Algebra und später Rechnungswesen – damit hatte ich nie Mühe und stets gute Noten.» Auch die kaufmännische Grundbildung bei der Langenthaler Firma Ammann mitsamt angehängter Berufsmaturität hat er mühelos gemeistert.

Einstieg bei hockeyfans.ch
Die Begeisterung für die Buchstabenwelt hat dennoch Überhand gewonnen, auch weil er mit der Zeit das «Gnusch im Kopf» in den Griff bekam. «Ich kann nicht sagen, woran es lag, aber irgendwann hatte ich es besser im Griff, weshalb ich verständlicher und besser schrieb.» Als Pressechef des SC Langenthal sammelte er im Alter von 15 Jahren erste Erfahrungen in der Medienwelt, als er während Spielen des Eishockeyvereins Journalisten und Fotografen betreute und später, als er für das Hockey-Online-Portal hockeyfans.ch schrieb. «Dass mein Vater mich schon früh mit an die Spiele oder zum Arbeiten mitnahm, hat mich geprägt», sagt Leroy Ryser rückblickend. Auch dadurch entstand eine grosse Bindung zum SC Langenthal, über den er noch heute fleissig berichtet und, wenn sich die Gelegenheit bietet, sogar die Meisterfeierlichkeiten moderiert.
Einer Eigenschaft aber blieb er aus seiner Schulzeit treu: Schon damals war er rasch fertig mit den Aufgaben und auch heute überzeugt er mit Schnelligkeit. Nur die wenigsten Journalisten können mit seinem Tempo beim Berichteschreiben mithalten. Dies hat ihm unter anderem die Türen für eine Anstellung beim «Unter-Emmentaler» geöffnet, wo er seit Ende 2012 seine Heimatregion als Fotograf und Journalist betreut. Zwischenzeitlich besuchte Ryser Fotokurse sowie die Diplomausbildung zum Journalisten am luzernischen Medienausbildungszentrum (MAZ).

Den Gaunern auf den Zahn gefühlt
Berichte hat er in dieser Zeit viele geschrieben, am liebsten aber schrieb er Stories, die einiges an Aufwand mitbrachten. So fühlte er Gaunern auf den Zahn, die Gold öffentlich ankaufen wollten, entlarvte Betrüger, die vorgaben, Boiler zu entkalken, oder vertiefte sich auf Bitten einer Leserin in das Thema Infraschall. Vor allem bei solchen Themen erfuhr er begeisterte Reaktionen der «UE»-Leserschaft.
Doch Leroy Ryser will sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, viel eher möchte er sich weiterentwickeln, statt sich auf eine Branche zu fokussieren. Deshalb entschied er sich, an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten durch das Wirtschaftsinformatik-Teilzeitstudium vorerst in die Zahlenwelt zurückzukehren. Nach fast acht Jahren mit grossem Engagement verlässt er deshalb den «Unter-Emmentaler» und arbeitet ab September für die Clientis Bank in Langenthal im Bereich Marketing und Kommunikation. Diese Anstellung wird ihm, so hofft Leroy Ryser, als Praktikum während des Studiums angerechnet.

In Langenthal zu Hause
Mit seiner neuen Stelle nähert sich Ryser noch stärker seinem Lebenszentrum Langenthal, wo seine grosse Liebe, der SC Langenthal, beheimatet ist. «Als Journalist muss man beim Schreiben die Neutralität wahren. Daneben gebe ich aber gerne zu, dass mich dieser Verein fasziniert und mitreisst.» Leroy Ryser ist mit diesem Club und seiner ersten Mannschaft aufgewachsen und hat, auch wegen seinem Vater, schon früh eine Bindung zu Gelb-Blau aufgebaut. «Wir hatten zu Hause häufig Besuch von SCL-Spielern, die mein Vater interviewte», erinnert sich Leroy Ryser begeistert. Dazu gehört auch der Franko-Kanadier Eric Lecompte, der rückblickend neben seiner Mutter, die mit ihm Wörter lernte, ein Hauptgrund ist, dass er fliessend Englisch und Französisch spricht. Denn, «Eric sprach kein Deutsch».
Heute ist der 28-jährige Sportbegeisterte zudem einer der am besten informierte Eishockey-Experten der Swiss League (NLB). Im Jahr 2017, als der SCL Meister wurde, nahm er an allen 70 Spielen teil, den SCL selbst verfolgt er aktiv seit der Jahrtausendwende zu Erstliga-Zeiten. Trotz der grossen Leidenschaft zum Eishockey ist Leroy Ryser selbst aber höchst selten auf dem Eis anzutreffen. «Ich kann mit den Schlittschuhen nicht einmal bremsen», gesteht er. Stattdessen verbringt er seine Freizeit lieber als Vorstandsmitglied beim FC Roggwil. «Und wenn noch Zeit übrigbleibt, widme ich mich dem Spielen von Gesellschaftsspielen», verrät Leroy Ryser.

Die Buchstaben-Leidenschaft bleibt
Auch dort kommt seine Liebe zu Zahlen und sein verknüpftes Denken zum Vorschein. Am liebsten spielt er das Strategiespiel «Siedler von Catan», oder aber er jasst mit seiner Mutter. «Und da gewinne dann meistens ich», erzählt er mit klar erkennbarem Schalk in den Augen. Eines darf man aber im Porträt über den «UE»-Journalisten nicht vergessen und deshalb sei dies am Schluss mit Nachdruck erwähnt: «Der ‹Unter-Emmentaler› liegt mir sehr am Herzen», sagte Ryser gleich mehrmals. Er habe sich sehr gerne für diese Zeitung eingesetzt und versucht, sie weiterzuentwickeln. Die Zusammenarbeit mit den langjährig bekannten Kollegen Markus Höfler, Liselotte Jost und Stefan Leuenberger habe er stets sehr geschätzt, natürlich genauso wie jene mit seinem Vater, zu dem er ein sehr enges und auch freundschaftliches Verhältnis pflegt. «‹Der Unter-Emmentaler› hat sich stark weiterentwickelt. Mit ihm haben wir ein Produkt, welches auch in der fortschreitenden Digitalisierung überleben und eine wichtige Rolle in der Medienlandschaft einnehmen kann», ist Leroy Ryser überzeugt. Daran wolle er als freier Journalist gerne auch künftig teilhaben. Auch wenn er nun in die Welt der Zahlen zurückkehrt – dort, wo man ihn ursprünglich erwartet hätte – will er weder dem «UE» noch der Buchstaben-Leidenschaft den Rücken kehren. Seine Welt wird auch künftig aus einem Gemisch aus Buchstaben und Zahlen bestehen.   mahe