• Peter, Katharina (Mitte) und Katya Grundbacher haben 150 Holunderbäume auf ihrem Hof in Häusernmoos. Die ersten 100 Bäume wurden schon im Jahre 2001 angepflanzt. Sie liefern die Blüten für Holunderbonbons von Ricola. · Bild: Barbara Heiniger

  • Dieses Jahr blühte der Holunder schon Ende Mai, über zwei Wochen früher als sonst. · Bild: Barbara Heiniger

16.06.2020
Emmental

Ein Hauch von lieblich duftendem Holunder

An den Waldrändern, in vielen Gärten und in Anlagen blüht zur Zeit der Holunder. Als Strauch oder Baum ist er mit seinen riesigen weissgelblichen Dolden wunderschön. Der Holunder ist schon seit dem Altertum eine wichtige Kultur- und Heilpflanze. Die Blüten und Beeren lassen sich zu vielen Spezialitäten verarbeiten. In der Region sind einige Landwirte durch den Anbau von Holunderbäumen die Lieferanten für Ricola Kräuterbonbons, so auch die Familie Grundbacher in Häusernmoos. Die Pflege des Holunders ist anspruchsvoll und erfolgt durchs ganze Jahr.

Häusernmoos · In der nordischen Mythologie der Germanen existierte die Vorstellung, dass «Freya, die Beschützerin von Haus und Hof, sich den Holunderbusch zum Wohnsitz auserwählt habe». Die Vorstellung, dass im Holunder die guten Geister wohnten, war bei Griechen, Römern und Germanen bekannt. So war es bei diesen Völkern Sitte, den Holunder in der Nähe des Hauses zu pflanzen, allerdings niemals unter dem Schlafzimmer, da der schwere, süssliche Duft der Blüten benommen mache.

Holunderblüten für Bonbons
Ungefähr 2 570 000 Ergebnisse zum Wort «Holunder» ergibt die Suche bei Google. Die Holunder (Sambucus) bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Moschuskrautgewächse. Die Gattung enthält weltweit etwas mehr als zehn Arten, von denen drei in Mitteleuropa heimisch sind. Am bekanntesten ist der Schwarze Holunder, daneben gibt es den ebenfalls strauchförmigen Roten Holunder und den staudenförmigen Zwerg-Holunder (Wikipedia). Viele Verarbeiter in der Lebensmittelindustrie nutzen gerne Holunder. Vor gut zwanzig Jahren suchte die Firma Ricola, Laufen, aktive Landwirte, die zur Gewinnung der Blüten für ein neues Bonbon Holunderbäume pflanzten.
Damals bestand mit der IG Waldhofkräuter bereits ein Zusammenschluss von Kräuterproduzenten im Oberaargau und Raum Bern. Kräuter von hoher Qualität zu produzieren und diese an geeignete Abnehmer zu vermarkten, war und ist das Ziel der «Waldhofkräuter». So kamen zu einigen Bauernhöfen schöne Holunderanlagen. Familie Grundbacher, Otterbach, Häusernmoos, pflanzte im Jahre 2001 die ersten hundert Bäumchen, später wurden noch fünfzig dazu gepflanzt. «Wir haben damals anstelle der Tierproduktion diesen Betriebszweig gewählt», stellt Peter Grundbacher fest.

Pflege erfordert Zeitaufwand
Peter und Katharina Grundbacher gehörten zu den Pionieren in der Region im Anbau von Holunder. Sohn Roland, heutiger Betriebsleiter, führt mit Ehefrau Katya und Söhnchen David den Holunderanbau fort. «Es braucht rund 1,5 Stunden Zeitaufwand für einen Holunderstock pro Jahr. Wir wenden rund 270 Stunden jährlich für die Holunderanlage auf», weiss Roland Grundbacher. Er ist darum froh um die Mithilfe der Eltern bei der Pflege und Ernte.
Die Blütezeit der Holunderbäume ist eigentlich im Juni, doch richtet sich dies auch immer nach dem Frühling. Begannen Grundbachers 2019 am 10. Juni die ersten Holunderblüten zu schneiden, war dies 2020 bereits am 25. Mai. Geerntet wird jeden zweiten Tag und dies fast bei allen Wetterlagen, denn die Blüten des Holunders brauchen keine Sonne, um aufzugehen. Die Grösse der Anlage entspricht dem Familienbetrieb, so braucht es keine zusätzlichen Arbeitskräfte. Getrocknet werden die Blüten in Sumiswald. Kurt Baumberger hat eine solare Kräutertrocknungsanlage, die thermische Energie für die Prozesswärme nutzt und mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet wurde. Die Qualität der Ware muss sehr gut sein, durch Verträge sind die Landwirte abgesichert.

Mäuse lieben Holunderwurzelsaft
Nicht nur die Menschen mögen den Holunder, die Mäusebekämpfung ist eines der grossen Probleme in der Anlage. Das erfordert grosse Aufmerksamkeit, die Nager lieben besonders den Wurzelsaft. «Die schwarzen Blattläuse und sogar der Rehbock sind bei den Bäumchen zu Gast», weiss Familie Grundbacher aus Erfahrung und stellt darum in der Nacht den Radio zum Holunder. Beeren sind zudem sehr anfällig auf die Essigfliege. Roland Grundbacher pflegt die Anlage nach Biorichtlinien, so dient als Düngung Mist, das Gras wird gemulcht oder gemäht. Im Spätherbst werden die Bäumchen von Peter Grundbacher fachgerecht geschnitten, das alte Holz entfernt.
Holunder schmeckt lieblich, blumig, regt die Sinne an und hat seit Jahrhunderten eine grosse Bedeutung in der Volksmedizin. Darum gibt es auch in vielen Gärten den Holunderstrauch, der für viele feine Sachen verwendet wird und auch heutzutage als guter Hausgeist gilt. Zum Beispiel als Tee gegen Erkältungskrankheiten oder als Fruchtsaft mit vielen Vitaminen. Dazu gibt es unzählige Rezepte von Limonaden bis zu Ausbackküchlein. Oder ein Holunderblüten-Tiramisu nach Landfrau Marlise Baur, www.swissmilk.ch/de/rezepte-kochideen.
Der bis zu elf Meter hohe Holunderstrauch wächst überall dort, wo Menschen wohnen, und ist vielfach wild an Weges- und Waldrändern zu finden. Holunder wächst besonders gut auf Wasseradern. Es lohnt sich bestimmt, aktuell nach Holunderblüten Ausschau zu halten und etwas Feines daraus zu kreieren.

Von Barbara Heiniger