• Peter Gerber und Martin Zürcher aus Weier konnten bei den Männer-Zweierteams den Gigathlon-Sieg feiern. · Bild: zvg

  • Der Huttwiler Marcel Jörg konnte den letzten Gigathlon als Single-Athlet in einem Tag finishen. · Bild: alphafoto.com

08.07.2022
Sport

Ein Huttwiler unter den Eintages-Finishern

Vom Zürichsee ins Bergell führte die 19. und letzte Austragung des Gigathlons. In fünf Disziplinen legen die rund 2000 Teilnehmenden 244 Kilometer und 5600 Höhenmeter zurück. Nur 19 Männer schafften die Strecke als Singletathleten an einem einzigen Tag. Der Huttwiler Marcel Jörg gehörte dazu. Bei den Zweierteams feierte das Duo Martin Zürcher und Peter Gerber (beide Weier) einen überlegenen Sieg.

Gigathlon · Marcel Jörg vom Turnverein Huttwil schaffte eine sportliche Sonderleistung. Er finishte den letzten Gigathlon – wie der für die Läuferriege Gettnau startende Richenthaler Lukas Arnold – als Single-Athlet in einem einzigen Tag, was nur 19 Athleten und zwei Athletinnen schafften. 17 Stunden und 36 Minuten war er von Zürich ins Bergell unterwegs. Drei Kilometer Schwimmen, 33 Kilometer Laufen, 143 Kilometer auf dem Rennvelo, 41 Kilometer auf dem Mountainbike und 24 Kilometer Geländelauf hatte er am Stück «bezwungen» – trotz Schmerzen wegen körperlichen Abnutzungserscheinungen. «Es war das sportliche Abenteuer meines Lebens. Und obwohl ich brutal gelitten habe, war es einfach nur geil», meint der 32-jährige zweifache Familienvater nach seiner Gigathlon-Effortleistung. Der TVH-Wettkampfsportler hat sich über viele Monate hinweg minutiös auf diesen sportlichen Einsatz vorbereitet. «Mein höchstes Ziel war einfach, den Gigathlon in einem Tag als Einzelathlet zu schaffen.»

Probleme auf der (zu) langen Laufstrecke
Bei der Dernière des Gigathlons – 1998 fand die erste Austragung statt – ging es bereits um 6.10 Uhr am frühen Samstagmorgen mit dem Schwimmen im Zürichsee vom Mythenquai bis zur Landiwiese los. «Das Schwimmen lief ausgezeichnet. Mit einer guten Stunde lag ich voll in meinem Marschplan», erklärte Jörg. Darauf folgten 33 km zu Fuss bis nach Wollerau. «Dieser Laufabschnitt war für mich die Knacknuss – und definitiv zu lang. Ich litt während den letzten zwölf Kilometern brutal. Weil fast die ganze Strecke über den Asphalt führte, waren die Bänder an den Innenknöcheln überreizt und schwollen genauso an wie die Knie.» Erschwerend hinzu kam die grosse Sommerhitze. Natürlich war es mit diesem körperlichen Handicap nicht gerade einfach, den Wettkampf fortzusetzen. Und von der in der Vorbereitung minutiös erstellten Marschtabelle musste sich Marcel Jörg definitiv lösen. Er konnte die vorgenommenen Abschnittszeiten nicht mehr erreichen. «Ich sagte mir immer wieder, dass ich dieses Rennen finishen werde, egal, wie gross die Schmerzen sind», berichtet der in wenigen Tagen 33-Jährige. «Extrem motivierend waren die Fans am Streckenrand. Und auf der Laufstrecke haben mir meine beiden Kinder einen Sonderkick verliehen.» Nach der schwierigen Laufstrecke fing sich Jörg auf der Rennvelostrecke. Weil es keine Schläge gab, steigerten sich die Schmerzen nicht. «Auf den 143 km auf dem Rennvelo von Wollerau nach Savognin lief es mir sehr gut. Die vielen Trainingskilometer auf dem Rad zahlten sich aus.» Ausserdem konnte er über eine weite Distanz mit einem anderen Athleten zusammenspannen. Während der 5:46 Stunden (5:35 Stunden waren geplant gewesen) im Sattel hatte der gebürtige Dürrenrother 2600 Höhenmeter zu bezwingen.

Vor Torschluss in der Wechselzone
Um nicht übernachten und den Gigathlon am Sonntag fortsetzten zu müssen, trat er kräftig in die Pedale. Und tatsächlich schaffte er es vor der Deadline auf das Bike, womit er den Wettkampf am Samstag fortsetzen durfte. Auf dem Programm standen nun 41 km Biken über den Septimerpass nach Vicosoprano. Bestückt war die Strecke mit 1500 Höhenmetern. «Dieser Abschnitt war einfach nur brutal. Die Abfahrten waren technisch das Schwierigste, was ich je gefahren bin. Ich bin ja nicht als Angsthase bekannt. Aber die Abwärtspassagen waren derart anspruchsvoll, dass ich gelegentlich sogar absteigen musste. Ich verlor auf diesem Abschnitt viel Zeit.» Nach 3:41 Stunden (geplant waren 2:45 Stunden gewesen) war die Bike-Tortur zu Ende.
Trotz der Zeiteinbusse gelang es dem Huttwiler, auch die abschliessende Teilstrecke noch am Samstag in Angriff zu nehmen, obwohl es bereits dunkel wurde. Damit gehörte er zu den nur 19 Athleten, welche den gesamten Gigathlon an einem Tag absolvierten (76 Single-Männer finishten in zwei Tagen). Der 24 km lange Trailrun mit 1000 Höhenmetern hatte es dann noch einmal in sich. «Die Schmerzen, vor allem in den Abwärtspassagen, waren enorm. Ich hatte aber nur noch das Ziel im Kopf.» So schleppte sich Jörg, der während des Wettkampfs zwölf Liter Flüssigkeit zu sich nahm, im Dunkeln über die coupierte Strecke. Nach 3:45 Stunden Laufzeit traf der «Huttu-Turner» mit einem gewaltigen Sprint auf den letzten Metern kurz vor Mitternacht im Ziel in Vicosoprano im Bergell ein. Völlig entkräftet, aber überglücklich – nach einer Wettkampfdauer von 17:36 Stunden am Stück.

Erschöpft – aber schon mit neuen Zielen
«Es war eine wunderbare Erfahrung – trotz den Schmerzen. Ich habe erkannt, dass mein Lauftraining im Vorfeld nicht ausreichend war und ich mit den überlangen Laufstrecken körperliche Mühen hatte. Gleichwohl überwiegt die Freude, diesen letzten Gigathlon in einem Tag gefinisht zu haben», bilanzierte er. «Ich möchte mich bei allen Supportern und meiner Familie ganz herzlich bedanken.» Vorerst stehen etliche Tage Regeneration auf dem Programm. Doch Marcel Jörg hat bereits wieder Pläne. «Ich werde im August am Inferno-Triathlon an den Start gehen. Und auch am Jungfrau-Marathon werde ich dabei sein.»

Siegreiches Weier-Duo
In der Kategorie der Männer-Duos glänzten die beiden regionalen Ausdauer-Sportgrössen Martin Zürcher (40) und Peter Gerber (39). Die beide in Weier wohnhaften Athleten beschlossen, am letzten Gigathlon gemeinsame Sache zu machen. Damit kam natürlich eine geballte Menge Sportklasse zusammen. Tatsächlich übernahm das als «Ämmitaler» gestartete Duo nach dem Schwimmen bereits auf der 33 km langen Laufstrecke von der Landiwiese nach Wollerau die Rennspitze und gab diese nicht mehr her. Zürcher (Lauf, Mountainbiken) und Gerber (Schwimmen, Rennvelo und Trailrun) waren so schnell unterwegs, dass am Ende nur sechs Fünferteams vor dem Duo im Ziel eintrafen. «Die Organisatoren waren jeweils erst beim Aufbau der Wechselzone, als wir dort eintrafen», schmunzelt Martin Zürcher. «Es ist uns auf allen Teilstrecken ausgezeichnet gelaufen. Wir sind sehr zufrieden. Jetzt benötigen wir einige Tage Regeneration, um dann wieder angreifen zu können.» Der Gigathlon in der Schweiz ist Geschichte. Im August findet dafür die siebte Auflage des Gigathlons in Tschechien statt. Etwas für die Gold-Jungs aus Weier? «Eher nicht. Wir treten lieber an den Wettkämpfen in der nahen und fernen Umgebung an», winkt Zürcher ab. Grandios war auch der Huttwiler Yves Cornillie, der kurzfristig beim Fünferteam «Flucks Jünger» die Trailrunning-Strecke übernahm und von allen Mitmachenden am Gigathlon hinter dem achtfachen OL-Weltmeister Daniel Hubmann die zweitbeste Abschnittszeit aufstellte.   

Auszug aus der Rangliste:Single Männer (95 Klassierte): 1. Benjamin Ueltschi, Zürich, 13:39:04; 2. Mathias Nüesch, Widnau, 14:16:17; 3. Stefan Graf, Signau, 14:32:17; 12. Lukas Arnold, Läuferriege Gettnau, 16:34:04; 19. Marcel Jörg, TV Huttwil/Velolade Sumiswald, 17:36:30 (19 Finisher an einem Tag/die restlichen 76 Finisher an zwei Tagen wurden automatisch hinter den 19 Eintages-Finishern rangiert). – Couple Männer (15): 1. D Ämmitaler (Martin Zürcher, Peter Gerber, beide Weier), 12:40:26; 2. Freiburger Bergdinkel, 14:05:25; 3. Velolounge, 15:40:12. – Couple Mixed (28): 1. Suso Bike, 13:48:35; 9. Ypsomed Couple (mit Daniel Richard, TV Ursenbach), 16:08:22. – Flow Team of Five Mixed (97): 1. Skiclub Schwarzenberg, 13:56:07; 20. Ahornblatt (mit Regula und Luca Leo May, beide Huttwil, Wenzel und Tobias Gfeller, beide Sportverein Heimisbach), 15:29:16; 44. Gärbers mit Ahang (mit Lars Zulauf, Annelies Gerber, beide Häusernmoos), 16:39:23.

Von Stefan Leuenberger