• Die 26-jährige Verteidigerin Marylin Thomi aus Rüegsauschachen spielt in Singapur ihre erste WM als Schweizer Nationalspielerin. · Bild: zvg

08.12.2023
Sport

«Eine grosse Ehre, für die Schweiz zu spielen»

Derzeit läuft die Frauen-Unihockey-WM in Singapur. In der Schweizer Nati spielt ein Quintett der UHV Skorpion Emmental mit. Selma Bergmann (Bolligen), Lea Hanimann (Langenthal), Nathalie Spichiger (Langnau), Helen Bircher (Mühlau) und Marylin Thomi (Rüegsauschachen) streben mit der Schweiz eine Medaille an. Die 26-jährige Marylin Thomi aus dem «UE»-Gebiet ist erstmals an einer WM dabei.

Unihockey · Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Marylin Thomi, Unihockeyspielerin aus Rüegsauschachen

Was bedeutet es für Sie, für die Schweizer Nationalequipe aufzulaufen?
Es war ein riesiger Traum von mir. Es ist für mich eine sehr grosse Ehre, für die Nationalmannschaft zu spielen. Als ich das Aufgebot für die WM erhielt, war die Freude extrem gross. Ich hatte ein Dauergrinsen im Gesicht.

Wie und wo verfolgen Ihre engsten Familienmitglieder und Freunde Ihre WM-Einsätze?
Mein Freund und ein paar Mitglieder seiner Familie sind mit nach Singapur gereist. Der Rest sitzt zu Hause vor den Fernsehern.   

Sie haben bisher 14 Länderspiele für die Schweiz bestritten. Welches ist bei Ihnen am präsentesten?
Mein allererstes Länderspiel war unbeschreiblich. Das Gefühl, endlich einmal das Schweizer Dress überzustreifen, war gewaltig. Die Nervosität allerdings auch.

Und welches war das bislang schönste Spiel?
Jedes Spiel, welches ich für die Schweiz bestreiten darf, ist von neuem das schönste.

Was unterscheiden NLA-Meisterschaftsspiele mit den «Skorps» von Länderspielen mit der Schweiz?
Bei den Länderspielen wird viel mehr Körpereinsatz geduldet. Die Spiele sind schneller und intensiver.    

Derzeit stehen Sie an Ihrer ersten Weltmeisterschaft im Einsatz. Die Unihockey-Begeisterung in Singapur lässt stark zu wünschen übrig.
Die Fans sind wirklich noch nicht in grosser Zahl aufgekreuzt. Es wäre schon schön, wenn in den entscheidenden Partien die Hallen etwas besser besetzt wären.

Wie sinnvoll erachten Sie es, eine WM in ein Land zu vergeben, das mit dem Unihockeysport so wenig am Hut hat?
Eine WM in einem solchen Land kann wie ein Sprungbrett wirken. Es ist Werbung für den Unihockeysport in Asien.

In Singapur ist es 30 Grad heiss, hier in der Schweiz Hochwinter mit weisser Decke. Wie kommen Sie damit klar?
Das Wetter ist überhaupt kein Problem. Wir hatten eine Woche Zeit, um uns zu akklimatisieren. Ausserdem ist es in den Hallen angenehm kühl. Die Luftfeuchtigkeit ist hier viel höher, weshalb wir viel mehr schwitzen. Dies stellt aber kein Problem oder eine Schwächung dar.   

Fühlen Sie sich als WM-Neuling in der Nati aufgenommen, fühlen Sie sich wohl?
Ich fühle mich sehr wohl. Das Team hat sich in zwei Jahren zu einer Familie entwickelt. Es macht einfach Spass, mit den Frauen Zeit zu verbringen.

Was bereitet Ihnen Mühe?
In der Nati gar nichts. Hier an der WM in Singapur vielleicht ein klein bisschen das Essen. Die Schweizer Küche fehlt ein wenig.

Wie kommen Sie mit dem schwedischen Natitrainer Oscar Lundin klar?
Er bringt viele Inputs, die ich noch nicht gekannt habe. Von ihm kann man sehr viel lernen. Er ist ein sehr guter Trainer.

Teilen Sie an der Unihockey-WM mit einer «Skorps»- Teamkameradin das Zimmer?
Wie schon so oft teile ich das Zimmer mit meiner «Skorps»-Teamkameradin Lea Hanimann. Wir kennen uns sehr gut, was es viel einfacher macht, wenn man über längere Zeit auf engstem Raum zusammen ist.   

Zum Sport. Die Gruppenphase begann für die Schweiz mit einem hohen 8:2-Sieg gegen Norwegen. Dann folgte die bittere 5:9-Niederlage gegen Mitfavorit Finnland.
Der WM-Start gegen Norwegen war trotz unserer Anfangsnervosität gut. Gegen Finnland haben wir nicht das beste Unihockey gezeigt. Dies führte mitunter auch zu meiner misslungenen Aktion zu Beginn. Zwei Drittel lang fehlte die Überzeugung. Wichtig war, dass wir uns im Schlussdrittel aufrafften und wenigstens das letzte Drittel mit 4:1 für uns entschieden.         

Wer so ran geht wie Sie, muss mit Strafen rechnen. Allerdings glänzen Sie an der WM mit Ihrer körperbetonten Verteidigungsarbeit, gewinnen viele Zweikämpfe oder erarbeiten sich verlorene Bälle zurück. Und gerade deshalb sind Sie eine ganz besondere Spielerin. 
Ich gebe immer vollen Einsatz, empfinde es aber nicht so, dass ich eine Strafensammlerin bin. In dieser Saison habe ich beispielsweise noch überhaupt keine Strafe kassiert. Ich habe in den letzten Jahren an mir gearbeitet, damit ich nicht immer zu hart einsteige. Ich habe mich diesbezüglich ganz klar verbessert. An der WM kommt mir entgegen, dass nicht gleich alles abgepfiffen wird und ich meinen Körper einsetzen darf.     

Im letzten Gruppenspiel folgte der hohe 22:1-Sieg gegen Lettland. Es ist der höchste Schweizer Sieg an einer Frauen-WM aller Zeiten.
Wir wollten uns nach dem Frust gegen Finnland unbedingt steigern und gegen Lettland während 60 Minuten unser Spiel voll durchziehen. Und genau dies haben wir dann auch in die Tat umgesetzt. Weil wir nicht nachgelassen haben, ist dieses hohe Resultat zustande gekommen.   

Schweden und Finnland sind die Übernationen im Unihockey, sowohl bei den Männern wie auch bei den Frauen. Nur mit einem Exploit können sie bezwungen werden. 
Schweden und Finnland sind die Nummer 1 und 2 im Frauen-Unihockey. Gegen diese Nationen reichen 20 Minuten gutes Spiel nicht aus, um siegreich zu sein. Es muss alles stimmen, um gegen sie zu gewinnen.

Heute Freitag spielt die Schweiz im Viertelfinal gegen die Slowakei. Alles andere als ein Sieg wäre eine grosse Enttäuschung.
Wir werden uns taktisch sehr gut auf diese Partie einstellen. Dann geben wir Vollgas und streben die Halbfinal-Qualifikation an.

Im Halbfinal am Samstag wartet dann Titel-Kronfavorit Schweden. Alles andere als eine Niederlage wäre aufgrund der Entwicklung der beiden Nationalteams in den letzten Monaten eine grosse Überraschung.
Es ist zu weit vorausgeschaut. Wir konzentrieren uns immer nur auf die bevorstehende Partie. Der totale Fokus gilt dem Slowakei-Spiel

Verlaufen die Halbfinals ohne Sensationen spielt die Schweiz voraussichtlich gegen Tschechien um die Bronzemedaille. An der letzten WM 2021 in Schweden hat die Schweiz im Bronzespiel gegen Tschechien mit 5:2 gewonnen. Wo haben Sie damals dieses WM-Medaillenspiel verfolgt?
Ich habe es zu Hause mit einigen Kolleginnen bei einem Raclette angeschaut.