• Energieexpertin Cornelia Meyer im «Gespräch im Foyer» im Stadttheater Langenthal mit Hans-Jürg Käser. · Bild: Mans Mathys

08.01.2020
Langenthal

«Eine Langenthalerin, die es geschafft hat»

Cornelia Meyer ist eine international tätige Ökonomin, Energieexpertin und Medienkommentatorin. Sie analysiert für BBC und CNN. Im Gespräch mit dem ehemaligen Regierungsrat Hans-Jürg Käser verrät sie im Foyer des Stadttheaters viel Spannendes.

«Ich lade gern mir Gäste ein», singt Prinz Orlowsky im Auftrittslied zur Operette «Die Fledermaus» von Johann Strauss. Auch der Langenthaler Hans-Jürg Käser, seit dem 1. Juni 2018 pensionierter Berner Regierungsrat, lädt gerne Gäste ein. Er tut dies jeweils unter dem Titel «Gespräch im Foyer» im Stadttheater Langenthal. Im November 2019 waren Harro von Senger (Jurist und Professor für Sinologie) sowie Markus Imhoof (Filmregisseur und Drehbuchautor) Käsers Gäste.
Auch jetzt, Anfang 2020, ist eine illustre Persönlichkeit Gast bei Hans-Jürg Käser im Foyer des Stadttheaters: Die Langenthalerin Cornelia Meyer. «Eine Langenthalerin, die es geschafft hat», sagt Käser bei der Vorstellung der Frau mit der ausserordentlichen internationalen Karriere.
Diese wuchs im prächtigen Elternhaus an der Bleichestrasse direkt an der Langete auf. Bald zog sie in die Welt hinaus, kehrte aber immer wieder gerne nach Langenthal zurück. «Mein Vater war Kreisoberförster. Ich genoss eine unbeschwerte Kindheit. Die Eltern waren aber streng, und ich wurde eng gehalten», blickt sie zurück. «Ich bin der grösste Langenthal-Fan», sagt sie heute.
Langenthal sei ein guter Ort, an dem man sich kenne und man anständig miteinander umgehe. Dazu solle man Sorge tragen. Etwas vom Wichtigsten sei die Ausbildung – wie sie eben auch in Langenthal geboten wird – und das bewährte Schweizer Bildungssystem.

Lieber kompetent statt charmant
«Ich war nie cool, sondern anti-cool», sagt die unabhängige Energieanalystin und Expertin von sich. Ihr sei es stets wichtiger gewesen, kompetent statt charmant zu sein. «Weil sie einen guten Ruf hatte», beantwortet Cornelia Meyer die Frage von Hans-Jürg Käser, weshalb sie ihre berufliche Karriere an der Universität St. Gallen begann, wo sie – wie anschliessend an der London School of Economics – Staatswissenschaften studierte. An der Universität Tokio hat Cornelia Meyer den Doktortitel erworben – auf Japanisch. Diese Sprache mit den speziellen Schriftzeichen hatte sie während ihrer Studienzeit in St. Gallen erlernt. Für Ökonomie doktoriert hätten an der Universität in Tokio nur wenige «langnasige Bleichgesichter», wie Cornelia Meyer ausländische Studentinnen nennt. Es sei nicht einfach gewesen, japanisch zu schreiben.
Die Langenthalerin wusste ihr breites Spektrum, ihre Kompetenz sowie ihre sieben Sprachen – inklusive Japanisch, Russisch und Hebräisch – einzusetzen. Kein Zweifel: Diese Sprachen haben wesentlich zur beeindruckenden Karriere von Cornelia Meyer beigetragen. Während ihrer Zeit in Tokio beriet sie einen Politiker, der Aussenhandelsminister war und später Premierminister wurde. Sie schrieb auch für die Tageszeitung «Financial Times» und die Wochenzeitung «The Economist».

«Energie hat mich stets fasziniert»
«Ich bin unabhängig und kann gut zuhören», sagt Cornelia Meyer. Durch ihr Fachwissen und ihre Kompetenz gelangte sie auf den Radar grosser Konzerne. Für die UBS arbeitete sie als Expertin für den Energiesektor in Asien. Eine Führungsposition bekleidete sie auch in Manila auf den Philippinen, wo sie für die Asiatische Entwicklungsbank Länderrisiken bearbeitete. Für die City-Bank beurteilte sie Chancen und Risiken grenzüberschreitender Finanzierungen.
Längere Zeit war Cornelia Meyer in Pakistan tätig. Obschon es ein «schwieriges» Land sei, schwärmt sie von diesem und erwähnt ihren stets guten Draht zur Welt des Islam. Ab 1998 war die Energieexpertin für die General Electric in Amerika tätig. 2004 kehrte sie zurück nach London – zur BP.
Seit 2008 ist die Karrierefrau selbstständig. Sie berät zu Fragen im Energie- und im makroökonomischen Bereich. Ihre Einschätzungen zu Energiefragen sind gefragt. «Energie hat mich stets fasziniert», sagt sie. So arbeitet sie für CNN ebenso als Energieexpertin wie für BBC World News, wo sie jeweils frühmorgens um 5 Uhr auf Sendung geht. «Dazu muss ich spätestens um 4 Uhr gut vorbereitet im Studio sein», sagt sie und entlockt dem Publikum im Stadttheater-Foyer ein Schmunzeln.

Britischer und Schweizer Pass
«Gut vorbereitet» hat sich auch Hans-Jürg Käser für das «Gespräch im Foyer». Dass Cornelia Meyer Mitglied des World Economic Forums Global Agenda Council for Energy Security war, zeigt er ebenso auf wie die Tatsache, dass sie neben dem Schweizer auch den britischen Pass hat, der ihren starken Bezug zum Vereinigten Königreich dokumentiert und sie zum «Her Majesty’s subject» macht.
«Du bist auch Mitglied in einem der renommiertesten Clubs von London, im Athenaeum Club. Über 50 Nobelpreisträger waren dort Mitglieder. Uns hast du im Mai dorthin eingeladen. Das war ein Highlight für mich. Wie bist du dort Mitglied geworden?», fragt Hans-Jürg Käser die unabhängige Energieanalystin, die regelmässig in den Medien erscheint, auf www.arabnews.com regelmässig Artikel schreibt, teils in London und teils in Langenthal lebt und immer auf Trab ist. Cornelia Meyers Antwort fällt kurz aus: «Man hat mich angefragt, und das war nett.»
Cornelia Meyer äussert sich auch zu Boris Johnson, dem aktuellen Premierminister des Vereinigten Königreichs und erinnert sich an jene Zeit von 2008 bis 2016, als dieser «exzellenter Bürgermeister von London» war. Die Langenthaler Energieanalystin zur Tötung des iranischen Generals Soleimani durch einen US-Drohnenangriff: «Amerika wäre nicht so drastisch gegen Iran vorgegangen, wenn es auf das Öl aus Iran angewiesen wäre.» Hans-Jürg Käser spricht Cornelia Meyer auf deren Auftritt in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens SRF vom 2. Januar 2020 an.
Hier äusserte sich die als «Erdöl- und Erdgas-Expertin» bezeichnete Langenthalerin zum geplanten Bau einer Gaspipeline, die 2025 in Betrieb gehen soll und den Gas-Bedarf der EU zu rund 10 Prozent decken soll. Die Pipeline soll Gas aus Israel zunächst nach Zypern, von dort nach Kreta und über das griechische Festland nach Italien bringen. Die Türkei erhebt Einspruch gegen diese soeben unterzeichnete Dreier-Kooperation Israel/Zypern/Griechenland. Das Erdgas im östlichen Mittelmeer weckt auch in der Türkei Begehrlichkeiten. «Theoretisch können solche Pipelines immer Frieden und Zusammenarbeit bringen, doch in der gegenwärtigen Situation gibt es einiges an Konfliktpotenzial», so Cornelia Meyer, die zum Schluss noch Fragen aus dem Publikum beantwortet (auch solche zur Energiewende), ehe ihr Hans-Jürg Käser für ihr «sprudelndes Erzählen» gratuliert und ihr «viel Erfolg bei den nächsten spannenden Projekten» wünscht.

Am 15. März ein Klimahistoriker
Das vierte und letzte «Gespräch im Foyer» dieser Saison mit Hans-Jürg Käser findet am 15. März 2020 um 17 Uhr statt. Gast wird der Schweizer Klimahistoriker Christian Pfister sein.

Von Mans Mathys