• Kämpft derzeit mit verschiedenen Problemen: hps-Gesamtleiter Dieter Grenacher (61). Das offensichtlichste Problem ist der Platzmangel am Standort in Langenthal. In der provisorischen Containeranlage konnte die geplante Tagesschule nicht umgesetzt werden. Dies, weil per Schuljahr 2023/24 eine neue Schulklasse eröffnet werden muss. · Bilder: Patrick Jordi

  • Beim Platz muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Deshalb wird derzeit eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Realistisch scheint, das bestehende Gebäude an der Schorenstrasse in Langenthal aufzustocken, also um ein zweites Obergeschoss zu erhöhen.

18.07.2023
Oberaargau

Eine Schule, viele Herausforderungen

Notorische Platzprobleme, offenkundiger Fachkräftemangel, steigende Schülerzahlen und Hürden im Austausch mit Fachstellen. Ein Gespräch mit hps-Gesamtleiter Dieter Grenacher zeigt: Die Herausforderungen der Heilpädagogischen Schule Oberaargau sind nicht weniger geworden. Gewisse Probleme haben sich nach der Schliessung der Standorte in Huttwil sogar noch akzentuiert.

Es herrschte einmal die Meinung vor, der hps-Neubau an der Schorenstrasse in Langenthal sei grosszügig und zweckmässig konzipiert worden. Einige Leute sagten beim Einzug im Jahr 2010 sogar, das schmucke Gebäude der Heilpädagogischen Schule Oberaargau sei deutlich zu gross geraten. Diese Stimmen werden heute Lügen gestraft. Die hps Oberaargau kämpft mit Platzproblemen. Seit der Schliessung der beiden Standorte in Huttwil sowieso. Per Schuljahr 2022/23 wurden die Huttwiler Klassen dem Standort Langenthal einverleibt (der «UE» berichtete).
Für hps-Gesamtleiter Dieter Grenacher ist die Aufgabe der Huttwiler Standorte nach wie vor ein Wermutstropfen. Doch inzwischen habe man sich mit der neuen Situation arrangiert, sagt der 61-jährige Eriswiler. Ein Teil dieses Arrangements ist der provisorische Container-Bau, der seit rund einem Jahr hinter dem hps-Gebäude steht – auf einer Fläche notabene, die üblicherweise als Spiel- und Pausenplatz dient.
Nur dank dieses Provisoriums finden im Moment noch alle Schülerinnen und Schüler aus dem Einzugsgebiet der hps Oberaargau einen Bildungsplatz. Für wie lange, ist jedoch fraglich. Denn die Anzahl der Kinder, die einen Status für die besondere Volksschule aufweisen, nimmt generell zu. Dieter Grenacher spricht von einem «überproportionalen Wachstum». Bei gleichbleibendem Anstieg der Schülerzahlen hiesse das für die hps Oberaargau: Innerhalb der nächsten drei Jahre müssten zwei zusätzliche Klassen eröffnet werden.

Zusätzliches Stockwerk reicht vermutlich nicht aus
Beim Platz muss also dringend Abhilfe geschaffen werden. Deshalb wird derzeit eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Realistisch scheint, das bestehende Gebäude an der Schorenstrasse aufzustocken, also um ein zweites Obergeschoss zu erhöhen. Mehr liegt jedoch aufgrund der Vorschriften in dieser Bauzone nicht drin. Doch selbst wenn die Erhöhung um ein Stockwerk kommt: «Wir wissen nicht, ob das genug ist», so Grenacher. Teil der Machbarkeitsstudie sei deshalb auch, sich nach Alternativen umzusehen.
Klar ist: Solange die Platzprobleme nicht gelöst sind, wird auch das Tagesschulangebot nicht kommen – eine weitere Herausforderung, mit der sich die hps Oberaargau konfrontiert sieht.
Denn eigentlich müsste die Heilpädagogische Schule gemäss den Forderungen des Kantons ein solches Angebot ab dem Schuljahr 2023/24 anbieten, will heissen: Ab diesem August. «Wir wären bereit gewesen, die Tagesschule neu anzubieten.
Das Konzept sah vor, einen Raum des Provisoriums dafür zu nutzen. Doch dann wurde klar, dass wir aufgrund steigender Schülerzahlen per August 2023 eine zusätzliche Klasse eröffnen müssen. So standen wir plötzlich vor der Wahl: Entweder die Tagesschule oder eine zusätzliche Klasse», erklärt Dieter Grenacher das Dilemma. Die Prioritäten des Kantons lagen letztlich auf einer zusätzlichen Klasse.
Deshalb wird – im Einverständnis mit dem Kanton – auf die Einführung des Tagesschulangebots vorläufig verzichtet. An der hps in Langenthal werden ab dem neuen Schuljahr 18 statt 17 Klassen unterrichtet.

Kampf um Fachpersonal
Ein weiteres Thema, das drückt, ist der Fachkräftemangel. Diesbezüglich sollte ein zentralisierter Standort in Langenthal eigentlich Vorteile bieten, denn «je kompakter zusammengefasst und zentraler gelegen eine Heilpädagogische Schule ist, desto grösser sind die Chancen, geeignetes Personal dafür zu finden», weiss Dieter Grenacher. Nur: «Mittlerweile sind wir auch in Langenthal an einem Punkt angelangt, wo wir nicht mehr genügend Fachkräfte finden.» Kleines Beispiel: Per Mitte Juni fehlten der hps Oberaargau auf der Mittelstufe noch zwei Lehrpersonen.
«Schon seit einigen Jahren gibt es grundsätzlich zu wenig Lehrkräfte und vor allem zu wenig Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. Doch jetzt, bei überproportionalem Wachstum der Schülerzahlen, spitzt sich das Problem umso mehr zu. Wir stehen heute in einer Konkurrenzsituation zu anderen Heilpädagogischen Schulen, wir graben einander beim Personal quasi das Wasser ab», führt der hps-Gesamtleiter aus.

Wenn die Drehscheibe stockt
Personelle Engpässe und Schwierigkeiten kennt man nicht nur bei den Heilpädagogischen Schulen, sondern ebenso beim Kanton, namentlich bei den kantonalen Erziehungsberatungen. Diese seien beim Personal grundsätzlich ebenfalls unterdotiert, urteilt Dieter Grenacher, und macht damit exemplarisch auf ein weiteres Problem aufmerksam, welches die Arbeit der hps Oberaargau derzeit erschwert. Konkret meint er damit, dass die Annäherung der besonderen Volksschule (dazu zählt auch die hps Oberaargau) an die normale Volksschule noch nicht wie gewünscht vonstatten geht. Eine wichtige Grundlage für die Annäherung war, die besondere Volksschule unter die Schirmherrschaft der kantonalen Bildungs- und Kulturdirektion zu stellen. «Dies war zweifellos ein sehr wichtiger Meilenstein, doch mit dem Etikettenwechsel alleine erreicht man noch nicht allzu viel», ist sich Dieter Grenacher sicher. Der Informationsaustausch mit dem Kanton sei inzwischen zwar gut ausgebaut und der Informationsfluss auch relativ direkt geworden; es würden nun grundsätzlich mehr Kontakte mit Verantwortlichen und Fachstellen stattfinden. Doch das Hauptproblem liegt offenbar darin, dass die zeitlichen und personellen Ressourcen vielerorts zu knapp sind, allen voran bei den kantonalen Erziehungsberatungen, die für die hps Oberaargau eine eminent wichtige Drehscheibe darstellen.
Die Schule ist vermehrt mit herausfordernden Verhaltensweisen von Schülerinnen und Schülern konfrontiert. «Gerade in solchen Fällen sind wir sehr darauf angewiesen, dass Kontakte zu Fachstellen und Experten einfach und schnell zustande kommen – doch genau hier mangelt es an interdisziplinären Gefässen, was unsere Arbeit aufwendig und für die Mitarbeitenden sehr belastend macht.»

Intensiv auf Lösungssuche
Müsste Dieter Grenacher die beiden grössten Herausforderungen benennen, mit denen sich die hps Oberaargau derzeit konfrontiert sieht, würde er ganz klar die Platzproblematik und den Fachkräftemangel hervorheben. «Das sind die beiden Brocken, die uns aktuell am meisten beschäftigen, in diesen Bereichen sind wir am intensivsten auf Lösungssuche», so der 61-Jährige.
Happige Hürden also, die die hps Oberaargau in den kommenden Jahren nehmen muss. Es sind Hürden, die zusätzlich zu eh schon existierenden Herausforderungen bestehen. Denn die schwierige Arbeit der Heilpädagogischen Schule liegt ja grundsätzlich darin, auf die besonderen, individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen und diese zu fördern. «Eine Kernkompetenz, die angesichts der vielen Herausforderungen, die uns darüber hinaus beschäftigen, auf keinen Fall vernachlässigt werden darf», sagt Dieter Grenacher.

Von Patrick Jordi