• Heinz Allemann (links) folgt als neuer Stiftungsratspräsident auf Heinrich Schütz. · Bild: Yanick Kurth

11.02.2022
Oberaargau

Einstiger Student von Franz Eggenschwiler wird neuer Stiftungsratspräsident

Der 80-jährige Heinrich Schütz tritt als langjähriger Stiftungsratspräsident der Eggenschwi­ler-Wiggli Stiftung zurück. Neu wird das Amt Heinz Allemann übernehmen. Der gelernte Buchdrucker war von 1991 bis 1998 Assistent und Student des verstorbenen Künstlers.

Oberaargau· Die Franz und Rosemarie Eggen­schwiler-Wiggli Stiftung wurde vor 25 Jahren aufgrund einer finanziellen Notlage, die durch den Brand ihres damaligen Wohnhauses im Eriswiler Hinterdorf entstand, gegründet. Doch trotz all der damaligen Tragik ging mit der Stiftung auch ein langgehegter Wunsch des Künstlerpaares in Erfüllung: Früher gingen junge Künstlerinnen und Künstler bei ihnen ein und aus, fanden Rat und künstlerische Orientierung. Mit der Stiftung sollten Nachwuchskünstlerinnen und -künstler gezielt gefördert und unterstützt werden. Das im selben Jahr erbaute Stiftungshaus bietet ihnen den nötigen Freiraum für eine kreative Entfaltung und dient als Begegnungsort des kulturellen Austausches.
Nach dem Tod von Franz Eggenschwiler im Jahr 2000 übernahm die Stiftung die Aufgabe, das Werk des Künstlers zu erhalten und zu verbreiten. Präsidiert hat die Stiftung in den letzten 15 Jahren der pensionierte Lehrer Heinrich Schütz. Nun tritt der 80-jährige Kunstliebhaber von seinem Amt zurück.

Als Politiker nach Eriswil gestossen
Heinrich Schütz ist in der Kunstszene längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Der Rentner aus Lützelflüh präsidierte die Eggenschwiler-Wiggli Stiftung in den letzten 15 Jahren und steckte viel Herzblut und Engagement in die Stiftung. «Früher war es für Lehrer fast eine Pflicht, noch kulturell tätig zu sein», schmunzelt der 80-Jährige.
Auf die Stiftung und den Künstler Franz Eggenschwiler ist Heinrich Schütz durch seine Aufgaben als Politiker gestossen. «Als Grossrat war ich früher hie und da auch in Eriswil», sagt der Emmentaler. So bekam der pensionierte Lehrer auch viel von der Kunst-Szene in dieser Region mit und erfuhr von der Eggen­schwiler-Wiggli Stiftung in Eriswil. So ergab es sich schliesslich, dass Heinrich Schütz das Amt als Präsident im Jahr 2007 übernommen hat. Das Ziel von Heinrich Schütz war es, den Namen des verstorbenen Künstlers und seine Tätigkeiten zu erhalten. Dies ist ihm bis heute vollumfänglich gelungen.
 
«Meine Altersgrenze ist erreicht»
«Nun habe ich eine Altersgrenze erreicht, bei der ich meine ehrenamtlichen Engagements nicht mehr alle seriös ausführen kann», muss sich der 80-Jährige eingestehen. «Mein Nachfolger Heinz Allemann ist ein absoluter Glücksfall für die Leitung der Stiftung.» Der gelernte Buchdrucker ist seit 15 Jahren im Stiftungsrat und war früher bei Franz Eggenschwiler als selbstständiger Drucker angestellt. Heinz Allemann kennt somit den Künstler und die Tätigkeiten bestens. «Die perfekte Nachfolgelösung macht mir meinen Abgang deutlich leichter», sagt Heinrich Schütz.
Als interessierter Aussenstehender wird Heinrich Schütz weiterhin mit der Stiftung in Verbindung bleiben. Weiterhin ist er im Gotthelf Zentrum in Lützelflüh für Führungen zuständig.

Das Eriswiler «Meisterdrucker-Ehepaar»
Neu wird mit Heinz Allemann ein eigener Künstler die traditionsreiche Eg­genschwiler-Wiggli Stiftung übernehmen. Als 22-Jähriger wanderte der gelernte Buchdrucker damals für fünf Jahre nach Kanada aus und rutschte dort in die Kunst-Szene hinein. Der ursprünglich aus dem Kanton Solothurn stammende Heinz Allemann ist vor 15 Jahren mit Heinrich Schütz in den Stiftungsrat eingetreten. Vorher war er jahrelang als Drucker bei Franz Eggen­schwiler tätig. «Im Jahr 1987 ist Franz Eggenschwiler auf eine von mir gedruckte Postkarte aufmerksam geworden», erinnert er sich zurück. Kurze Zeit später machte ihm der Eriswiler Künstler ein Jobangebot, das Heinz Allemann schliesslich auch annahm. «Zusammen mit Franz Eggenschwiler hat er dann die Druckerei aufgebaut. Mit seiner heutigen Frau Rita Allemann hat er dort jahrelang gearbeitet. Die 64-Jährige unterstützt ihren Mann tatkräftig. Bekannt sind die beiden in Eriswil als sogenanntes «Meisterdrucker-Ehepaar», haben sie doch für Franz Eggenschwiler viele Kunstwerke aufwendig und hochpräzise gedruckt.

Im Jahr 1993 brannte das Wohnhaus nieder
Im Jahr 1973 bezogen Franz und Rosemarie Eggenschwiler ein grosses, behäbiges Haus im Eriswiler Hinterdorf. Es bot anfangs genügend Platz für die unzähligen Werke und Objekte, die sich unter seinem weitausladenden Dach sammelten, bis der Künstler 1991 seinem Wohnhaus gegenüber ein modernes Atelier baute. Glücklicherweise – denn nur so entging ein Teil seiner Arbeiten den Flammen, die das alte Haus Im Jahr 1993 bis auf die Grundmauern niederbrannten. Das Feuer brachte das Künstlerehepaar um sein gesamtes Hab und Gut – Rosemarie Eggenschwiler hätte es beinahe das Leben gekostet. Die Künstlerin ging in das brennende Haus und wollte einige Kunstwerke retten, dabei erlitt sie schwerste Verbrennungen. Lange Zeit lag die Künstlerin in einer Zürcher Klinik.

Bekannter Eriswiler Zwergen-Brunnen
Franz Eggenschwiler war kein «Show-Man». Er lebte eher zurückgezogen. Dennoch hat er in seiner künstlerischen Karriere viele Kunstwerke realisiert, die noch heute viele Menschen erfreuen. Im Jahr 1994 wurde der Zwergen-Brunnen beim Eriswiler Schulhaus erstmals mit Wasser gefüllt. Das Kunstwerk von Franz Eggen­schwi­ler stiess damals auf grosses Interesse und über 2000 Gäste waren bei der Eröffnungsfeier mit dabei.
Seine letzte Arbeit realisierte der Eriswiler im Domgymnasium in Magdeburg. Am 12. Juli 2000 starb Franz Eggenschwiler schliesslich in einem Berner Spital an den Folgen eines Hirnschlages. Rosemarie Eggenschwi­ler organisierte nach dem Tod ihres Mannes den Aufbau der Brandstätte zum jetzigen Stiftungshaus. Sie wohnte vor ihrem Tod im Jahr 2019 noch in einer Wohnung im neu aufgebauten Stiftungshaus.

Stiftung finanziert sich in erster Linie durch Mieteinnahmen
Mit Heinz und Rita Allemann sind derzeit fünf weitere Mitglieder im Stiftungsrat. Krankheitsbedingt und altershalber sind in letzter Zeit aber immer wieder Mitglieder zurückgetreten. «Es ist schwierig, immer genügend Mitglieder zu finden, die sich ehrenamtlich für die Stiftung einsetzen», betont Heinz Allemann. Der Stiftungsrat wurde nach dem Grossbrand notgedrungen ins Leben gerufen, weil die Finanzen knapp waren. Die Stiftungsmitglieder mussten damals einen happigen finanziellen Einschuss leisten. «Das wäre heute nicht mehr möglich», erzählt der abtretende Präsident Heinrich Schütz. Staatliche Unterstützung erhält die Stiftung nicht. Die sicherste und wichtigste Einnahmequelle ist die Vermietung der zwei Wohnungen und der Geschäftsräumlichkeit. Diese befinden sich allesamt im Stiftungshaus. Weiter wird Geld generiert, wenn Kunstwerke verkauft werden können. Dennoch, ohne die ehrenamtliche Unterstützung wäre die Stiftung schon längst nicht mehr aktiv. «Die Situation bei einer Stiftung, bei der der Künstler nicht mehr lebt, ist meist schwieriger, denn es gibt von ihm keine neuen Kunstwerke mehr», stellt Heinz Allemann fest. Auch kehren immer wieder Kunstwerke von Franz Eggenschwiler ins Eriswiler Hinterdorf zurück. Etwa, wenn ein Kunstliebhaber oder eine Kunstliebhaberin verstorben ist und die Angehörigen die Werke nicht möchten. «Es ist eine schöne Geste, wenn wir die Kunstwerke teilweise kostenlos abholen können und in unserer Sammlung ausstellen können», sagt Heinz Allemann. «Das bereichert unsere Ausstellung.»

Von Yanick Kurth