• Der Weg von der Atomenergie hin zu alternativen Energien ist weit. · Bilder: pixelio

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24.05.2019
Emmental

Energiestrategie 2050 und ihre Bedeutung für das Emmental

Fünf informative Vorträge und ein Podiumsgespräch mit zwei Nationalratsmitgliedern und dem Publikum gaben im Rahmen des «regioDay 12» der Regionalkonferenz Emmental fundierten Einblick in die Zukunftsperspektiven des Emmentals.

Kirchberg · Am «regioDay 12» in Kirchberg wies der Präsident der Regionalkonferenz Emmental, Jürg Rothenbühler, auf die Klimaveränderungen und die Schülerproteste hin, die er persönlich begrüs-se. «Sie protestieren auch an Samstagen und in den Ferien; also sind es keine Schulschwänzer!», hielt er fest.
In den nächsten Wochen sollen die Ergebnisse für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 veröffentlicht werden, was nach der Analyse der abgelehnten Volksabstimmung neue Erkenntnisse bedingt, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Aufgrund der Abstimmung gelten die bisherigen Vorschriften weiter. Ulrich Nyffenegger, Vorsteher des Amtes für Umweltkoordination und Energie, referierte zu diesem Thema. Er kam dabei zurück auf das knappe Abstimmungsergebnis mit 50,6 Prozent Neinstimmen zur umweltfreundlichen Vorlage Abstimmung Energiestrategie Schweiz, die das «Verdikt» beinhaltete, künftig nur noch mit erneuerbarer Energie arbeiten zu dürfen. Durch die Ablehnung des Volks ist seiner Meinung nach eine Umsetzung der Energiestrategie 2050 nicht mehr realistisch, weshalb jetzt nach neuen Möglichkeiten gesucht werden müsse. «Es ist unerlässlich, dass sich die Politik zu mehr Bürgernähe entschliesst und den Willen der Bevölkerung spürt», so der Referent. Raoul Knittel, Geschäftsführer «Strom von hier GmbH», setzte sich mit dem Thema «Was ist im Emmental aus neutraler Sicht möglich?» auseinander. Im Emmental wird der Energieverbrauch derzeit noch zu 60 Prozent durch Erdöl gedeckt. Auch er empfiehlt ein Umdenken im Interesse jedes Einzelnen gemäss der Zielsetzung «Erneuerbare Stromproduktion bis 2050». Dennoch bezweifelt auch er, dass dieses Ziel erreichbar ist. Er empfiehlt, Möglichkeiten zu erschliessen und nannte als Beispiel wirtschaftliches Potenzial in Photovoltaikanlagen.
Antworten auf die Frage «Wie setzt die AEK Onyx AG die Energiestrategie im Emmental um?» gab Bruno Jordi, Leiter Markt und Mitglied der Onyx-Geschäftsleitung. Nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie müssten sich die Energiegewinnung aus Photovoltaik – bisher am effizientisten – sowie Wasser, Wind, Holz, Biomasse und Geothermie noch etablieren. Er zeigte erzielte Fortschritte an Bauten in der näheren und weiteren Umgebung.

Helfen statt hindern
Michael Gerber, Kantonaler Denkmalpfleger, wollte die seit Jahren immer wieder geäusserte Kritik an der Denkmalpflege widerlegen. In seinem Referat «Wie ist die Denkmalpflege behilflich, um die energetische Umsetzung an denkmalgeschützten Gebäuden zu ermöglichen?» gab er fundierte Antworten und Ratschläge. Beispielsweise wie ein geschütztes Bauernhaus sinnvoll renoviert und gleichzeitig Beiträge der Denkmalpflege beansprucht werden können. Eingangs wies er darauf hin, dass bei Gesuchen «nicht aus dem Bauch» entschieden werde, sondern gemäss den rechtlichen Grundlagen des Kantons. Von 450 000 Gebäuden im Kanton Bern zählen deren 28 000 zu den Baudenkmälern und bei Letzteren 17 000 zu den besonders schützenswerten K-Objekten. Gerber zitierte Urs Muntwyler, Professor für Photovoltaik BHF: «Zum Erreichen der Energiewende brauchen wir die Dächer der Baudenkmäler nicht.» Denn diese seien zu verwinkelt, zu steil und in einander verbaut. Abgesehen davon sei jedoch die Nachhaltigkeit von historischen Bauten belegt. Er zeigte eindrückliche Fotos von gelungenen und teils preisgekrönten Umbauten bei denkmalgeschützen Bauten.
Marc Rössler von der Energieberatungsstelle Emmental gab Antworten auf die Frage «Welche Beratung kann die Energieberatungsstelle Emmental Privaten, Firmen und Gemeinden bieten?». Zu den Aufgaben der Energieberatungsstelle gehören nebst Beratungen auch Öffentlichkeitsarbeit und Schulungen für Private, Unternehmen und Gemeinden. Insbesondere für Gemeinden besteht ein umfangreiches Angebot. Ergänzend dazu stellte Marc Rössler Unterstützung bei der Initiierung von Wärmeverbundprojekten, Energierichtplänen, Baureglementen, Zonenplänen und Überbauungsordnungen, der Energiebuchhaltung und Energieleitsätzen für die Immobilienbewirtschaftung in Aussicht.
Alle Anstrengungen würden «verpuffen», würden folgende vier Erfolgsfaktoren für die Energieeffizienz nicht befolgt werden: den eigenen Energieverbrauch kennen; übergeordnete Ziele/Leitsätze entwickeln; eine Objekt bezogene Umsetzung veranlassen; unbedingt die erreichten Ziele überprüfen (Monitoring).

Es trifft auch die Schweiz
Beim anschliessenden Podiumsgespräch mit zwei Berner Mitgliedern des Nationalrates, Regula Rytz (Grüne) und Manfred Bühler (SVP), diskutierten beide unter der Moderation von Jürg Rothenbühler vorerst ihre unterschiedlichen Ansichten und dann mit dem Publikum einen interessanten Meinungsaustausch. Rytz bedauerte, dass die SVP den abgelehnten Urnenentscheid nicht als Chance für das Emmental und seine Ressourcen sieht. Aber es gehe nicht nur um die Schweiz, sondern auch um andere Kontinente. Bei zu hohen Immissionen werde die Lebensgrundlage anderer Völker zerstört, worauf sich Flüchtlingsströme aus betroffenen Ländern Richtung Europa – und der Schweiz – in Bewegung setzen würden.
Bühler betonte die Notwendigkeit, beim Bau von Windparks unbedingt die Bevölkerung mit einzubeziehen. Als Beispiel nannte er die modernen Turbinen im Windpark Juvent im Berner Jura, die 2018 rund 16 400 Haushalte mit Strom versorgen konnten. Er plädierte für seriöse Aufklärung der Vor- und Nachteile bei der Gewinnung alternativer Energien. Nur so könnten lokale Ressourcen ausgeschöpft werden. In Wynigen hat die Bevölkerung einen möglichen Standort für Windräder kürzlich abgelehnt.

Noch langer Weg für Energiewende
Aus dem Publikum kamen Hinweise auf unverhältnismässig tiefe Holzpreise, geliefert aus dem Ausland, die den hiesigen Markt schwer treffen würden, unverständliche Auftragserteilungen an ortsfremde Unternehmen mit Dumpingpreisen, zu wenig Schutz der einheimischen KMUs und zu wenig Schutzzölle für lokale Agrarprodukte und anderes mehr.

Von Gerti Binz