• Die Schulanlage wurde Ende Oktober feierlich eröffnet. Im Budget 2023 sind knapp 600 000 Franken Abschreibungen für die Schulanlage einberechnet. Hauptursache für das Defizit trotz Steuererhöhung sind aber unbeeinflussbare Umstände. · Bild: Ernst Marti

16.12.2022
Emmental

Erneute Steuererhöhung in Rüegsau

Die Rüegsauerinnen und Rüegsauer müssen ab kommendem Jahr nochmals etwas tiefer in den Geldbeutel greifen, um die Steuern zu bezahlen, erhöhte doch die Gemeindeversammlung mit bloss einer Gegenstimme den Steuerfuss um einen weiteren Zehntel auf neu 1,79 Einheiten.

Rüegsau · Schlechte Kunde für die Rüegsauer Steuerzahlenden, steigen doch ab dem kommenden Jahr die Steuern erneut um einen Zehntel auf neu 1,79 nach oben. Und das nachdem erst vor zwei Jahren von 1,59 auf 1,69 erhöht wurde. Trotz dieser Erhöhung wurde jedoch der Gemeindeversammlung nicht etwa ein ausgeglichener Voranschlag präsentiert, denn im Gesamthaushalt mit einem Aufwand von 15 032 120 Franken beträgt das Defizit trotz Steuererhöhung noch immer happige 394 581 Franken. Selbst diese tristen Finanzaussichten vermochten jedoch die Rüegsauer Stimmberechtigten nicht zu erschüttern, fanden doch inklusive siebenköpfigem Gemeinderat bloss 44 Personen (1,8 % der Stimmberechtigten) den Weg ins Versammlungslokal.
Gemeinderat Christof Steiner (Mitte), der im Namen des Gemeinderats die schlechte Botschaft zu überbringen hatte, erklärte, dass es dieses Mal nicht die Abschreibungen aus dem Schulhausbau seien, die zu einem Budgetdefizit führten, sondern um übergeordnete Sachverhalte, die durch die Gemeinde nicht beeinflussbar seien. Für die neue Schulanlage sind zwar Abschreibungen im Betrag von 598 246 Franken vorgesehen, die jedoch im kommenden Jahr vollumfänglich
zulasten der in den letzten zwei Jahren geäufneten «Spezialfinanzierung Schul-anlagen» geht und somit das Budget 2023 nicht belasten soll. Für die darauffolgenden Jahre können jedoch nur noch geringere Entnahmen gemacht werden, liegen doch Ende 2023 bloss noch rund 552 000 Franken im Fond der Spezialfinanzierung Schul-anlagen. Insgesamt werden in den Schulen der Gemeinde Rüegsau laut neuesten Angaben gegen 590 Schülerinnen und Schüler aus den umliegenden Gemeinden Hasle bei Burgdorf, Lützelflüh, Affoltern und Heimiswil unterrichtet. Diese Gemeinden bezahlen Rüegsau dafür aktuell pro Jahr rund 2,038 Millionen Franken, welche jedoch nicht einfach in die Rüegsauer Gemeindekasse fliessen, sondern mehrheitlich als anteiliger Beitrag an die Lohnkosten der 60 Lehrerkräfte benötigt werden.

Kanton gibt der Gemeinde weniger, kassiert dafür aber mehr ein
Da wäre einmal der sogenannte Disparitätenabbau des Kantons, der sich als Folge der letzten zwei guten Abschlüsse der Jahresrechnung gegenüber dem Vorjahr massiv negativ bemerkbar macht. Aufgrund der guten Steuererträge der Juristischen Personen im Jahr 2020/21 reduzieren sich nämlich die Zahlungen des Kantons aus dem Disparitätenabbau, der im Jahr 2021 noch 316 247 Franken betrug, schon dieses Jahr auf 97 499 Franken und im kommenden Jahr sinken sie sogar auf 41 093 Franken. Erst ab dem Jahr 2024 erhöhen sich diese Zahlungen wieder auf 337 517 Franken und sollen dann in den darauffolgenden zwei Jahren wieder einen Betrag in der Grössenordnung von 560 000 Franken erreichen.
Um das Mass der nichtbeeinflussbaren Ausgaben voll zu machen, nehmen zudem die Zahlungen der Gemeinde in den kantonalen Finanzausgleich zusätzlich noch um 200 000 Franken zu.
Die düsteren Finanzaussichten vermochten jedoch die Versammlungsteilnehmenden nicht zu erschüttern. Es blieb bei einer einzigen Ermahnung an den Gemeinderat, die Investitionen etwas zu reduzieren. «Ich kann auch nicht zum Chef gehen und immer mehr Geld verlangen. Hier wird jedoch munter weiter investiert und nicht gespart. Wenn das Geld dann nicht reicht, kommt der Gemeinderat in zwei Jahren halt erneut mit einer weiteren Steuererhöhung», so der Votant. Die Antwort von Gemeindeprä-sident Andreas Hängärt-ner (SVP) war kurz und knapp: «Wir sind uns das voll bewusst und tun das Möglichste, doch es gibt Aufgaben, die die Gemeinde zwingend erledigen muss.» Damit war die Diskussion geschlossen und das Abstimmungsergebnis klar, wurde doch der Voranschlag 2023 und die Steuererhöhung mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen deutlich genehmigt.

Einführung der Schulsozialarbeit ab Mai 2023
Seinen letzten Auftritt als Gemeinderat hatte Daniel Fankhauser (SVP) mit der Vorstellung des Geschäfts «Einführung der Schulsozialarbeit an den Schulen Rüegsau». Nach einer erfolgreichen Pilotphase im Jahr 2021 soll diese nun definitiv ab 1. Mai 2023 eingeführt werden. Den Erläuterungen konnte entnommen werden, dass die Schulsozialarbeit ein von der Stadt Burgdorf geführtes eigenständiges und unabhängiges Beratungsangebot darstellt. Zu diesem Zweck soll mit Burgdorf ein Leistungsvertrag abgeschlossen werden, während für die organisatorische und betriebliche Leitung die Schulleitung Rüegsau verantwortlich ist. Die Nettokosten pro Jahr belasten das Budget der Gemeinde Rüegsau derzeit mit rund 65 000 Franken. Sowohl der Einführung der Schulsozialarbeit wie der Wiederwahl der bisherigen Revisionsstelle Fankhauser+Partner AG, Huttwil, wurde durch die Versammlung einstimmig zugestimmt.
Durch Präsident Andreas Hängärtner (SVP) wurden am Schluss der Versammlung die auf Ende Jahr zurücktretenden Ratsmitglieder Sonja Steinmann (EDU), Daniel Fankhauser (SVP) und Niklaus Burkhalter (Mitte) verabschiedet.

Von Ernst Marti