• Auf dem Roggwiler Bossloch hat für Lewin Blum die Karriere als Fussballspieler begonnen. Sein Traum, Profifussballer zu werden, ist zum Greifen nah. Bild: Leroy Ryser

02.08.2019
Sport

Es kribbelt, weil der Traum so nah ist

Lewin Blum gehört zu den Top-Talenten beim BSC YB. Der 18-Jährige hat bereits diverse Einsätze auf unterschiedlichen Stufen in Nationalteams absolviert und wird derzeit gezielt gefördert und auf einen möglichen Wechsel in die Super League vorbereitet. Entscheidend, um überhaupt so weit zu kommen, seien vor allem Ehrgeiz und Spielintelligenz gewesen, sagt der Aussenverteidiger. Dass er es bis ganz nach oben schaffen kann, ist er zwar überzeugt, noch muss er aber an einzelnen Attributen feilen.

 

Heute Nachmittag um 16 Uhr ist es so weit. Mit dem heutigen Meisterschaftsstart in der 1. Liga beginnt auch für den 18-jährigen Lewin Blum die Zeit des Erwachsenenfussballs. Heute Nachmittag um 16 Uhr wird die zweite Mannschaft des BSC Young Boys gegen das Team Vaud U21 antreten, und mit dabei dürfte auch der junge Roggwiler sein. Zwar hat Lewin Blum schon am 18. Mai einen ersten Einsatz in der Erstliga bestritten, damals gehörte er aber eigentlich noch den U18-Junioren der Berner an. Mittlerweile gehört er voll und ganz zur zweiten Mannschaft von YB. Und damit ist er zugleich nur noch ein Schritt von seinem grossen Traum entfernt: Fussballprofi bei den Stadtbernern zu sein.

Ein kleiner Wirbelwind

Begonnen hat Lewin Blum seine Karriere schon früh in Roggwil. Sein Vater Mario hatte ihn damals auf den Fussballplatz mitgenommen, auch als dieser noch selbst beim FCR spielte. Als man erstmals sah, dass Blum-Junior Talent hat, war sein Vater sogar noch sein Trainer. «Ich kann mich gut erinnern, dass ich auch wegen meiner Grösse aufgefallen bin. Ich war einer der kleinsten, konnte aber wegen meiner Schnelligkeit auf der Aussenbahn viel bewirken.» Mario Blum hat sich daraufhin entschieden, seinen Junior bei den Berner Young Boys zum Selektionstraining anzumelden. Während zwei Jahren war Lewin Blum in der U10, bis er tatsächlich von YB in deren U12-Team aufgenommen wurde. Schon früh musste der heute 18-Jährige mehrmals pro Woche nach Bern reisen, um zu trainieren, ab dem 13. Lebensjahr tat er dies zum grossen Teil selbst mit dem Zug. «Da habe ich mich schnell daran gewöhnt», erinnert er sich und fügt an: «Heute dient der Zug vor allem auch zum Ausruhen. Unterwegs kann ich ein bisschen abschalten und mich von meinem Tag erholen.»

Lewin Blum hat seither fleissig Schritt für Schritt getan. Ein erstes grosses Highlight folgte im Alter von 14 Jahren. Damals wurde der Roggwiler zum ersten Mal von der Schweizer Nationalmannschaft aufgeboten. «Das hat mich stolz gemacht. Ich dachte während diesen Einsätzen oftmals daran: Es gibt so viele Fussballer in meinem Alter, aber nur ich kann diesen Moment erleben und für dieses Land auf dieser Position spielen», sagt Blum. Eine Errungenschaft, über die sich der Aussenverteidiger noch heute freuen darf, denn auch in den Folgejahren gehörte er ständig zur Stammelf der Schweizer U-Mannschaften, einmal abgesehen vom U17-Jahr mit hartnäckigem Verletzungspech. Auch in der letzten Saison zählte er bei Zusammenzügen konstant zur ersten Elf des U18-Nationalteams dazu, für Einsätze in der kommenden Spielzeit in der U19 unter dem Ex-Internationalen Johann Vogel hat er ebenso gute Chancen.

Partys sind kein Thema

Für Lewin Blum ist derweil klar, dass ihn vor allem sein Ehrgeiz so weit gebracht hat. Seit jeher arbeite er auf dieses eine Ziel hin. Schon immer wollte er Fussballprofi werden, etwas anderes gab es gar nicht. «Würde ich nicht Fussball spielen, würde mich der Job als Architekt interessieren. Aber eigentlich gab es schon immer nur Fussball», sagt er. Mittlerweile besucht Lewin Blum das Sport-KV, seit er in der siebten Klasse ist, geht er ausserdem in Bern und nicht mehr in Roggwil zur Schule. Alles auf den Fussball auszurichten mache ihm indes nichts aus, den Aufwand habe er gar nie als Aufwand angesehen, sondern vielmehr als annehmbares Mittel zum Zweck. Die Liebe zum Sport ist viel zu gross, als dass ihn etwas aus der Bahn werfen könnte. Auf das Ausgehen mit Freunden verzichtet er, sein Freundeskreis beschränkt sich sowieso auf Kollegen aus dem Fussballbusiness mit demselben Ziel, so werden Partys gar nicht erst zum Thema. «Solche Dinge brauche ich nicht. Ich habe ein Ziel im Kopf. Das ist mir wichtiger», sagt er mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit.

Zugleich fällt es ihm aber gar nicht so einfach, seine Liebe zum Fussball mit Worten zu beschreiben. Spass habe es schon immer gemacht. Das Spiel mit Fuss und Ball habe ihn ständig beschäftigt und gereizt. Und nicht zuletzt habe auch sein Vater ihm dieses Virus eingeimpft. «Ich habe immer am liebsten Fussball gespielt. Irgendwie hat es mich einfach gepackt. Und ausserdem macht gewinnen Spass», sagt der 18-Jährige. Bis heute ist ihm der Fussball nicht über den Kopf gewachsen, fast rund um die Uhr geht es um den weltweit beliebtesten Sport. «Ab und zu tut es aber auch gut, abzuschalten», hängt Lewin Blum an, dass er «einsame» Zeiten neben dem Sport geniesst. «Ich bin gerne allein in meinem Zimmer und höre Musik. Oder aber ich gehe in der Roggwiler Badi, um zu schwimmen. Beides geniesse ich und beides hilft bei der Regeneration.» Diese sei wichtig, auch weil er fast täglich trainiert und 50 Prozent arbeitet sowie einen Tag lang die Schulbank drückt.

Spielintelligenz seit jeher als Vorteil

Doch kann es Lewin Blum tatsächlich bis ganz nach oben schaffen? Talente gibt es immerhin viele, selbst in der vergleichsweise kleinen Schweiz. «Ich bin überzeugt, dass ich es schaffen kann», sagt er selbst. Überheblich klingt er deshalb nicht, das Vertrauen in ihn selbst aber ist vorhanden. Das liegt nicht zuletzt auch an seiner Spiel-intelligenz, diese sei während seiner bisherigen Laufbahn immer sehr wichtig gewesen. Schon früher, als sein Manko noch die Grösse war, hat ihm diese geholfen, Nachteile zu kompensieren. Und ausserdem sei er ein Aussenverteidiger, der in den «neuen» Fussball passt. «Ich kann viel für die Offensive tun und kann das Spiel lesen», nennt er seine Vorteile. 

Körperlich muss er jedoch noch etwas an Kraft zulegen, ausserdem soll sein Spiel noch etwas aggressiver werden. Beides sind von YB gestellte Anforderungen, die letztlich im Kopf und mit Training erfüllt werden können. Dass meine Mankos nicht technischer Natur und daher vergleichsweise einfach zu beheben sind, dürfte ein Vorteil sein. Als er aber gefragt wird, ob er daher nur noch an sich selbst scheitern könne, muss er doch zuerst lachen: «Ich könnte mich auch ungünstig verletzen», sagt Lewin Blum und hängt dann an: «Noch habe ich keinen Profivertrag, noch bin ich nicht so weit. Da kann noch viel passieren. Ich werde aber alles dafür tun, damit es klappt.» Nahe dran ist er allemal.

Flanken schlagen als Zusatztraining

Das weiss der Oberaargauer auch selbst. Zu stark unter Druck setzen will er sich aber nicht, und gerade dafür dürfte seine ruhige, geerdete Art auf und neben dem Feld ein Vorteil sein. Zugleich gibt er aber zu: «Manchmal kribbelt es schon ein bisschen, wenn ich daran denke, dass ich seit mehreren Jahren auf dieses Ziel hinarbeite und nun ganz nahe davor stehe.» Statt unnötigen Respekt vor dem eigenen Traum aufzubauen, trainiert Blum mittlerweile noch härter. Mit einem Athletiktrainer absolviert er zusätzliche Krafttrainings, um sich auf einen möglichen Wechsel in die erste Mannschaft vorzubereiten, ausserdem übt er nach den Fussballtrainings freiwillig und zusätzlich das Flanken von Bällen. «Ich habe schon früher jeweils für mich ein bisschen zusätzlich trainiert, beispielsweise in Punkto Kraft. Die aktuellen Zusatztrainings helfen mir aber besonders viel, weil sie von einem Profi geleitet werden.» Dass ihm YB diese Möglichkeit überhaupt offeriert, zeigt, dass der Verein ebenso an sein Talent glaubt und ihn vorzubereiten versucht – für die Super League.

Schon NLA-Luft geschnuppert

Diese ist Lewin Blums nächstgrosser Traum. Von seinem ersten Einsatz während der Meisterschaft im Team des amtierenden Meisters träumt der junge Roggwiler noch. «Ich hatte schon einen Einsatz während fünf bis zehn Minuten in einem Testspiel. Auch diese Erfahrung war schon sehr toll und schön für mich», sagt Lewin Blum. Einen Spieltag mit einem Super-League-Team zu erleben sei speziell gewesen, zweifellos neben den Einsätzen in den Nationalmannschaften und dem letztjährigen Gewinn des U18-Schweizermeistertitels, eines seiner bisherigen Karrierehighlights.

Dabei muss und soll es nicht bleiben. Und eigentlich muss auch überhaupt nicht unbedingt in der Schweiz Endstation für Lewin Blum sein. «Das Mass aller Dinge wäre für mich Manchester City. Sie spielen einen schönen, ballorientierten Fussball. Das gefällt mir.» Zu gut will er die Chancen aber vorerst nicht einschätzen, dereinst bei diesem Verein zu spielen. «Das wäre dann schon ein ganz gros-ses Kaliber», lacht er vor sich hin. 

Wie zuletzt geht es vorerst Schritt für Schritt weiter und das heisst: Heute, 16 Uhr, Meisterschaftsbeginn gegen das Team Vaud U21. «Auch deshalb kribbelt es in mir», sagt Lewin Blum bezogen auf das heutige Spiel. Nach der langen Vorbereitungsphase ist endlich wieder ein Ernstkampf das Thema, endlich geht es wieder um Punkte – und dies für Lewin Blum erstmals auch noch als fester Bestandteil im Erwachsenenfussball. «Ich denke schon, dass die Chancen auf Einsatzminuten gut sind», sagt er. Zwar habe er wegen einer in der Vorbereitung erlittenen Hirnerschütterung noch ein bisschen Trainingsrückstand, sobald dieser aber aufgeholt ist, hofft er, im Team von Alessandro Mangiarratti zu den Stammkräften zu gehören. Gelingt dies, hat er beste Chancen auch Super-League-Trainer Gerardo Seoane aufzufallen. So oder so ist Lewin Blum aktuell nur noch wenige Schritte vom ganz grossen Traum entfernt. Als einer von ganz wenigen in seinem Alter.

Von Leroy Ryser