• Verkehrslösung Langenthal: Sieben Teilprojekte (TP) treibt die Stadt nun voran; sehr konkret ist derzeit TP6. · Grafik: zvg/Stadt Langenthal

  • Im Bereich der Kreuzung Schorenstrasse/Krippenstrasse wird beidseitig je eine neue Bushaltestelle entstehen. Dies, weil künftig die Linie 52 hier verkehren wird. · Bilder: Patrick Jordi

  • Die Kreuzung bei der ehemaligen Blumenhalle Häusermann soll im Zuge der Verkehrslösung verbreitert werden. Das Bäumchen und die Pflästerung (links) werden weichen müssen.

26.09.2023
Langenthal

Flüssiger, besser, sicherer

Die städtische Verkehrslösung nimmt immer konkretere Formen an. Was irgendwie recht harmlos tönt, ist in Wahrheit Langenthals zweitwichtigstes Grossprojekt – investiert werden inklusive Leistungen Dritter ganze 28 Millionen Franken. Durch die geplanten Massnahmen wird sich das Verkehrsgeschehen für alle spürbar verändern. Ein Teilprojekt, das schon ziemlich weit fortgeschritten ist, sieht unter anderem den Umbau von zehn Bushaltestellen sowie neue Buslinienführungen vor. Ein diesbezüglicher Infoanlass stiess bei der Bevölkerung auf reges Interesse.

Gemessen daran, was die Stadt Langenthal derzeit in Grossprojekte investiert beziehungsweise in naher Zukunft noch investieren will, gibt es eine eindeutige Hierarchie: Auf dem ersten Platz liegt der Entwicklungsschwerpunkt (ESP) Bahnhof mit geplanten Nettokosten von rund 30,4 Millionen Franken, gefolgt von der Verkehrslösung Langenthal mit voraussichtlich rund 18,7 Millionen Franken netto. Auf Platz drei rangieren die Kindergarten-Neubauten, die als gebündeltes Projekt ein Investitionsvolumen von rund 13,85 Millionen Franken netto ausmachen. Netto deshalb, weil die Stadt bei allen drei Projekten mit Kostenbeteiligungen Dritter rechnen kann. Diese reichen von einigen zehntausend Franken im Falle der Kindergärten über rund 9,3 Millionen bei der Verkehrslösung Langenthal bis hin zu fast 80 Millionen Franken in Zusammenhang mit dem ESP Bahnhof. Letzteres Projekt ist somit auch gemessen an den Bruttokosten das mit Abstand bedeutendste Vorhaben, das die Stadt derzeit hat: Die Rede ist beim ESP von Investitionen von über 110 Millionen Franken – für Langenthal definitiv ein Jahrhundertprojekt.
Im Vergleich dazu wirken die Bruttoinvestitionen bei der Verkehrslösung Langenthal von rund 28 Millionen Franken nicht mehr ganz so enorm – doch zweifellos sind auch sie sehr namhaft. Und nicht nur in den städtischen Investitionsrechnungen wird das Vorhaben in den nächsten Jahren deutliche Spuren hinterlassen, sondern auch im öffentlichen Leben: «Die Massnahmen, die im Rahmen der Verkehrslösung geplant sind, werden das Verkehrsgeschehen in Langenthal für alle spürbar verändern», hält die Stadt auf ihrer Website unmissverständlich fest.

Wichtige Meilensteine erreicht
Erst kürzlich, im Sommer 2023, konnten im Projekt Verkehrslösung Langenthal wichtige Meilensteine erreicht werden: Bei mehreren Teilprojekten wurde die erste Planungsphase abgeschlossen. Basierend auf den Resultaten dieser Planungsphase gliederte der Gemeinderat das Massnahmenpaket thematisch und räumlich neu (der «UE» berichtete). Für die Folgephasen sind neu sieben Teilprojekte definiert worden, die jetzt einzeln weiter vertieft und anschliessend realisiert werden.
Dass es in diesem Grossprojekt nun spürbar vorwärts geht, hat vor allem auch damit zu tun, dass die ganze Angelegenheit unter einem gewissen Zeitdruck steht. Die externen Kostenbeteiligungen, mit denen die Stadt für die Projektierung und bauliche Umsetzung der meisten Massnahmen rechnen kann, werden gemäss den aktuellen Bundesvorgaben nämlich nur bis Ende 2027 gesprochen. Und diese Kostenbeteiligungen vonseiten Bund und Kanton, die wie erwähnt knapp 9,3 Millionen Franken ausmachen dürften – was rund einem Drittel der Gesamtinvestitionen entspricht – will sich die Stadt Langenthal nicht entgehen lassen.

Vier Themenblöcke, vier Lose
Doch was soll mit der Verkehrslösung Langenthal überhaupt bezweckt werden? Kurz gesagt: Es geht darum, den Verkehrsfluss zu optimieren, die Innenstadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten, die Sicherheit für alle zu erhöhen und das Zufussgehen sowie das Bus- und Velofahren attraktiver zu machen. Diese Ziele verfolgt die Stadt Langenthal mit dem Agglomerationsprogramm (3. Generation) und dem Buslinienkonzept. Unter «Verkehrslösung Langenthal» kann sich unsereiner jedoch weitaus mehr vorstellen, weshalb die Teilprojekte des Gesamtvorhabens nun unter diesem etwas griffigeren Projekttitel laufen.
Flüssiger, besser, sicherer – dieses Ziel will die Stadt mit vier Themenblöcken erreichen (Zentrum, Verkehrsführende Achsen, Langsamverkehr und Öffentlicher Verkehr). Diese Themenblöcke bilden die vier Lose, in denen die angesprochenen sieben Teilprojekte bearbeitet werden. Nachfolgend eine Übersicht zum Stand der Teilprojekte, deren Tragweite und geografischer Wirkungskreis auch aus der abgebildeten Grafik hervorgeht.

Los 1: Zentrum
Das Ziel dieses Loses ist die Entlastung, Umgestaltung und Aufwertung der Innenstadt. Zwei Teilprojekte sind in diesem Los enthalten. Bei Teilprojekt 3 geht es um die Neugestaltung des Verkehrs- und Temporegimes im Bereich des südlichen Bahnhofareals (Bahnhofstrasse/Eisenbahnstrasse). Das Betriebs- und Gestaltungskonzept wurde abgeschlossen und vom Gemeinderat im Sommer 2023 verabschiedet. Das Vorprojekt befindet sich in der Erarbeitung. Bei Teilprojekt 4 geht es ebenfalls um die Neugestaltung des Verkehrs- und Temporegimes, diesmal mit Fokus aufs Stadtzentrum. In diesem Zusammenhang wird auch die Neugestaltung des Dästerplatzes geplant. Das Betriebs- und Gestaltungskonzept zur Bahnhof- und St.Urbanstrasse wurde abgeschlossen und im Sommer 2023 vom Gemeinderat verabschiedet. Das entsprechende Vorprojekt befindet sich in der Erarbeitung. Für den Dästerplatz wird noch in diesem Jahr ein Workshopverfahren durchgeführt.

Los 2: Verkehrsführende Achsen
Im Rahmen dieses Loses soll der motorisierte Verkehr konzentriert und verträglich gestaltet werden. Die Rede ist von zwei Teilprojekten. Teilprojekt 1 sieht die Neugestaltung des Strassenraums im Bereich der wichtigen verkehrsführenden Hasenmattstrasse vor. Das Vorprojekt wurde abgeschlossen und vom Gemeinderat verabschiedet. Dem Stadtrat wurde im Sommer 2023 eine Kreditvorlage zur Projektierung vorgelegt, die das Parlament guthiess. Teilprojekt 5 sieht derweil die Neugestaltung von Verkehrsknoten auf der Lotzwilstrasse vor. Gemeint ist der verkehrsrelevante Abschnitt zwischen Löwenpost und Kreisel Ringstrasse/Thunstettenstrasse. Das entsprechende Betriebs- und Gestaltungskonzept befindet sich in der Erarbeitung.

Los 3: Langsamverkehr
Die beiden Teilprojekte dieses Loses zielen darauf ab, den Langsamverkehr sicherer und direkter zu gestalten. Bei Teilprojekt 2 geht es um eine neue Fuss- und Veloverbindung im Bereich Bäregg. Hier soll der Langsamverkehr künftig vom Bahnhof, wo derzeit an einer breiteren Fuss- und Velopassage gearbeitet wird, direkt in schräger Linie zur Strassenkreuzung beim Coop Bäregg/Aarwangenstrasse geleitet werden. Dafür will sich die Stadt den bestehenden Hochwasserentlastungskanal zunutze machen und diesen mit einer Fahr- und Gehspur für den Langsamverkehr überdecken. Das entsprechende Betriebs- und Gestaltungskonzept wurde abgeschlossen und im Sommer 2023 vom Gemeinderat verabschiedet. Das Vorprojekt befindet sich in der Erarbeitung. Teilprojekt 7 sieht derweil eine Neugestaltung des Verkehrs- und Temporegimes im Bereich Eisenbahnstrasse/Dennliweg vor. Das Betriebs- und Gestaltungskonzept wird derzeit erarbeitet.

Los 4: Öffentlicher Verkehr
Im Rahmen dieses Loses wird schliesslich noch Teilprojekt 6 gelistet, das die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) vorsieht und eine neue Buslinienführung sowie neue, barrierefreie Bushaltestellen beinhaltet. Das Vorprojekt wurde abgeschlossen und vom Gemeinderat verabschiedet. Dem Stadtrat soll noch dieses Jahr eine Kreditvorlage zur Projektierung vorgelegt werden. Zu Teilprojekt 6 fand letzte Woche eine Informationsveranstaltung statt.

Neue Buslinienführungen
Diese öffentliche Infoveranstaltung stiess auf ein unerwartet grosses Interesse: Um die 60 Bürgerinnen und Bürger besuchten den Anlass und liessen sich im Saal der Alten Mühle aus erster Hand über den aktuellen Stand des Teilprojekts orientieren. Der interessierten Bevölkerung wurde mitgeteilt, dass insgesamt zehn Bushaltestellen im Stadtnetz behindertengerecht umgebaut beziehungsweise neu erstellt werden sollen. Um welche es sich handelt, geht aus der Grafik hervor (überall, wo die Nummer sechs vermerkt ist). Ausserdem soll der Verkehrsknoten im Bereich Talstrasse/Schorenstrasse umgebaut und grosszügiger gestaltet werden (Bild unten links).
Bekannt wurde an der Infoveranstaltung auch, dass die Linien der Buslinien 52 und 64 neu geführt werden sollen. Auffallend ist dabei vor allem die neue Linienführung via Schoren, Dorfgasse und Schorenstrasse. Das Schoren-Quartier verliert die Erschliessung via Linie 64 und somit auch den Halbstundentakt, wird künftig jedoch komplett via Linie 52 erschlossen, die heute nur im oberen Teil von Schoren bis zur Eishalle verkehrt. Linie 52 führt also in Zukunft via Schorenstrasse ins Zentrum, was ein Novum ist und doch die eine oder andere Herausforderungen mit sich bringt, wie an der Infoveranstaltung auskam.

Auf der Schorenstrasse wird es eng
Debattiert wurde etwa darüber, inwieweit es sinnvoll und praktikabel ist, die Busse künftig an der Heilpädagogischen Schule (hps) vorbeizuführen, wo täglich zahlreiche Wendemanöver von hps-Shuttlebussen vollzogen werden und dementsprechend viele Schülerinnen und Schüler ein- und aussteigen. Gewisse Bedenken scheint indessen auch die Situation bei der Schulhausgarage auszulösen, wo sich anliefernde LKWs, die der Mercedes-Garage beispielsweise neue Fahrzeuge bringen, mit den vorbeifahrenden Bussen der Aare Seeland mobil (asm) in die Quere kommen könnten.

«Es gibt Gewinner und Verlierer»
An Stehtischen, über Pläne und Dokumente gebeugt, diskutierten die von den Massnahmen betroffenen Anwohnenden und Liegenschaftsbesitzenden mit den Experten der Stadt sowie mit den Verkehrsplanenden der Busbetreiberin asm. Bestehende Bedenken wurden dabei entweder direkt ausgeräumt oder notiert, um dafür im Nachgang Lösungen zu finden. «Bei solchen Prozessen gibt es immer Gewinner und Verlierer», sagte asm-Verkehrsplaner Heinrich Matter, der sich über das rege Interesse am Infoanlass ebenso freute wie Langenthals Stadtpräsident Reto Müller sowie Pierre Masson, der in seiner Rolle als Gesamtprojektleiter sowie als Leiter des städtischen Fachbereichs Tiefbau & Umwelt vor Ort war und den interessierten Personen Fragen beantwortete.

Von Patrick Jordi