• Im Jahre 2004 genossen Schulkinder noch das Hallenbad im Forum. Spätestens Ende Jahr ist Schluss damit. · Archivbild: Thomas Peter

  • Forum-Verwaltungsratspräsident Hans Grunder. · Bild: Thomas Peter

  • Fritz Kohler hofft auf die Solidarität der umliegenden Gemeinden. · Bild: Thomas Peter

23.09.2022
Emmental

Forum zieht dem Hallenbad den Stöpsel

Der Verwaltungsrat der Forum Sumiswald AG will das massiv defizitäre Hallenbad so schnell als möglich schliessen. Spätestens Ende Jahr ist fertig mit «badelustig». Schon jetzt beläuft sich das jährliche Minus bis 400 000 Franken. Mit der Strompreisexplosion werden für das nächste Jahr Zusatzkosten von bis zu zwei Millionen Franken erwartet. 12 bis 15 Angestellte erhalten bis Ende September die Kündigung. Nach dem Willen des Verwaltungsrates sollen die Gemeinden das Hallenbad übernehmen, sanieren und in drei Jahren wieder eröffnen.

Sumiswald · «Ein Hallenbad, das auf dem Sterbebett liegt, wird man nie mehr in Betrieb nehmen.» Ein bedrückter Forum-Verwaltungsratspräsident Hans Grunder beschönigte am Dienstag an der Medienorientierung nichts, rein gar nichts: «Einen Weiterbetrieb können wir nicht verantworten.» Deshalb hat der Verwaltungsrat die Reissleine gezogen und schliesst das Hallenbad spätestens Ende Jahr. 12 bis 15 der insgesamt rund 50 Angestellten (ohne Restauration) erhalten in diesen Tagen die Kündigung und wurden am Dienstag entsprechend informiert. «Da sind auch Menschen darunter, die es im normalen Arbeitsmarkt schwer haben, eine Stelle zu finden. Das tut enorm weh», bedauert Hans Grunder.

Kein Kostendeckender Betrieb
Mit seinen bald 50 Betriebsjahren ist das Hallenbad komplett sanierungsbedürftig. Das privatwirtschaftlich betriebene Forum konnte in den vergangenen Jahren den Unterhalt und Betrieb nie kostendeckend führen. Damit stehe das Forum längst nicht alleine da. Auch andere Hallenbäder in der Schweiz mit den durchschnittlich zu tief angesetzten Eintrittspreisen würden weder rentieren noch ihren laufenden Unterhalt genügend decken. Der externe Berater Rainer Gilg von der Firma BPM Sports GmbH brachte es an der Medienkonferenz zahlenmässig auf den Punkt: Im Jahr 2021 wurden beim Forum-Hallenbad in 3500 Betriebsstunden 40 000 Eintritte verzeichnet. Eine Betriebsstunde kostet 160 Franken, der durchschnittliche Eintrittspreis beträgt 3.75 Franken. Bei 210 000 Franken Einnahmen beträgt das jährliche Defizit 300 000 Franken, 150 000 Franken hat jeweils die Gemeinde Sumis-wald übernommen. So weist auch das Hallenbad einen Deckungsgrad von rund 54 Prozent aus. Es vergehe praktisch keine Woche, in der nicht kleinere und grössere Schäden oder Ausfälle zu bewerkstelligen sind. Im ersten halben Jahr entstanden bereits Schäden und Reparaturen von über 250 000 Franken. «Je mehr Gäste das Hallenbad nutzen, desto grösser wird das Defizit», so Rainer Gilg.

Strompreisexplosion besiegelt Aus
Bis anhin habe man den Betrieb aufrecht erhalten, auch dank des 800 000 Franken-Überbrückungskredites der Gemeinde Sumiswald. Doch angesichts der in diesem Ausmass kaum vorstellbaren Explosionen der Strompreise, könne der Betrieb für nächstes Jahr nicht mehr gewährleistet werden. Da das Forum mit einem Wärmepumpensystem ausgerüstet sei, könne man nicht mit Öl heizen, sondern brauche Strom, sehr viel Strom. Im laufenden Jahr habe der Verbrauch von über einem Gigawatt Stromkosten von rund 200 000 Franken verursacht. «Bei einem Verbrauch über 100 000 Kilowatt muss man den Strom auf dem freien Markt einkaufen. Wir sind in einem Pool und führen jedes Jahr Vertragsverhandlungen», so Grunder. Bisher habe man 6.40 Rappen pro Kilowatt (ohne Netzentgelt) bezahlt. Für einen Teil des Jahres 2023 liege der ausgehandelte Preis auf über 40 Rappen und ab Mitte Jahr bei 74.34 Rappen. Das ergebe Stromkosten von rund 1,5 Millionen Franken, rechnete Rainer Gilg vor. Und die zwar noch vagen Prognosen liessen für 2024 keine Wende der Entwicklung erhoffen.

Kein Schulschwimmen mehr
«Wir sind gezwungen, das Hallenbad auf Ende Jahr zu schliessen. Und es wird nicht mehr aufgehen, bis es saniert ist», machte Hans Grunde klar. Das bedeute aber auch für die Gemeinden, dass ab nächstem Jahr das Schulschwimmen nicht mehr stattfinden kann. Auch die umliegenden Hallenbäder von Lützelflüh, Burgdorf oder Langnau hätten keine Kapazität, das Schulschwimmen zu übernehmen. «Vielleicht müssen die Schulen das Schwimmen auf den Sommer verlegen, doch auch die Freibäder haben ihre Grenzen.»

Gemeinden sollen Hallenbad kaufen
Im weiteren hält der Verwaltungsrat fest, «dass die Aufgaben und die Leistung, wie sie das Hallenbad Sumiswald erbringt, zu einem beträchtlichen Teil Aufgaben der öffentlichen Hand sind oder anders gesagt zum Service Public gehören.» Das Forum Sumiswald sei aber eine Aktiengesellschaft in privater Hand. Deshalb schlägt der Verwaltungsrat vor, dass die Gemeinden im mittleren Emmental/Oberaargau prüfen, das Hallenbad zu übernehmen und es so komplett aus dem Forum zu «entflechten». «Wir wollen nicht entscheiden, ob die Gemeinden noch ein Hallenbad haben dürfen, das wäre anmassend», betonte Hans Grunder. So habe man am Montagabend Vertreter von 15 Gemeinden eingeladen und darüber orientiert. Dem Verwaltungsrat schwebt vor, dass Gemeinden, bei denen mindestens 40 Prozent der Bevölkerung das Hallenbad nutzen, sich beteiligen, so Rainer Gilg. «Wir hatten den Eindruck, dass das Verständnis unter den Behörden recht gross ist», zeigte sich Hans Grunder zuversichtlich.

Abstimmungen im Herbst 2023?
Zunächst gelte es aber, abzuschätzen, wie hoch die Sanierungskosten effektiv sein würden. Dabei würde auch ein Neubau als Variante miteinbezogen. Im Jahre 2016 habe man bereits einmal eine Bestandesaufnahme vorgenommen mit Sanierungskosten in der Höhe von 9 bis 10 Millionen Franken, bei einer Kostenbeteiligung des Kantons von maximal 900 000 Franken. Angesichts der Preisentwicklung der letzten Zeit rechne man mit 11 Millionen Franken, so Rainer Gilg. Exakte Zahlen soll ein Vorprojekt liefern, das gut 250 000 Franken kosten werde. Dieser Betrag liege in der Finanzkompetenz der Gemeinderäte, erklärte Hans Grunder. Er rechnet mit einem Entscheid der einzelnen Behörden bis Ende Jahr. Danach könnte das Vorprojekt in Angriff genommen und an den Gemeindeversammlungen im Herbst 2023 darüber abgestimmt werden. Im gleichen Herbst sollte dann die Gründung des Trägerverbandes erfolgen. Baubeginn wäre Ende 2024 und Inbetriebnahme 2025 oder 2026.
«Wenn mindestens 50 Prozent des Kreditbetrages durch die befürwortenden Gemeinden erreicht wird, dann können wir das Projekt angehen», erklärte Sumiswalds Gemeinde-präsident Fritz Kohler. Einem Alleingang von Sumis-wald stehen er und Gemeinderat Bernhard Stucki (beide im Verwaltungsrat) skeptisch gegenüber. Stucki: «Ich glaube nicht, dass die Gemeindeversammlung dem Zustimmen wird, wenn Sumiswald alles alleine tragen muss. Sumiswald hat schon viel Geld hineingesteckt. Und in finanzielle Schieflage geraten, das will niemand.» Und Fritz Kohler ergänzt: «Bereits im Jahre 2020 wurden wir vom damaligen Verwaltungsrat angefragt, ob Sumis-wald das Forum übernehmen kann. Das war für uns nicht möglich. Wenn wir die Solidarität der umliegenden Gemeinden spüren, ist die Akzeptanz sicher höher. Ich habe den Eindruck, dass die Behörden den Bedarf erkannt haben.» Gleichwohl weist Koh-ler nicht von der Hand, dass er mit gewissem Gegenwind rechnet.
Für das jetzige Hallenbad selbst müssten die Gemeinden natürlich nichts bezahlen, erklärte Hans Grunder auf Anfrage. Da gebe es höchstens einen symbolischen Betrag von einem Franken. Doch wie gross sind Erfolgsaussichten? «Es kommt ganz darauf an, wie wichtig den Gemeinden der Erhalt des Hallenbades für ihre Bevölkerung ist. Das können und wollen nicht wir entscheiden», erklärte der Verwal-tungs-rats-präsident. Hat er jemals bereut, diese Aufgabe zu übernehmen? «Wenn wir gewusst hätten, was wirklich auf uns zukommt, dann hätten wir uns das sicher mehr als zwei Mal überlegt», gesteht er. Weil man hier nur verlieren kann? «Ja, das ist so.»

Zukunft weiterer Zweige offen
Wie es mit den anderen Betriebszweigen weitergeht, hängt für den diesbezüglich zuversichtlichen Verwaltungsrat von verschiedenen Faktoren ab, und ist offen. «Der Verwaltungsrat kommt in diesem Bereich zum Schluss, dass das Kerngeschäft Hotelbetrieb mit den vielfältigen Angeboten für Gruppen, Sportorganisationen und so weiter Zukunftspotenzial hat.» Da die betrieblichen und vor allem energetischen Verflechtungen mit dem Hallenbad sehr komplex seien, werde gegenwärtig intensiv abgeklärt, ob die Weiterführung der übrigen Betriebszweige tragbar sei, insbesondere, weil auch hier die Strompreisentwicklung einen grossen Einfluss haben könne. Sollten die Abklärungen ergeben, dass der Strombedarf der übrigen Betriebszweige 40 bis 50 Prozent des aktuellen Gesamtbedarfes ausmache, dann müsse man auch hier über die Bücher.

Geschäftsführerin verlässt Forum
«Stephanie Tschäppät, Vorsitzende der Geschäftsleitung, hat auf Grund der Situation rund um das Hallenbad entschieden, sich beruflich neu zu orientieren. Sie verlässt das Forum per Ende November», erklärt der Verwaltungsrat. «Die Geschäftsleitung wird ab sofort von unserem externen Berater Rainer Gilg von der Firma BPM Sports GmbH unterstützt.»
Per Ende August hat zudem Monika Weibel ihren Rücktritt aus dem Verwaltungsrat erklärt. «Durch ihre berufliche Veränderung als neue Schulleiterin der Schulen in Signau, wo ebenfalls grosse Baupro-jekte anstehen, sieht sie sich ausser Stande, auch noch das Mandat im Verwaltungsrat gewissenhaft ausführen zu können», erklärt der Verwaltungsrat.

Von Thomas Peter