• Ein Hauch von Wildwest (zumindest optisch): Ferien in der Toscana.

  • Ein besonders abenteuerlustiges Gespann: Fredy Meyer und Brigitta Hunziker.

  • Fredy Meyer in Bregenz, an einem Fahrturnier in der Marathon-Prüfung mit Piccola.

  • Auch das hat seinen besonderen Reiz und verlangt viel Fingerspitzengefühl: Unterwegs mit dem Sechsspänner.

  • Fredy Meyer in jungen Jahren, mit einer Fohlen-Handaufzucht. · Bilder: zvg

  • Mit der Vollblutaraber-Stute Shylaa holte Fredy Meyer in Genf an der Schweizer Meisterschaft den 3. Rang.

  • Die Reise in Italien führte auch am Schiefen Turm von Pisa vorbei.

02.05.2023
Emmental

Fredy Meyer: Tausendsassa und Pferdefreund

Fredy Meyer kann man sehr wohl als vielseitig interessierten Pferdemenschen beschreiben. Er war gesamthaft zweieinhalb Jahre mit Pferden in halb Europa unterwegs, dazu kommen unzählige Reit- und Fahr-Kilometer in der Schweiz. Auch bestritt er Distanzrennen, fühlte sich in mehreren Pferdesport-Disziplinen zu Hause und war als Trainer und Funktionär präsent. Seine Erlebnisse würden Bücher füllen.

Sumiswald · Fredy Meyer ist mit einem Bruder und zwei Schwestern in Obersteckholz aufgewachsen und bekam durch seinen Vater das Pferde-Gen in die Wiege gelegt. Denn der Landwirt setzte seine Freiberger für den Ackerbau und das Holzrücken ein und Sohn Fredy packte als Bub tatkräftig mit an. «Wenn ich mit meinem Vater ausgeritten bin, hiess es immer, halt dich an der Mähne fest, denn wir hatten nur einen Sattel und den nahm mein Vater», schmunzelt der 63-Jährige, welcher heute mit seiner Lebenspartnerin Brigitta Hunziker im bernischen Sumiswald lebt, über seine Reitanfänge.
Als er die achte Schulklasse besuchte, packte ihn erstmalig das Reisefieber mit dem Pferd und er ritt kurzerhand mit einem Kollegen auf Vaters Pferden auf den Napf, war drei Tage unterwegs. Als 17-Jähriger schaffte sich Fredy Meyer mit seinem Lehrlingslohn das erste eigene Pferd an, eine englische Vollblut-Stute namens Freya. Mitte 20 begann er noch die Metallbauer-Lehre und verreiste gleich nach deren Abschluss für ein Jahr nach Kanada, wo er auf einer Ranch, aber auch in der Industrie Arbeit fand. Eigentlich hatte Fredy Meyer vorgehabt, in Kanada eine längere Reise hoch zu Ross anzugehen, was aber aus Visa-Gründen scheiterte, und so setzte er seinen Plan in der Schweiz um.

Einjähriger Ritt nach Gibraltar und zurück
Auf einer fünfjährigen CH Warmblut-Stute namens Quadrina, die seinem Vater gehörte, ritt der 25-jährige Abenteurer im Jahr 1985 ohne Plan und grosse Vorbereitung drauflos. Richtung Frankreich, dann Spanien und über die Mittelmeerseite bis Gibraltar. «Ordonnanz-Satteltaschen und ein Schlafsack sowie der Foto-Apparat waren dabei. Mein Motto war, Dinge einzupacken, die ich für zwei Sachen brauchen kann. Wie die Pfanne, die ich zum Pferdetränken und Kochen einsetzte. Oder ein Seil, das ich für das Wasser holen aus dem Zugbrunnen und das Anbinden des Pferdes gebrauchen konnte», erklärt Fredy Meyer und kramt eine grosse Kiste voll mit Landkarten hervor, wo die Routen, Halte und Übernachtungen im Nachhinein eingezeichnet wurden. Er wusste damals nie, wo er am nächsten Tag sein würde, und er machte sich auch keine grossen Sorgen über etwaige Sprach-Barrieren: «Wenn man 15 Wörter kennt, welche zum Thema Reisen mit Pferd passen, kann man sich bereits irgendwie verständigen.»

Der Weg ist das Ziel
Fast immer übernachtete er draussen und alleine mit seinem Pferd. Dem Reiter ging es nie um Zeit oder eine gewisse Strecke, denn der Weg war das Ziel. War das Kartenmaterial unbrauchbar, ritt der Abenteurer manchmal auch kurzerhand nach Kompass oder Sonnenstand. «An der Algarve habe ich eine Ziege gekauft, damit Quadrina etwas zu ‹bemuttern› hatte und der Plan ging auf, die beiden wurden ein Herz und eine Seele. An der Grenze zu Spanien bereitete mir die anstehende Quarantäne der Ziege etwas Sorgen, aber der Zöllner stempelte das Carnet, gab der Ziege etwas Zucker und gut war es.» Von Spanien ging es via Frankreich zurück in die Schweiz und die Ziege bezog ihr neues Daheim, wurde 16 Jahre alt.

Mit zwei Pferden in die Türkei
Fredy Meyer stellte einen weiteren Wagen in Eigenregie her und kaufte sich einen Polenwallach sowie ein CH Warmblut, machte sich auf Richtung Istanbul, dem südöstlichster Punkt Europas. Brigitta Hunziker begleitete ihn die ersten drei Monate. Der Donau entlang durch Österreich und Ungarn nach Jugoslawien und weiter über Griechenland in die Türkei. Eine vielschichtige, knapp acht Monate dauernde Tour durch schöne Gegenden und gesäumt von speziellen Erlebnissen. Die dritte, grössere Reise führte Fredy Meyer und Brigitta Hunziker für drei Monate nach Italien, wo sie im Jahr 1995 via Gotthard, Milano, Pisa und Siena nach Rom fuhren mit der Araber-Stute Shylaa und dem Arabermix-Wallach Raptan.

In fast allen Disziplinen zu Hause
Aber nicht nur auf seinen Reisen durch Europa war Fredy Meyer stets um Pferde herum. Denn der vielseitig interessierte Pferdemensch hat an Distanzrennen im In- und Ausland rund 3000 Renn-Kilometer gemeistert, war mit dem Schweizer Team an der EM wie auch an der WM dabei. Nebst Spring-Lizenz und dem Titel als Vereinstrainer hat er Schleifen geholt an Dressur- und Spring-Prüfungen, bekleidete Vorstands-Ämter in Reit- und Fahrvereinen. Denn parallel zum Reiten hat ihn auch die Fahrkunst fasziniert und so war Fredy Meyer mit eigenen Pferden einspännig an Fahrturnieren, auch im Ausland, wie zum Beispiel in Slowenien: «Shylaa war wohl der erste Vollblutaraber, der an der Schweizer Meisterschaft Fahren eine Medaille geholt hat», schmunzelt der Rösseler und ergänzt, dass er im Fahren auch die Ämter als Dressur-Richter, Parcoursbauer und Jurypräsident ausgeführt hat. Reiterlich hat ihn am meisten das Centered Riding (das Reiten aus der Körpermitte) weitergebracht und hier hat er die Instruktor-Ausbildung absolviert. Unzählige Kurse und Reitunterricht in verschiedenen Sparten wie auch Fahrtrainings wurden durch Fredy Meyer geleitet.

Weitere Reisepläne sind geschmiedet
Nebst den Weiterbildungen in den Vereinen erteilte er später häufig Einzelunterricht «an Leute, die dem Pferd etwas Gutes tun und möglichst viel von der Hand wegkommen wollen. Ich bin ein Verfechter des vom Körper aus arbeiten. Kraft bringt nichts, Gleichgewicht ist wichtig und die Bewegung des Pferdes unterstützen. Das Pferd soll laufen, der Mensch dessen Bewegung wahrnehmen, die guten Bewegungen unterstützen und bei den Bewegungen, die er nicht mag, nur passiv mitgehen, nicht blockieren, das ist mein Motto», betont Fredy Meyer, welcher früher eine Zeit lang dem Tauchen frönte und seit einigen Jahren ein passionierter Gleitschirm-Pilot ist. Er ist fast jeden Tag am Reiten oder Fahren. Auch an einem neuen Bockwägeli arbeitet der Tüftler, inklusive Standheizung und Bett, alles ist bis ins kleinste Detail geplant. Die nächste Reise steht an und soll im April 2025 losgehen via Frankreich, England und Irland nach Schottland, mit ziemlich vielen Überfahrten auf Fähren, was aber für Fredy Meyer und seine Pferde kein Problem darstellt. Denn der Araber-Schimmel Mayuk und der braune Mix aus Italien namens Paul werden dies sicherlich gut meistern.

Von Karin Rohrer