• Fritz Graber beendet seine Dirigenten-Karriere in Ochlenberg nach 33 Jahren. · Bilder: Marianne Ruch

  • Der alte und der neue Dirigent. Fritz Graber übergibt Jakob Kulke (rechts) den Dirigentenstab für den Brass Band Posaunenchor Ochlenberg.

03.02.2023
Oberaargau

Fritz Graber übergibt den Dirigentenstab

1990 hat Fritz Graber den Dirigentenstab des Brass Band Posaunenchors Ochlenberg von seinem Vater übernommen. Als Dirigent, Musiklehrer und zuständig für die Jugendförderung hat er viele Menschen auf ihrem Lebensweg, nicht nur musikalisch, begleiten dürfen. Ein Geschenk, wie er sagt. Nun, nach 33 Jahren, sei die Zeit gekommen, die Leitung nach den bevorstehenden Konzerten des Posaunenchors an Jakob Kulke zu übergeben.

Olchenberg · Die Musik hatte in Fritz Grabers Familie stets einen sehr hohen Stellenwert, und seine Musikkarriere startete er als Elfjähriger mit der kleinen Trommel im Brass Band Posaunenchor Ochlen­berg. Die Leitung als Dirigent hatte damals sein Vater, Christian Graber, inne. Später stieg Fritz Graber auf das Cornet um, welches ihn bis heute begleitet. Im Militär bot sich ihm die Gelegenheit, als Trompeter bei der Militärmusik mitzuspielen. Drei Jahre spielte er ebenfalls bei der Brass Band Berner Oberland mit.
Während dieser Zeit ergab es sich, dass er auch unter einigen ausländischen Dirigenten spielen durfte, was für ihn sehr spannend und inspirierend war. Auch die Teilnahme an diversen Solisten-Wettbewerben war ein wertvoller Bestandteil seiner musikalischen Entwicklung. 1990 übernahm er die Leitung des Brass Band Posaunenchors Ochlenberg. In dieser Zeit war er am Konservatorium in Luzern berufsbegleitend in Ausbildung zum Blasmusikdirigenten, die er im Februar 1993 abschliessen konnte.
Bei der Musikschule Burgdorf ist er als externer Musiklehrer angestellt: «Es ist für mich ein grosses Geschenk, dass ich mein Hobby auch als Nebenerwerb nutzen darf.» Über all die Jahre schlug sein Herz stets für die Jugendförderung. So begleitete er viele Kinder und Jugendliche ein Stück auf ihrem Lebensweg. Ein grosser Teil der Mitglieder des Posaunenchors besuchte denn auch Einzelunterricht bei ihm. «Es war immer sehr schön zu erleben, was aus den Kindern geworden ist, sie vom ersten Ton an zu begleiten und zu sehen, welchen Weg sie gingen», erzählt Fritz Graber mit leuchtenden Augen. Die Nachwuchsförderung wird er nach wie betreuen sowie auch als Musiklehrer weiterarbeiten.

Lebensinhalt Musik
In all den Jahren als Musiklehrer führte er zu Hause einen 20 Hektar grossen Landwirtschaftsbetrieb mit 20 Milchkühen. «Ich war zeitweise an bis zu drei Nachmittagen als Musiklehrer unterwegs, im Moment ist es ein Nachmittag in der Woche. Meine liebe Frau und meine ganze Familie unterstützen mich stets und versorgen die Tiere und bewirtschaften den Hof, wenn ich nicht anwesend bin. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin meiner ganzen Familie unendlich dankbar, dass ich meinen Traum mit der Musik leben kann», sagt er dankbar und gerührt. So viel ihm die Musik auch bedeutet, «nur» Musiklehrer wollte er nicht sein, das wäre für ihn zu einseitig gewesen. Und so war und ist die Landwirtschaft für ihn ebenso wichtig.
Für Fritz Graber war und ist die Musik ein Lebensinhalt. «Wenn man die Gabe und die Leidenschaft für etwas erhält, ist das sehr speziell. Ich liebe es, Empfindungen und Gefühle in der Musik auszudrücken. Als christlicher Verein ist auch unsere Literatur entsprechend geprägt. Die wertvollen Texte und Inhalte durch die Musik wiederzugeben, ist für mich etwas ganz Besonderes.»
«Fritz begeisterte uns alle, seine Leidenschaft war stets spürbar und diese übertrug sich auf die anderen. Genau das hat ihn ausgemacht», schwärmt Matthias Krähenbühl, Co-Präsident des Posaunenchores. Fritz Graber ist sein Onkel und Patenonkel. «Mein Götti hat den Posaunenchor geprägt und uns in unserer musikalischen und persönlichen Entwicklung weitergebracht. Wir durften viele emotionale und unvergessliche Momente mit ihm erleben», fährt Krähenbühl dankbar fort. Die Musik begleitet ebenfalls seine Frau und ihre drei gemeinsamen Kinder. Alle spielten einige Zeit im Posaunenchor mit. Die Kinder sind erwachsen und verheiratet und haben sich musikalisch in eine andere Richtung weiterentwickelt. Dennoch spielt die Musik eine wichtige Rolle im Leben der ganzen Familie.

Abschluss mit Konzerten
Nun ist der Moment für Fritz Graber gekommen, die Leitung abzugeben. Der 57-Jährige sagt: «Ich spürte, jetzt ist der Moment gekommen, die musikalische Leitung weiterzugeben. Es passt einfach und stimmt für mich. Und ich freue mich sehr, die Leitung an Jakob Kulke weiterzugeben.» Bei den bevorstehenden Konzerten im Februar werden Fritz Graber und Jakob Kulke zusammen ein Duett auf dem Cornet spielen, worauf sich beide sehr freuen. «Mit den Konzerten darf ich noch etwas Besonderes erleben. Es wird sicherlich emotional sein für mich. Und wie es sich danach anfühlen wird, kann ich noch nicht beurteilen. Ich werde einfach die Momente geniessen.»
Für den Posaunenchor wünscht er sich, dass der Chor die Freude und Begeisterung an der Musik weiter erleben darf. «Ich selbst mache im Moment eine Pause und spiele auch nicht mehr im Chor mit. Das ist eine bewusste Entscheidung. Denn es ist für einen neuen Dirigenten nicht von Vorteil, wenn der alte noch im Chor mitwirkt. Wenn er oder der Verein mich aber brauchen, auf welche Art und Weise auch immer, bin ich für sie da», erklärt Fritz Graber. Er freut sich auf die Zukunft und ist gespannt, wie seine musikalische Laufbahn weitergeht. Auch darauf, Zeit zu haben für die Familie und Beziehungen mit Freunden zu pflegen. Und natürlich seinen Landwirtschaftsbetrieb mit viel Leidenschaft und Freude weiterzuführen.

Jakob Kulke übernimmt den Dirigenten-Stab
Bei Fritz Graber entstand die Idee, Jakob Kulke als Nachfolger anzufragen. Durch ihr beidiges Engagement bei der Musikschule Langenthal hatten sie verschiedene Berührungspunkte. Die Idee von Fritz Graber fand auch beim Vorstand Anklang. Nach erster Kontaktaufnahme zwischen ihm und Jakob Kulke fand schon bald ein gegenseitiges Kennenlernen statt. «Für mich war es nicht einfach ein Ja. Ich wusste, eines Tages würde ich gerne eine Formation dirigieren, doch ich hatte es nicht schon für jetzt im Sinn. Nach reiflicher Überlegung entschloss ich mich dann aber doch dafür, irgendetwas in mir hatte sich geändert. Nun ist es mir eine grosse Ehre, in die grossen Fussstapfen von Fritz Graber, einem sehr besonderen Dirigenten, treten zu dürfen», erzählt der 26-Jährige. Ein zentrales Element werde ausgewechselt und er sei gespannt, wie es für ihn und den gesamten Chor weitergehen werde. Die Mitglieder des Brass Band Posaunenchors wählten den jungen Musiker mit Überzeugung zu ihrem neuen Dirigenten.
Jakob Kulke stammt ursprünglich aus Deutschland, kam in der dritten Klasse mit seiner Familie in die Schweiz. Er hat Musik studiert, arbeitet als Klavierlehrer in Herzogenbuchsee und Lan­gen­thal. Selbst spielt er Trompete, Cornet und Klavier und ist Organist in Thunstetten und Niederbipp. Nach einem ersten Master unter anderem in Jazzklavier absolviert er momentan den zweiten Master an der Hochschule der Künste in Bern mit vier Schwerpunkten: Klassische Trompete, Jazz Trompete, Komposition und Dirigieren. Sein Dirigier-Dozent ist der in der Brass Band Szene bekannte Corsin Tuor. «In meinem Leben dreht sich eigentlich alles um die Musik, es ist mein Beruf und mein grösstes Hobby», lacht er. Dennoch geniesst er als Ausgleich das Skifahren, den Laufsport, Fussball und mit Kollegen unterwegs zu sein. Auch hat sein christlicher Glaube einen sehr hohen Stellenwert.

Von Marianne Ruch