• Der Eriswiler Imker Ruedi Kleeb stellt ein für die Jahreszeit aussergewöhnlich emsiges Treiben der Bienen fest. Die Brutaufzucht hat fast einen Monat früher begonnen als üblich. · Bild: Marion Heiniger

  • Die warmen Temperaturen des Winters verlocken die Bienen zum Ausschwärmen. Doch die Natur ist noch nicht so weit, dass sie genügend Nahrung finden. · Bild: Marion Heiniger

04.03.2020
Emmental

Frühe Bienenbrut wegen warmem Winter

Die Schweizer Bienenbestände sind aus vielerlei Gründen unter Druck. Der diesjährige warme Winter spielt dabei aber nur eine untergeordnete Rolle. Die Varroa-Milben und Futterlücken setzen der Biene zu. Imker und Naturfreunde können zur Verbesserung beitragen.

Eriswil · Ein geschäftiges Summen ist vor dem Bienenhaus von Ruedi Kleeb in Eriswil zu vernehmen. Für Februar ein nicht alltägliches Bild. Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass Bienen im Winter ausfliegen, ein solch emsiges Treiben aber doch sehr auffallend. «Warme Winter sind für Bienen kein Problem», erklärt Ruedi Kleeb, engagierter Imker seit 17 Jahren. Jedoch fangen die Bienen in milden Wintern früher als gewohnt mit der Brutaufzucht an, welche normalerweise erst Mitte oder Ende Februar beginnt.
«Dieses Jahr haben sie aber schon im Januar mit der Brut begonnen», sagt Ruedi Kleeb. Die Bienen müssen dabei im Brutnest eine konstante Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent und eine Temperatur von 35 Grad aufrechterhalten. Um dies gewährleisten zu können, brauchen die Bienen Wasser, welches sie auf ihren Ausflügen finden. Sinkt die Temperatur, wärmen die Bienen das Brutnest und bilden eine sogenannte Bruttraube. Währenddem leben sie vom Wintervorrat in den Waben und können so bei Kälte einige Wochen überstehen. «Bei Kälteeinbrüchen ist für die Bienen das Warm- und Feuchthalten der Brut das Wichtigste», erklärt Ruedi Kleeb. Problematisch werde es erst, wenn ein Kälteeinbruch länger andauert. Denn fliegen können die Bienen erst ab gut 10 Grad Aussentemperatur.

Gefährliche Varroa-Milbe
Ein weiteres Problem, das auch im Zusammenhang mit einem warmen Winter auftritt, ist die Varroa-Milbe. Denn je länger die Brutphase andauert, desto mehr können sich die unerwünschten Milben vermehren. Dadurch kann es zusätzliche Generationen von Varroa-Milben geben.
Ein Problem, mit dem sich die Imker schon länger beschäftigen müssen. Vor mehr als 35 Jahren wurde die Varroa-Milbe aus Asien eingeschleppt. «Bis unsere Bienen sich genetisch angepasst haben, braucht es wohl Hunderte von Jahren», vermutet Ruedi Kleeb. Die Varroa-Milbe ernährt sich von den heranreifenden Larven und legt Eier, aus denen sich weitere Milben entwickeln. Der Nachwuchs pflanzt sich untereinander fort. Sobald die Biene schlüpft, verlassen auch die Milben die Brutzelle. Sie setzen sich auf die Bienen und gelangen so als blinde Passagiere zu anderen Bienenvölkern.
Viele Milben in der Brut können die jungen Bienen schwächen oder aber sie schlüpfen mit Missbildungen, wie zum Beispiel mit verkümmerten Flügeln. «Ein Bienenvolk kann durch die Varroa-Milbe so geschwächt werden, dass dieses anfällig wird für Bienenkrankheiten, an denen es zu Grunde gehen kann», sagt der erfahrene Imker. Die Bekämpfung der Varroa-Milben wird unabhängig von der Witterung gemacht. Dabei ist es wichtig, dass alle Imker in einem grösseren Umkreis gleichzeitig den unliebsamen Schädling bekämpfen. «Damit können wir die Milbe zwar nicht ausrotten, aber zumindest deren Bestand so weit wie möglich eindämmen.»

Vielfältiges Futterangebot
Ein grösseres Problem als die Temperaturschwankungen im Winter und die Verbreitung der Varroa-Milbe sieht Ruedi Kleeb jedoch beim Futterangebot für die Bienen von Frühling bis Herbst. Um den Bienen genügend Pollen anbieten zu können, plädiert Ruedi Kleeb für Bienenfutterpflanzen (in der Fachsprache Trachtpflanzen genannt). Alle können in ihren Gärten oder auf den Terrassen und Balkonen Blumenmischungen, Stauden und kleine Büsche pflanzen und pflegen. Auch einheimische Heckenpflanzen sind für die Bienen von grosser Bedeutung. Vorzugsweise wählt man solche mit unterschiedlichen Blühzeiten, damit der Tisch für die Bienen während der ganzen Vegetationszeit immer reichlich gedeckt ist. Damit wird eine wichtige Grundlage zur Artenvielfalt geschaffen.

Abwechslungsreicher Weidengarten
Mitten in Huttwil, beim Weidenpavillion, ist an der Langeten bachaufwärts ein Weidengarten. Vor zehn Jahren wurden dort 28 verschiedene Weidenarten mit unterschiedlichen Blühzeiten gepflanzt. «Einige wenige Sorten haben sich in dieser Zeit stark vermehrt und dabei andere Arten verdrängt», sagt Kleeb. Um die Vielfalt wiederherzustellen, wurden die Pflanzen nun ausgelichtet und Abgestorbene entfernt. Diese werden zu gegebener Zeit wieder ersetzt (mehr Informationen finden sie unter www.weidengarten.ch). Auch in seinem privaten Garten dachte der 61-jährige Metzger an die fleissigen Honigproduzenten und setzte viele verschiedene Trachtpflanzen. Zu dieser frühen Jahreszeit blüht bereits die Kornellkirsche, auch «Tierlibaum» genannt. Für seine Bienen ein gefundenes Fressen.

Von Marion Heiniger