• Paul Gerber und seine Hündin Mira sind ein eingespieltes Team. Künftig darf er sie nicht mehr zur Baujagd einsetzen.

  • In einer kleinen Jagdhütte neben seinem Haus bewahrt Paul Gerber seine Trophäen auf.

  • Die erfahrene Terrierdame Mira hat eine feine Nase und kann nicht nur zur Fuchsjagd, sondern auch auf der Rehjagd eingesetzt werden. · Bilder: Marion Heiniger

  • Der Rotfuchs mit seinem im Winter dichtem Fell ist ein erfolgreiches Raubtier, aber auch Überträger von Krankheiten. · Bild: pexels

24.01.2023
Emmental

Fuchsbaujagd: Das Ende einer Tradition

Als sechster Kanton verbietet nun auch Bern die Baujagd auf Füchse. Eine Jagdform, die in den letzten Jahren zwar nur noch selten ausgeübt wurde, für jene Jäger aber, welche sie noch aktiv betrieben, geht damit eine geliebte Tradition zu Ende. Der «Unter-Emmentaler» hat bei Paul Gerber aus Grünenmatt, einem erfahrenen Jäger, nachgefragt.

Nach den Kantonen Thurgau, Baselland, Zürich, Waadt, Genf (generelles Jagdverbot) hat nun auch der Kanton Bern der Fuchsbaujagd einen Riegel vorgeschoben. Mit 79 zu 64 Stimmen hatte der Grosse Rat im September 2021 einer Motion zugestimmt. Offiziell tritt das Verbot der Baujagd mit der Revision der Jagdverordnung am 1. März 2023 in Kraft. Die zuständige Behörde kann jedoch noch Ausnahmen bewilligen.
Bei der Baujagd werden sogenannte Bodenhunde, also Dackel und kleinere Terrier-Rassen, eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es, den Fuchs aus dem Bau zu treiben. Vor den meist verschiedenen Aus- und Eingängen warten Jäger, um den Fuchs fachgerecht zu erlegen. Jagdgegner und Tierschützer argumentierten, dass die Baujagd grausam sei, da die Füchse dabei einem enormen Stress ausgesetzt würden. Für die Jäger jedoch, welche diese Jagdform bisher aktiv ausgeübt hatten, geht ein Stück lieb gewonnene Tradition verloren. Fakt ist, dass die Fuchsbaujagd im Kanton Bern nur noch selten ausgeführt wurde. Dies bestätigt auch Paul Gerber aus Grünenmatt. Seit 1978 geht der leidenschaftliche Jäger und erfahrene Hundeführer auf die Jagd, hat seither kein Jahr ausgelassen. Ebenso lange übte er auch die Baujagd mit gut ausgebildeten Bodenhunden aus. «In unserer Jagdgruppe wurde bisher die Baujagd noch aktiv betrieben, doch es gibt auch Jäger, die ihre Bodenhunde nicht mehr für die Baujagd, sondern für die Jagd über dem Boden einsetzen.»

Tiergerechte Jagd
Für Paul Gerber war es immer wichtig, die Baujagd tierschutzgerecht auszuüben. Lange bevor es das Jagdgesetz vorschrieb, hatte er schon einige für ihn massgebende Punkte strikte eingehalten. So rüstete er seine Hunde schon früh mit Ortungssendern aus, setzte nur noch einen statt zwei Bodenhunde bei der Baujagd ein und hatte noch nie Treibschüsse direkt in den Bau abgegeben. Für die Baujagd hat Paul Gerber immer die ruhigeren Hunde den aggressiveren vorgezogen. «Es braucht eine gewisse Intelligenz des Hundes, um im Bau zu jagen. Bei scharfen Hunden, die auch mal zubeissen, ist die Verletzungsgefahr zu gross, das wollte ich nicht. Meine Hunde sollten nur Bellen, aber nicht beissen. Der Fuchs ist schlanker und wendiger als der Hund. Es kann also vorkommen, dass der Fuchs sich im Bau verstecken kann, wo der Hund nicht mehr durchpasst. Wenn nun ein scharfer Hund auf Biegen und Brechen zum Fuchs gelangen will, kann es schon mal vorkommen, dass dieser im Bau stecken bleibt. Das ist bei meinen Hunden nie passiert. Sie ziehen in einer solchen Situation den Rückzug aus dem Bau vor», erklärt Paul Gerber, der neben einem Terrier noch zwei Münsterländer Hündinnen und eine deutsche Wachtelhündin hält. Die neunjährige Terrierdame Mira und eine seiner Münsterländer Hündinnen haben zudem die Schweissprüfung absolviert und können für die Nachsuche eingesetzt werden (als Nachsuche wird bei der Jagd das Suchen und Aufspüren sowie gegebenenfalls auch das Erlegen von zuvor nicht unmittelbar auffindbarem, verletztem oder totem Wild bezeichnet. Die Hunde folgen dabei dem «Schweiss», dem Blut des Tieres).

Tiefe Fellpreise
Dass die Bodenjagd in der Vergangenheit nicht mehr so oft ausgeübt wurde, steht auch im Zusammenhang mit den schlecht bezahlten Preisen für das Fell, in der Fachsprache «Balg» genannt. Um möglichst viel von den geschossenen Tieren zu verwerten, ziehen die Jäger den erlegten Füchsen das Fell ab. Danach wird es gereinigt und auf ein spezielles Holzbrett zum Trocknen aufgespannt. Verkauft werden die Felle an den im Frühjahr stattfindenden Fellmärkten. Der Rest des Tieres wird entsorgt, da das Fleisch des Fuchses nicht geniessbar ist. «Ich persönlich habe die Fuchsjagd nie von den Fellpreisen abhängig gemacht und finde es auch nicht in Ordnung, wenn der Fuchs samt Balg entsorgt wird, wo man ihn doch noch weiterverarbeiten könnte. Doch es stimmt schon, der Preis ist massiv gesunken.» In Wahrheit sind die Preise für den Pelz von Meister Reineke auf einem Tiefststand. Nur etwa fünf Prozent der von den Fellhändlern aufgekauften Felle werden in der Schweiz verkauft, der Rest wird ins Ausland, grösstenteils in die EU exportiert. Dieser Exportpreis bestimmt somit auch die Preisentwicklung in der Schweiz. «Wenn ich an die Zeit kurz nach der Tollwut zurückdenke, hat man für den Fuchsbalg noch 60 bis 70 Franken erhalten. Weitere 30 Franken gab es von der Seuchenkasse und je nach Gemeinde gab es einen Beitrag von nochmals 10 Franken dazu, pro Fuchs also rund 100 Franken. Heute erhalte ich pro Balg noch zwischen drei und fünf Franken», erzählt Paul Gerber. Der Fuchs ist jeweils ab 1. September bis Ende Februar jagdbar. Ab 1. Oktober bis Ende Dezember ist die Fuchsjagd auch mit Hundeeinsatz gestattet. «In der Regel bejagt man den Fuchs aber erst ab dem 15. November, vorher ist der Jäger noch mit der Rehjagd beschäftigt und der Fuchsbalg ist noch nicht ‹reif›, also noch nicht schön genug, um ihn verkaufen zu können.»

Schlauer Fuchs
Der Rotfuchs ist dank seiner Anpassungsfähigkeit eines der erfolgreichsten Raubtiere. Er findet in nahezu allen Lebensräumen Nahrung. Je näher er in menschlicher Umgebung wohnt, desto aktiver wird er bei Nacht. Der Fuchs ist ein Allesfresser und beim Futter nicht wählerisch. Volle Mülltonnen sind für ihn ein Festschmaus. Doch sein Image ist nicht das Beste. Gerade bei Kleintierhaltern hat sich der Fuchs alles andere als beliebt gemacht. Wenn er in einen Hühnerstall eindringt, bringt er meist alle Tiere um. Ausserdem gilt der Fuchs als Überträger von Krankheiten wie der Räude, dem Fuchsbandwurm oder der Tollwut (die Schweiz gilt seit 1999 offiziell als tollwutfrei). Um das Ausbreiten dieser Krankheiten im Griff halten zu können, sollte die steigende Fuchspopulation dezimiert werden können. In vielen Kantonen treten wieder vermehrt Fälle von Räude auf. Die Räude ist eine parasitäre, stark juckende Hauterkrankung, die primär bei Füchsen vorkommt, jedoch auch auf andere Tierarten, insbesondere Hunde, übertragen werden kann. Dabei fallen lokal die Haare aus und es kommt zu Krustenbildungen und dicken Verhornungen der Haut. Ohne Behandlung nimmt die Krankheit einen schweren Verlauf und führt bei vielen Füchsen nach wenigen Monaten zu einem qualvollen Tod. Die Räude könnte durch die kontrollierte Fuchspopulation in Schach gehalten werden, doch gehen seit Jahren die Abschusszahlen zurück. Während im Jahr 2000 schweizweit noch über 42 000 Rotfüchse erlegt wurden, waren es im Jahr 2020 nur noch etwa die Hälfte, Tendenz sinkend.

Zucht der Bodenhunde nicht in Gefahr
Da die Baujagd nur noch einen verschwindend kleinen Teil der Fuchsjagd ausmachte, sieht Paul Gerber die Hundezuchten von Dackel und Terrier nicht in Gefahr. «Diese Hunderassen können anstelle eines Laufhundes auch auf der Rehjagd eingesetzt werden und besonders Terrier sind bei der Wildsaujagd sehr beliebt.» Neben der Baujagd betreibt Paul Gerber auch die Rehjagd und früher auch die Gamsjagd. Seine vier Hunde, eine deutsche Wachtelhündin, zwei Münsterländer Hündinnen und als Bodenhund die neunjährige Terrierdame Mira, setzt er für die Rehjagd ein. «Nun, da die Baujagd verboten wurde, muss ich aufpassen, wo ich mit Mira jagen gehe. Ich vermeide wenn immer möglich die Nähe der Fuchsbauten, da sie sofort in diesen verschwinden würde, das liegt ihr einfach im Blut. Auch wenn Mira über dem Boden einen Fuchs jagt und dieser danach im Bau verschwindet, wird sie ihm nachjagen.» Der Unterschied wird künftig darin liegen, dass der Fuchs, wenn er durch das Bellen des Hundes wieder aus dem Bau flüchtet, kein Jäger mit der Flinte auf ihn warten wird.

Natur interessanter als Schule
Erlernt hatte Paul Gerber den Beruf des Werkzeugmachers und arbeitete lange Zeit als Büchsenmacher. Mit 25 Jahren machte er die Jagdprüfung, gleichzeitig war er beim Schwingklub Sumiswald aktiver Schwinger. «Das war eine intensive, aber schöne Zeit», erinnert er sich. Zum Jagen kam er durch seinen Onkel und einen Cousin. «Zudem bin ich neben einem Bauernhof aufgewachsen. Der Bauer war auch Jäger und hatte zwei Jagdhunde. Ich ging zwischendurch mit den Hunden spazieren und durfte dann im Herbst einen halben Tag mit auf die Jagd», schwärmt der passionierte Jäger. Schon als Schulbub hatte ihn die Natur, insbesondere die Vögel, auf dem Schulweg mehr als der Schulstoff interessiert. «In einem Schulbericht stand einmal: Päuli hat oft schmutzige Hände. Daraufhin hat meine Mutter, bevor ich in die Schule ging, mir immer die Hände gewaschen, doch als ich im Schulhaus ankam, waren sie schon wieder dreckig», erzählt Paul Gerber lachend. Denn unterwegs hatte der junge «Päuli» junge Amseln gesehen und kletterte den Baum hoch, um zu schauen, was die Jungtiere so machen. Durch seine Leidenschaft zur Natur, zur Jagd und seine grossen Erfahrungen mit Jagdhunden übte er seit 1990 auch das Amt eines freiwilligen Jagdaufsehers aus. Bis Ende letzten Jahres. Denn mit 70 Jahren sei damit leider von Gesetzes wegen Schluss, erklärt er etwas wehmütig. Doch weder das Verbot der Baujagd noch sein Alter werden ihn künftig vom Jagen, vom Hegen und Pflegen des Waldes und der erfüllenden Arbeit mit seinen vier Hunden abhalten.

Von Marion Heiniger