• Stolz präsentiert Gian Franco Hug das gelungene Werk. · Bild: Marianne Plüss

  • Gian-Franco Hug liebt das Arbeiten mit Holz. · Bild: Marianne Plüss

  • Grobes «Geschütz» für die Feinarbeit. Gian-Franco Hug fertigt seine Sterne mit der Motorsäge an. · Bild: Marianne Plüss

  • Mit der Schablone wird der Stern auf die Holzscheibe übertragen. · Bild: Marianne Plüss

  • Das Resultat kann sich sehen lassen: Die Zacken sind exakt und gleichmässig. · Bild: Marianne Plüss

  • Dekorativ sind die Sterne allemal. · Bild: Marianne Plüss

  • Mittlerweile hat er schon 130 Exemplare in verschiedensten Grössen gesägt. · Bild: Marianne Plüss

09.12.2021
Oberaargau

Gian-Franco Hug, der Lotzbuer «Sternensager»

Ein Stern kündigte den Weisen aus dem Morgenland die Geburt eines neuen Königs an. Seither sind Sterne als wegweisendes Symbol nicht mehr wegzudenken. Weltweit sind sie zu einem wichtigen Element in der christlichen Weihnachtstradition geworden, mit einem direkten Bezug zur Weihnachtsgeschichte. Kaum ein Haus in der Adventszeit, das nicht irgendwo einen dekorativen Stern stehen oder hängen hat. Es gibt sie in allen Formen und Farben, einige Modelle wie beispielsweise der Herrnhuter Stern sind weltberühmt geworden. Gian-Franco Hug von Lotzwil hat seinen eigenen Weg gefunden, Sterne zum Leben zu erwecken: Mit der Motorsäge.

Lotzwil · Der sympathische, 16-jährige Gian-Franco Hug aus Lotzwil lernt Forstwart EFZ im zweiten Lehrjahr bei der Burgergemeinde Niederbipp. Er lebt an der Langenthalerstrasse 51 mit Eltern und Schwester in einem heimeligen, um 1790 erbauten Bauernhaus seiner Grosseltern väterlicherseits, hat aber keine familiäre Veranlagung, was seine Berufswahl anbelangt. In der Kindheit sei er oft mit den Grosseltern im Wald oder bei Verwandten auf dem Bauernhof gewesen. Und in den beiden letzten Schuljahren habe er oft in seiner Freizeit dem Forstunternehmen von Andreas Zaugg in Madiswil aushelfen dürfen, was bei seiner Berufswahl eine Rolle gespielt haben dürfte.

Ein Stern, der deinen Fahrweg kreuzt
Wie aber ist er auf die wunderschönen Holzsterne gekommen, die er in seiner Freizeit mit der Motorsäge herstellt, wenn er nicht gerade am Snowboarden oder Fischen ist oder mit auf die Jagd geht? Und die einem am Strassenrand auffallen, wenn man von Huttwil nach Lan­genthal oder umgekehrt fährt? Er habe sie irgendwo gesehen und sie hätten ihm gefallen, sagt er. Dann hätte er das auch versucht und vorerst einmal für sich selbst einige angefertigt. Überrascht habe er aber bald gemerkt, dass sie auch anderen gefallen und eine Nachfrage vorhanden sei. Holzsterne sind allgemein gerne gesehen, man begegnet ihnen in der Adventszeit regelmässig und einfach überall. Holz lässt sich gut bearbeiten, es ist ein warmes, ansprechendes Material, das jeder in irgendeiner Form gerne mag. Das erklärt ihre Beliebtheit. Anfangs November hat er mit der Produktion und dem Verkauf der Sterne angefangen und hat bereits rund 130 Exemplare in diversen Grössen angefertigt. Das Holz erhält er als Gegenleistung für seine Aushilfe vom Forstunternehmen Zaugg oder auch vom Lehrbetrieb. Das Tannenholz sägt er in Scheiben und zeichnet mit Hilfe von exakt vorgefertigten Schablonen den Stern auf die Scheiben. Draussen auf dem Vorplatz beim Elternhaus hat er einen Baumstrunk platziert, der eine Aussparung hat. Er legt danach die Scheibe auf den Strunk und sägt dann so präzise und mit sicherer Hand, dass er danach beide Teile, den positiven und negativen Teil verwenden kann. Durch die Aussparung spürt er, wenn er durch die Scheibe durch ist. Mittlerweile hat er so viel Übung, dass sein Arbeitsaufwand für die einzelnen Sterne überschaubar ist. Beim Sägen fliegen die Späne nur so und wenn man sieht, wie akkurat und schön der Stern gelingt, kriegt man fast selbst den Drang, nach der Motorsäge zu greifen.

Zum Kaufen nah
Die mit viel Liebe, Können und Sorgfalt hergestellten, nach Grösse geordneten und zum Verkauf bereitgestellten Sterne präsentiert der aufgestellte Lehrling an der Hauswand vom gemütlichen Zuhause. Wer in der dunklen und aktuell gerade schwierigen Jahreszeit jetzt auf die Idee kommen sollte, sich selbst und anderen eine Freude zu machen, findet dort sicher ein passendes Exemplar. Eines, das herrlich nach Wald und frischem Holz riecht und sich neben einer Kerze oder einer Laterne mit einem wärmenden, tröstlichen Licht und ein paar Tannenzweigen ausgesprochen gut macht.

«Das Holzen» ist am schönsten
Gian-Franco Hug ist mit seinem Beruf verwurzelt. Am meisten liebt er dabei das Holzen, das jeweils Ende August, Beginn September am Südhang vom Jura oberhalb von Nie­derbipp beginne und im Bergwald bis im Oktober fertig sei. Danach komme das Holzen im Niederbipper Längwald, das bis Anfang März dauere. Das Nutzholz werde geschlagen und für den Verkauf aufbereitet. Qualitativ weniger gutes Holz wie Faulholz, von Schädlingen befallenes Holz oder Baumkronen werden zu Schnitzeln verarbeitet und für Liegenschaften, die in einem Wärmeverbund zusammengeschlossen sind, bereitgestellt.

Vielfältige Forstwartlehre
In der dreijährigen Forstwartlehre kriegt der zukünftige Berufsmann eine Menge Wissen über die Grundlagen, die Aufgaben und die Bedeutung des Waldes mit, über Pflanzenkunde und Schädlingskunde, Forstschädlinge wie der Hallimasch und Borkenkäfer, die den Bäumen zusetzen können. Dann weiter über Holzkunde, die Holzernte und das Holzmessen. Themen wie Waldbau, Ökologie, Naturschutz, Forstschutz, Wald, Jagd, Wildtiere, Forstrecht, Standortkunde und forstliche Planung kommen hinzu. Weiter gibt es Stoff zu Mensch und Arbeit, dem Bauwesen, der Betriebsorganisation und dem Arbeitsrecht zu bewältigen. Nach abgeschlossener Berufslehre kann die Berufsmatur und später die Ausbildung zum Förster FH angehängt werden. Förster HF sind Experten für den Wald und seine vielfältigen Funktionen. Sie sind zuständig für eine wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Waldbewirtschaftung, leiten Forstbetriebe und brauchen betriebswirtschaftliches Know-how. Zentral ist dabei die langfristige Planung der Waldbestände.
Es ist der Förster oder die Försterin, die entscheiden, welche Bäume gefällt werden müssen, und sie kennzeichnen sie, die dann der Forstwart fällen soll. Sie müssen darauf achten, wo gepflanzt werden muss, welche Bestände ausgelichtet oder verjüngt werden. Sie beobachten, wie sich menschliche Einflüsse oder Naturereignisse auf den Wald auswirken, und entscheiden, ob Massnahmen ergriffen werden müssen. Ein nächster, noch weiterer Schritt wäre dann die Ausbildung zum Forstingenieur. Forstingenieure FH bewirtschaften ihre Wälder naturnah und multifunktional, sagt die Berufsbildbeschreibung. Sie sorgen dafür, dass der Wald seine Funktionen nachhaltig erfüllen kann, etwa für die Holzproduktion, die Biodiversität, als Erholungsraum oder als Schutz vor Naturgefahren. Dazu brauchen die Fachleute fundierte Kenntnisse zum komplexen Ökosystem Wald.

Zweistündige Anreise zur Schule
Im Winter hat das Holzschlagen Vorrang. Im Frühling beginnt man mit der sogenannte Schlagpflege dort, wo vom Schlag im Winter übriggebliebenes Material vorhanden ist. Es wird zersägt, damit es sich schneller zersetzen kann. Anschliessend werden Neupflanzungen und Einzelpflanzungen vorgenommen. Nach Sturmschäden begünstigt zu viel Licht das Wachsen von Brombeergestrüpp. Neuwuchs, also Verjüngung und Jungwuchs, hat unter den Stauden dann kaum Chancen zum Gedeihen. Man muss ihm zu Leibe rücken, damit der Wald nachwachsen kann. Hinzu kommen im Sommer manchmal Zwangsnutzungen, wenn bei Käferkontrollen in heissen, trockenen Sommern vermehrt Borkenkäferbefall festgestellt wird. Dann muss das befallene Holz geschlagen werden, damit sich der Schädling nicht rasant vermehrt. Gian-Franco Hug hat sich an der Berufsschule in Thun, die er jeden Freitag besucht und die frühmorgens satte zwei Stunden Anreise mit sich bringt, schon merklich ein breites Stück Wissen angeeignet.

Von Marianne Plüss