• Die politische Landschaft von Rüegsau verspricht Spannung. Drei bisherige Gemeinderatsmitglieder treten an, drei Sitze wurden frei. Insgesamt 23 Kandidierende haben ihr Wahlinteresse angemeldet. · Archivbild: Thomas Peter

18.11.2022
Emmental

Grosses Gerangel um sechs Gemeinderatssitze

In Rüegsau bewirbt sich eine Rekordzahl von 23 Personen aus sechs Parteien um die sechs verfügbaren Sitze im Gemeinderat. Der bisherige Gemeindepräsident Andreas Hängärtner (SVP) wurde bereits in stiller Wahl in seinem Amt bestätigt.

Rüegsau · Im Gegensatz zu früheren Wahlgängen sind dieses Jahr die Hürden recht hoch, um an den Gemeindewahlen einen Gemeinderatssitz zu erringen. Denn für einen Sessel am Ratstisch im Gemeindehaus ist der Konkurrenzkampf relativ gross, bewerben sich dafür doch sechs Parteien mit der bisherigen Rekordzahl von insgesamt 23 Personen. Oder anders ausgedrückt: Der Kuchen ist gleich gross wie letztes Mal, aber die einzelnen Stücke dagegen wesentlich kleiner.
Mit FDP, EVP und SP sind drei Parteien wieder dabei, die vor vier Jahren eine Auszeit nahmen und damit in der zu Ende gehenden Legislatur nicht im Gemeinderat vertreten waren. Und diese setzen alles daran, dass sie in der neuen Legislatur wieder in der Rüegs-auer Exekutive Einsitz nehmen können. Drei bisherige Ratsmitglieder, nämlich die einzige Frau im noch aktuellen Gemeinderat Sonja Steinmann (EDU) sowie Daniel Fankhauser (SVP) und Niklaus Burkhalter (Mitte) verzichten auf eine weitere Amtsdauer. Auf eine Wiederwahl hoffen dagegen Christoph Mosimann und Beat Reinhard (beide SVP) sowie Christoph Steiner (Mitte).

Spannender Konkurrenzkampf unter den Parteien
Mit einem Durchschnittsalter von rund 43 Jahren sind es elf Frauen und zwölf Männer, die sich um einen Sitz im Gemeinderat bewerben. Schaut man auf den Ortsteil, von dem sie stammen, fällt auf, dass 16 der 23 Kandidierenden im Rüegsauschachen wohnen, drei in Rüegsau und die restlichen vier im hinteren Gemeindeteil.
In Rüegsau wird der Gemeinde-prä-sident im Majorzverfahren direkt gewählt und muss nicht zwingend zuerst als Gemeinderatsmitglied bestätigt werden. Im Gegensatz zum Urnengang vor vier Jahren, als es zu einer Kampfwahl kam, wurde mangels Konkurrenz der bisherige Gemeindepräsi-dent Andreas Hängärtner (SVP) bereits für eine weitere Amtsdauer in seinem Amt bestätigt.

SVP: Zwei Wiederwahlen plus dritten Sitz halten
Die SVP als bisher stärkste Partei in Rüegsau will ihre Vormachtstellung bewahren. «Mit Kandidierenden aus allen Ortsteilen wollen wir nicht nur den beiden Bisherigen Christoph Mo-si-mann und Beat Reinhard die Wiederwahl sichern, sondern als Minimalziel den frei gewordenen Sitz wieder besetzen», so SVP-Präsident Fritz Rüfenacht. Beim Betrachten des Wahlzettels fällt allerdings auf, dass die beiden bisherigen Gemeinderäte, die aus dem hinteren Gemeindeteil stammen und von Beruf Landwirte sind, zugunsten einer grösseren Personalauswahl nicht kumuliert aufgeführt sind.
Man darf also gespannt auf das Wahlergebnis sein. Stimmenanteil vor vier Jahren: 39,7 %.

Mitte: Weiterhin mit zwei Sitzen
Die Mitte war vor vier Jahren, damals noch als BDP, mit einem Sitzgewinn der grosse Wahlsieger. Für Präsident Mathias Leibundgut, der selber kandidiert, ist klar: «Neben Christof Steiner, der im schwierigen Ressort Finanzen einen guten Job machte, will die Mitte diesen zweiten Sitz behalten.»
Um das zu erreichen macht sie einen intensiven Wahlkampf mit verschiedenen Standaktionen. Mit Roland Aegerter hat sie auf ihrer Liste sogar einen ehemaligen Seeländer Gemeinderat, der vor seinem Umzug ins Emmental dort für das Bauressort zuständig war. Stimmenanteil vor vier Jahren: 36,10 %.

EVP und EDU wollen dank Listenverbindung zwei Sitze
Die EVP, welche mit der EDU eine Listenverbindung hat, will wie in Hasle bei Burgdorf und Lützelflüh auch in Rüegsau punkten. «Mit unseren Listen, auf der junge und fähige Leute aufgeführt sind, haben wir gemeinsam mit der EDU gute Chancen, zwei Sitze im Gemeinderat zu erringen», stellte der Wahlverantwortliche Urs Mürner fest. Ähnlich sieht es EDU-Präsidentin Sonja Steinmann, die als bisherige Gemeinderätin jedoch nicht mehr antreten will: «Die Listenverbindung ist eine gute Sache und wir haben gute Leute aufgestellt. Ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen werden.» Stimmenanteil EDU vor vier Jahren: 24,20 %.

FDP will wieder einen Sitz gewinnen
Nach dem abrupten Abgang von Markus Mosimann aus dem Gemeinderat vor vier Jahren ist die FDP nicht mehr zu den Gemeindewahlen angetreten. Nun will die Partei, die vorher während Jahrzehnten im Rat vertreten war, es wieder wissen. «Wir haben junge, initiative und bekannte Leute, die der Gemeinde guttun, und rechnen damit, dass wir angesichts unseres Wählerpotentials den vor vier Jahren verlorene Sitz wieder besetzen können», stellt der FDP-Ortsverantwortliche Andreas Wittwer zuversichtlich fest.

Auch die SP will wieder zurück in den Gemeinderat
Die SP, die zu ihren Blütezeiten im damals neunköpfigen Gemeinderat noch drei Sitze inne hatte, ist seit 2010 nicht mehr im Rat vertreten. Nun nimmt sie jedoch wieder einen Anlauf. Allerdings ist auf der Liste nur ein Name kumuliert aufgeführt. «Rüegsau ist in den letzten Jahren stark gewachsen, viele junge Leute, die uns nahestehen, sind zugezogen und es braucht wieder eine Partei wie die SP», stellte Anna Kaeser, Präsidentin der SP Mittleres Emmental, fest, die durchaus Chancen für ein erfolgreiches Abschneiden in den Wahlen sieht.
Für Spannung ist bei dieser Kandidierendenflut durchaus gesorgt. Eines gibt aber zu denken, nämlich die geringe Zahl von Teilnehmenden an Gemeindeversammlungen. So waren an den letzten vier Versammlungen im Maximum 34 Bürgerinnen und Bürger anwesend und das Minimum betrug einmal 22 und einmal 23. Und so sei die Frage erlaubt: Waren wohl alle Kandidierenden schon einmal an einer Gemeindeversammlung?

Liste Nr. 1 / Die Mitte Brandis: Christof Steiner, Rüegsbach (bisher); Marina Mayr, Rüegsauschachen, (parteilos, neu); Mathias Leibundgut, Rüegsauschachen (neu); Roland Aegerter, Rüegsauschachen (parteilos, neu).
Liste Nr. 2 / EVP: Nathanael Jonas Glauser, Rüegsau-schachen (neu); Stefanie Burkhalter-Sommerhalder, Rüegsau (neu); Nadja Wegmüller-Lüem, Rüegsauschachen (neu); David Bläuer, Rüegs-auschachen (neu). Es besteht eine Listenverbindung mit der EDU.
Liste Nr. 3 / SVP: Christoph Mosimann, Rüegs-bach (bisher); Beat Reinhard, Rüegs-bach (bisher); Denise Flückiger, Rüegsau (neu); Yvonne Röthlisberger, Rüegsau (neu); Jonas Eberhart, Rüegsauscha-chen (neu); Björn Liechti, Rüegs-bach (parteilos, neu).
Liste Nr. 4 / FDP. Die Liberalen: Benjamin Schäfer, Rüegsauscha-chen (parteilos, neu); Regina Flückiger, Rüegs-auschachen (neu); Bettina Eber-hart, Rüegsauschachen (parteilos, neu).
Liste Nr. 5 / EDU: Rudolf Oppliger-Schneider, Rüegsauschachen (neu); Karin Kaderli, Rüegs-au-schachen (neu); Matthias Kehrli, Rüegsauschachen (neu); Esther Fasnacht-Berger,
Rüegsauschachen (neu). Es besteht eine Listenverbindung mit der EVP.
Liste Nr. 6 / SP: Marisa Fleisch, Rüegsauscha-chen (neu).

Von Ernst Marti