• Jacqueline Soffner hat es nie bereut, die anspruchsvolle Ausbildung zur Homöopathin auf sich genommen zu haben. · Bild: Marianne Ruch

  • Die berühmten Globuli der Homöopathie. · Bild: zvg

03.03.2022
Emmental

Homöopathie – an die Quelle der Krankheit

Die Homöopathie beruht auf dem Prinzip «Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt» und ist auch in unserer Region etabliert. Sie versteht sich wie fast alle alternative Heilmethoden als Ergänzung zur Schulmedizin. Jacqueline Soffner hat ihre Berufung in der Homöopathie gefunden und führt unter anderem eine Praxis im Schloss Sumiswald.

Serie Alternative Heilmethoden · Jacqueline Soffner wuchs weder mit Homöopathie noch mit Kräuterkunde auf. «Als ich rund 19 Jahre alt war, bildete ich mir zunehmend allerlei Krankheiten ein und bekam auch Symptome, die mich befürchten liessen, dass ich schwer erkrankt war», erzählt sie ihren Weg zu Homöopathie. «Ich konsultierte immer wieder mal den Arzt. Die Medikamente, die er mir verschrieb, nahm ich aber nicht, ich wollte eigentlich nur die Bestätigung haben, dass ich nicht krank war. Diese Hypochondrie begleitete mich über mehrere Jahre, bis mir eine Bekannte empfahl, einen Homöopathen aufzusuchen.» Sie sei sehr skeptisch gewesen, dass Homöopathie bei solchen Beschwerden etwas ausrichten könne. Ihre Not war inzwischen aber so gross, dass sie sich doch entschied, einen Versuch zu wagen. «Die Globuli halfen mir in relativ kurzer Zeit, meine Ängste zu überwinden», erzählt sie begeistert. Nach der Matura hat sie zwei Jahre Wirtschaft studiert. Hat danach bei einer Firma gearbeitet, die firmenintern Informatikausbildungen angeboten hat. Danach hat sie im PC-Support und lange als Kursleiterin gearbeitet. Später kam eine Ausbildung als Webpublisher dazu. Der Wunsch, selber Homöopathin zu werden, sei aber zu diesem Zeitpunkt noch kein Thema gewesen. Dieser sei erst viele Jahre später durch ein Schlüsselereignis gekommen. «Ich entschied mich innerhalb von 15 Minuten, die lange Homöopathie-Ausbildung anzugehen. Ich habe es nie bereut, auch wenn die Ausbildungszeit sehr streng war. Ich habe meine Berufung gefunden und bin sehr erfüllt durch meine Arbeit als Homöopathin», erzählt sie begeistert.

Phytotherapie und Homöopathie
«Zuerst habe ich eine Phytotherapie-Grundausbildung (Anwendung von Pflanzen, Pflanzenteilen und deren Zubereitungen) gemacht. Danach berufsbegleitend zweieinhalb Jahre Medizin-Ausbildung, gefolgt von drei Jahren Ausbildung in klassischer Homöopathie. Während meiner Ausbildung zur Homöopathin hatte ich das Glück, als Product Managerin im Marketing bei Omida, einem Hersteller von homöopathischen Arzneien und Schüssler Salzen, zu arbeiten», erzählt sie. Ihre eigene Praxis hat sie seit Januar 2016. «Die Ausbildung zur Homöopathin war die Grundbedingung, um praktizieren zu dürfen. Und ich bilde mich in der Homöopathie stetig weiter», erzählt sie.

Quelle der Krankheit
«Das Schöne an der Homöopathie ist, dass man versucht, an die Quelle der Krankheit zu gehen. Eine Krankheit im Grobstofflichen ist eigentlich ein Hinweis. Sie zeigt etwas im Aussen, was seine Ursache aber meist ganz woanders hat», erklärt sie. Es könne beispielsweise sein, dass jemand nach einem Jobverlust, einer Scheidung oder einem Todesfall, plötzlich krank werde oder ungelöste Themen aus seiner Kindheit mit sich trage. «In der Homöopathie nimmt man sich die Zeit, dem Patienten zuzuhören und erfährt so, was ihn beschäftigt, wer er ist, wie er auf Situationen reagiert und so weiter. Die Homöopathie beruht auf dem Prinzip «Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt». Dieses Prinzip besagt, dass eine Krankheit mit der Arznei geheilt wird, die bei einem gesunden Menschen ähnliche Symptome erzeugt. «Nehmen wir als einfaches Beispiel die Küchenzwiebel. Beim Schneiden verursacht sie Tränenfluss, Brennen und ein scharfes Nasensekret bei einem ansonsten gesunden Menschen. Die Zwiebel kann nun homöopathisch einem kranken Menschen verabreicht werden, der genau diese Symptome zeigt, beispielsweise bei einer Erkältung», erklärt die 56-Jährige. Die Homöopathie könne bei vielen Beschwerden helfen, akuten wie chronischen. Die gängige Meinung sei, dass man Homöopathie bei leichten Beschwerden wie Erkältung, Durchfall und leichten Verletzungen nehmen könne. «Die Homöopathie kann aber sehr viel mehr. Chronische Beschwerden wie Migräne, Allergien, Heuschnupfen, Asthma, Hautkrankheiten, Rheuma, Bluthochdruck, Depressionen, Essstörungen, Sucht, Schlafprobleme und vieles mehr können behandelt werden», sagt sie überzeugt. Auch bei schweren Krankheiten könne man unterstützend Homöopathie einnehmen, beispielsweise um die Nebenwirkungen einer Chemotherapie oder auch Ängste zu lindern.
Natürlich brauche es bei einer homöopathischen Behandlung seitens der Patienten auch etwas Geduld. Homöopathie wirke nicht so schnell wie ein Medikament. «Wir wollen ja der Krankheit auf den Grund gehen. Die Symptome sollen auch in einer gewissen Reihenfolge besser werden. Wenn ein Patient Hilfe sucht, weil er einige Warzen an den Fingern hat, die ihn sehr stören und gleichzeitig unter Schlafstörungen leidet, erwartet man, dass zuerst der Schlaf besser wird und erst später die Warzen verschwinden. Auch wenn der Patient sich viel mehr an den Warzen stört», erklärt sie.

 Passende Arznei suchen
«Viele Patienten sagen mir schon nach dem ersten Gespräch, alleine dass sie jetzt mal ausführlich reden konnten und ich ihnen zugehört habe, habe ihnen sehr gut getan.» Die Patienten seien dankbar und würden oft dabei bleiben, bis sich eine Besserung einstelle. Nicht immer passe die Arznei von Anfang an. «Aber jede Arznei kann wieder Hinweise geben, die mich weiterbringen bei der Suche nach einer noch passenderen Arznei. Es können auch alte Beschwerden wieder aufflackern, an die der Patient gar nicht mehr gedacht hat», erklärt die Natur-begeisterte. Neuerdings würden auch Patienten zu ihr kommen, die nach der Covid-19-Impfung Nebenwirkungen zu beklagen hätten. Zum Beispiel neurologische Beschwerden nach der Impfung wie Zittern und Zucken am Körper und erhebliche Angst. Eine Entgiftung und ein passendes homöopathisches Mittel hätten zur Beschwerdefreiheit geführt. «Kinder und oft schon Säuglinge mit Hautproblemen wie Dellwarzen, Hautausschlägen oder Neurodermitis sind sehr häufig bei mir in der Praxis. Da braucht es manchmal etwas Geduld, aber ich habe einige Kinder, bei denen die Beschwerden stark nachgelassen haben», berichtet sie erfreut. Auch bei Erwachsenen mit Panikstörungen, Ängsten oder Schlafstörungen könne die Homöopathie wunderbar helfen. «Auch bei diesen Beschwerden konnte ich einigen Patienten helfen», sagt sie. Gibt es auch skeptische Patienten? «Ich glaube, die skeptischen Patienten kommen gar nicht erst. Entweder kennen die Menschen, die zu mir kommen, die Homöopathie schon oder sie haben gehört, dass es bei ihren Beschwerden helfen kann und wollen es ausprobieren. Ich hatte noch nie jemand, der mir zu Beginn des Gesprächs gesagt hat, eigentlich glaube ich überhaupt nicht an Homöopathie, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen», erzählt die in Dürrenroth lebende Homöopathin. Es sei zwar keine Voraussetzung, dass man daran glaube, um behandelt zu werden. Das sehe man ja an den Säuglingen und Tieren. «Aber wenn jemand widerwillig zu mir kommt, wird er auch nicht bereit sein, sich wirklich zu zeigen und offen mit mir zu kommunizieren», erklärt sie.

Jeder Patient ist anders
Die Homöopathie ist eine ganzheitliche Methode. Der Name der Krankheit sei wichtig, sage aber noch nichts über den Patienten aus. «Als Homöopathen möchten wir alles erfahren, was den Patienten ausmacht und für ihn von Bedeutung ist. Natürlich sind auch der Schlaf, die Träume, die Energie, die Ängste wichtige Hinweise für uns. Wenn etwa die Verdauung Probleme bereitet, ist auch die Verdauung wichtig», erklärt sie. «Jeder Interessent bekommt noch vor dem ersten Termin einen Fragebogen von mir. Ich möchte wissen, warum er kommt, welche Medikamente er nimmt, bei welchem Arzt oder Therapeuten er ist, welche Diagnose er bekommen hat. Eine chronologische Auflistung seiner Krankheiten, Operationen und einschneidenden Ereignisse von Geburt bis jetzt gehört auch dazu. Und eine Familienanamnese. Wenn Arztberichte und Untersuchungsresultate vorliegen, verlange ich auch diese», erklärt sie ihre Vorgehensweise zur Therapie. Und natürlich mache sie sich auch ein eigenes Bild aufgrund der Symptome. «Wenn aber ernsthafte Symptome vor oder während der Behandlung auftreten, die einer weiteren medizinischen Abklärung bedürfen, weise ich den Patienten darauf hin, dass er seinen Arzt konsultieren soll», sagt sie bestimmt. «Wir Homöopathen verschreiben keine Arznei auf eine Krankheit, wir verschreiben auf den gesamten Menschen. Wenn zwei Patienten hintereinander mit Migräne zu mir kommen, werden sie mit ziemlicher Sicherheit nicht die gleiche Arznei bekommen. Es erstaunt mich immer wieder, zu sehen, wie einzigartig jeder Mensch ist. Manchmal sieht man Ähnlichkeiten mit einem anderen Patienten, aber jeder Mensch ist einmalig», erzählt sie. Die Dauer der Behandlungen sei unterschiedlich, je nach Beschwerde und nach Verlauf würden mehrere Termine stattfinden. Bei Kleinkindern und Säuglingen würden meistens eine Anamnese und ein bis zwei Telefonate reichen, bis die Beschwerden wieder besser seien.

Drei Praxisstandorte
In Solothurn hat sie parallel zum Praktikum angefangen zu praktizieren. Ihr Herzenswunsch war aber immer, eine Praxis in Sursee zu haben. Dieser erfüllte sich und sie bekam im Stöckli medical Zentrum einen Raum. Sumiswald sei unerwartet dazu gekommen. «Das Schloss Sumiswald wurde einer neuen Nutzung zugeführt und viele Therapeuten sind dort tätig. Das fand ich eine schöne Idee, und so ist mein dritter Standort entstanden», erklärt sie ihre drei Standorte, die sie alle alleine führt. Gibt es Unterschiede von Stadt zu Land? «Ja, ich denke, man spürt schon einen Unterschied. Ich stelle fest, dass die Menschen hier im Emmental noch näher an den natürlichen Heilmethoden sind. Sie helfen sich länger selber und haben oft bereits Kenntnisse über Pflanzen oder geben ihren Kindern selber homöopathische Arzneien», sagt sie. Und was meint sie zu negativen Schlagzeilen über die Homöopathie? «Natürlich liest man immer wieder mal negative Schlagzeilen über die Homöopathie. Das berührt mich aber nicht. Ich glaube auch, dass es falsch ist, mit Vehemenz darauf zu reagieren. Es gibt dem ganzen nur noch mehr Antrieb. Jeder darf sich seine Meinung bilden und ich erwarte auch nicht, dass alle die Homöopathie toll finden. Einen respektvollen Umgang unter Menschen finde ich aber essenziell. Wir sehen ja jetzt in diesen zwei Corona-Jahren, welche Spaltung entstehen kann, nur weil man anderer Meinung ist. Jeder darf seine Meinung haben, aber sie mit Anstand vertreten», sagt sie bestimmt.

Zusatzversicherung bezahlt Anteil
«Ich bin beim EMR und bei ASCA registriert. Diese Label garantieren, dass ich die Qualitätsanforderungen und Weiterbildungsvorgaben einhalte. Ausserdem werden dadurch meine Leistungen durch die Zusatzversicherungen aller Krankenkassen übernommen», erzählt sie. Jede Versicherung bezahle aber im Rahmen ihrer vertraglichen Bestimmungen mit dem Patienten unterschiedlich viel an ihre Leistungen. Es empfehle sich daher, die Versicherung anzufragen was die genauen Bedingungen seien.

Geomantie und Vastu
«Ich bilde mich sehr gerne weiter, nicht nur in Homöopathie. Ich habe mit meinem Mann eine 2-jährige Geomantie- und Vastu-Ausbildung gemacht. Wie es beim Menschen die Aura gibt, existieren in der Natur feinstoffliche Strukturen. Die Geomantie befasst sich mit diesen Strukturen. Vastu basiert auf diesen feinstofflichen Kräften in der Natur. Es handelt sich um eine Architekturlehre, die ihren Ursprung in den vedischen Schriften hat, genauso wie zum Beispiel Yoga und Ayurveda. Mit Vastu kann man die Qualität eines Wohnortes analysieren und Ursachen für Probleme der Bewohner auf eindrückliche Weise ermitteln», erzählt sie hoffnungsvoll.

Von Marianne Ruch