• Der neue Geschäftsführer der Bernerland Bank, Michael Elsaesser, freut sich jeden Tag, nach Sumiswald zu fahren. · Bilder: Ernst Marti

05.10.2020
Emmental

«Ich war von Anfang an Feuer und Flamme»

Seit dem 1. April ist Michael Elsaesser Mitglied der Geschäftsleitung der Bernerland Bank (BLB). Am 1. Oktober übernahm er von Peter Ritter, der in den Verwaltungsrat wechselt, die Geschäftsleitung der im Emmental und Oberaargau tätigen regionalen Bank. Der «UE» hatte Gelegenheit, sich mit Michael Elsaesser zu unterhalten.

Sumiswald . · Was hat Sie dazu bewogen, sich für die Stelle des Geschäftsführers bei der BLB zu bewerben?
Ich wurde von der BLB angefragt, ob ich an der Evaluation für die Stelle des neuen Geschäftsführers als Kandidat teilnehmen möchte. Eine Anfrage, die mich sehr freute und ehrte. Ich war von Anfang an Feuer und Flamme und habe mich dementsprechend engagiert. Ganz besonders war ich davon angetan, dass der Verwaltungsrat das «Suchfeld» geöffnet hat und ebenfalls an einen Finanzchef aus der Privatindustrie gedacht hat.

Am 1. April 2020 hatten Sie Ihren ersten Arbeitstag als Mitglied der Geschäftsleitung in der Bernerland Bank. Sie starteten also mitten im Pandemie-Lockdown. Wie erlebten Sie diese Zeit?
Rund um uns herum war die Situation sicher nicht normal, wenn ich jedoch meinen Einstieg isoliert betrachte, ist der nach meiner Betrachtung sehr gut verlaufen. Ich war vom ersten Tag an in Sumiswald vor Ort, obschon einzelne Mitarbeitende Homeoffice machten, waren doch meine Kolleginnen und Kollegen die meiste Zeit hier. Die besondere Situation hatte für mich zudem den Vorteil, dass weniger externe Termine anstanden und sowohl Peter Ritter wie die gesamte Geschäftsleitung mehr Zeit für mich hatten, so dass ich mich sorgfältig in die einzelnen Themen einarbeiten konnte. Leider mussten wegen der besonderen Situation die Besuche der einzelnen Filialen um einige Wochen nach hinten geschoben werden.

Gab es – ausser Corona – Vorkommnisse die Sie besonders beeindruckt haben?
Besonders festhalten möchte ich, dass ich von allen Mitarbeitenden sehr wohlwollend und freundlich empfangen wurde, was zur Folge hatte, dass ich mich vom ersten Tag an sehr wohl fühlte in der BLB. Nach der Lockerung der Corona-Einschränkungen hatte ich dann grosse Freude an den guten und spannenden Kundengesprächen.

Bisher trug noch Peter Ritter die Verantwortung, doch ab 1. Oktober sind Sie der Chef. «Neue Besen kehren gut, aber alte kennen die Ecken», heisst ein Sprichwort. Ist nun unter Ihrer Leitung mit grossen Änderungen zu rechnen?
Eines ist sicher: Eine revolutionäre Kehrtwendung gibt es bestimmt nicht und käme sicher weder bei den Kunden noch den Mitarbeitenden gut an. Aber auch aus Bankensicht wäre das nicht richtig. Klar wird es Änderungen geben, das geschah ja bisher auch schon. Wir sind im Moment in der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat in einem Strategieprozess, welchen Weg die Entwicklung der BLB in den nächsten fünf Jahren einschlagen soll. Die BLB steht auf einem soliden Fundament, auf dem wir uns in positivem Sinne weiter entwickeln können. Auf die Führung der Bank bezogen möchte ich jetzt nicht von revolutionären Kehrtwendungen, sondern eher von einer Entwicklung sprechen. Die Leidenschaft und das Engagement der Mitarbeitenden sollen gleichbleiben. Was wir sicher wollen, ist, dass wir für unsere Privatkunden lebenslang die zuständigen Finanzberatenden bleiben wollen. Zudem wollen wir noch vermehrt für unsere Firmenkunden da sein und diesen Bereich ausbauen.

An der letzten Bilanz-Medienkonferenz erklärte Peter Ritter, dass 2019 das zweitbeste Ergebnis ergab, welches er in den vergangenen 16 Jahren seiner Tätigkeit bei der BLB erlebt habe. Dem Halbjahresbericht 2020 ist zu entnehmen, dass Corona Spuren hinterlassen habe, doch für das zweite Halbjahr halte die BLB an den gesetzten Zielen fest. Ist eine solche Aussage noch realistisch?
Die Spuren, welche Corona bei der BLB hinterlassen hat, sind aktuell nicht dramatisch. Was uns bewogen hat, etwas vorsichtiger zu sein, sind mögliche Auswirkungen der Krise, die später entstehen könnten. Wir sind vorsichtiger geworden und haben für allgemeine Bankrisiken eine noch höhere Reserve gebildet, denn die Geschäftsrisiken haben zugenommen, sind jedoch noch nicht fassbar. Nicht zu vergessen ist, dass mit den COVID-Krediten eine wichtige Hilfe vorhanden war. Für das zweite Semester rechnen wir jedoch nicht mit grösseren Ausfällen und halten deshalb am ursprünglichen Ziel fest.

Als Folge von Corona soll in den Geschäften anstelle der Barzahlung die Zahlung per Karte massiv zugenommen haben. Was für Auswirkungen hat das auf die BLB?
Wir stellten fest, dass in dieser Zeit klar eine Verlagerung vom Bargeld zu kontaktlosen Zahlungsarten passiert ist. Klar ist ebenfalls, dass in unseren Filialen der Bargeldbestand und -bedarf deutlich abgenommen hat. Offen ist natürlich, ob dieser Effekt, der jetzt stattgefunden hat, nach Abflauen der Krise nachhaltig sein wird. Aus meiner Sicht wird es nachhaltig sein, wenn vielleicht auch in etwas kleinerem Ausmass.

In Lützelflüh und Wasen i.E. wurden die Filialen der BLB aufgehoben, was bei den Betroffenen doch einiges zu reden gab. Sind noch weitere Schliessungen vorgesehen?
Die Mitarbeitenden von Lützelflüh und Wasen i.E. arbeiten jetzt in der erneuerten Filiale Sumiswald. Zwar ist generell die Kundenfrequenz eher abnehmend, doch momentan ist keine weitere Schliessung vorgesehen. Die weitere Entwicklung wird jedoch von den Besuchszahlen in den einzelnen Filialen abhängen.

Kürzlich wurde im Bank-Kommentar des «UE» zur Frage Stellung genommen «Ist die Zeit des Sparkontos abgelaufen?» Wie stellen Sie sich dazu?
Klar ist, dass bei Sparkonten aktuell kein Zins bezahlt wird und es daher gewinnbringendere Anlagemöglichkeiten gibt. Man muss aber immer die jeweilige Kundensituation anschauen. Die Bedürfnisse können je nach Alter der Person, Lebenssituation, Ziele und Wünsche verschieden sein. Deshalb schauen unsere Kundenberatenden die persönliche Situation der Kunden genau an und zeigen Möglichkeiten auf.
Zitat aus Medienmitteilung der BLB: «Die laufenden Projekte zur Prozessoptimierung und zur Digitalisierung ihres Angebots verfolgt die BLB konsequent weiter». Was bedeutet das für die Kunden?
Auf der einen Seite ist das die Digitalisierung des Angebots. Damit wollen wir erreichen, dass für unsere Kunden die Dienstleistungen der BLB noch einfacher und schneller zu erreichen sind. Auf der anderen Seite geht es um Prozessoptimierung. Denn die Ban-ken stehen unter einem enormen Kostendruck, deshalb müssen und wollen wir intern die Geschäfte noch schneller abwickeln.

Haben Sie noch persönliche Ergänzungen zu diesem Interview?
Ich freue mich jeden Tag, nach Sumiswald zu fahren und hier zu arbeiten. Freude macht mir auch das tolle und einsatzfreudige Mitarbeiterteam, das mit Leidenschaft und grossem Einsatz einen ausgezeichneten Job ausführt. Das motiviert mich enorm und ich freue mich, dass ich jetzt auch formell die Geschäftsführung übernehmen durfte.

Ernst Marti im Gespräch mit Michael Elsaesser, Geschäftsführer Bernerland Bank