• Für Blacky ist es ihr erster Wurf. Sie brachte vier kerngesunde Kätzchen zur Welt.

  • Im Zuhause der Katzenmutter Esther Zwahlen herrscht nie Langeweile, denn die Bengalkatzen sorgen Tag für Tag für genug Abwechslung oder aber für viele Schmuse-Momente. · Bilder: Chantal Bigler / zvg

01.02.2021
Oberaargau

Im Reich der Zuchtkatzen

Wie lebt es sich wohl als intelligenter Leopard in den vier Wänden? Die bengalische Hobbyzucht von Esther Zwahlen hinterlässt in ihrem Zuhause in Madiswil ihre ganz eigenen Pfotenabdrücke und sorgt täglich für Abwechslung im Haus.

Madiswil · In einem ruhigen Quartier in Madiswil steht ein farbiges Haus. Esther Zwahlen wohnt seit acht Jahren mit ihrem Mann hier. Während das Haus offiziell Familie Zwahlen gehört, sind die Bengalkatzen die eigentlichen Herrscher des kunterbunten, sehr katzenfreundlich gestalteten Heims. Ein Kratzbaum hier, mehrere gemütliche ausgepolsterte Körbchen da. Ganz schön hoch oben, wo normalerweise Bücher oder Dekoartikel stehen, gönnen sich die erwachsenen Katzen gerne mal eine Auszeit von ihren Schützlingen. Ein leises Miauen aus der offenen Küche und andere lebhafte Geräusche aus dem Wohnzimmer lassen erahnen, dass hier stets ein lebendiger Alltag herrscht. Egal wo der Blick hinfällt, jeder der dieses katzenfreundliche Haus betritt, merkt, mit wieviel Leidenschaft die Hobbyzüchterin am Werk ist. Die 42-jährige Madiswilerin, beruflich Lehrerin und nebenbei ­Vereinsmitglied im internationalen Zuchtverein TICA, hat die Liebe zu ihren Bengalkatzen durch eine Freundin entdeckt. «Diese Rasse liess mich nicht mehr los, weil ihre Fellzeichnung aussergewöhnlich ist und sie von der Wildkatze abstammt», schwärmt Esther Zwahlen. Auch ihre Intelligenz, ihr menschbezogener Charakter sowie ihre Aktivität bis ins hohe Alter haben Zwahlen bei dieser Rasse begeistert. So herrscht im Alltag der Hobbyzüchterin nie Langeweile, denn die Bengalkatze ist bekannt für ihre ausgeprägte Ausdauer. Zwahlen erzählt in ihrer Wohnstube davon, was ein ganz besonderes Merkmal der Bengalkatze sei. «Sie hat die Fähigkeit, zu apportieren», erklärt sie. Dabei verhält sie sich wie ein Hund und kann mit viel Disziplin Kunststücke, wie zum Beispiel den Ball bringen, erlernen.

Während die zwei Zuchtdamen sich um ihren Nachwuchs kümmern, spaziert der deutsche Zuchtkater Kasemur gerne auf eigenen Pfoten nach draussen. Ohne Leine geht es aber nur, wenn die fremden Katzen nicht rollig sind. Die Rolligkeit tritt meist im Frühling sowie im Herbst ein und kann von ein paar Tagen bis zu einigen Wochen dauern. Bis vor kurzem wohnte der Bengal-Deckkater Snow Lynx noch in seinem Kellerabteil. Seit ein paar Monaten kann er sich auch in seinem 12 Quadratmeter grossen renovierten Aussengehege austoben und schaut sich gerne mal um, was in der Nachbarschaft so läuft oder aber er beschäftigt sich damit, Schränke oder Türen zu öffnen.

Im Wohnzimmer bewegt die russische Katzenmutter Wilona gerade ihren langen Schwanz hin und her, um ihren Katzenbabys den Weg nach oben auf den Katzenbaum zu zeigen. Diese sind jedoch misstrauisch und bleiben erstmals lieber auf dem Boden oder versuchen, ihre Energie im «Katzenrad» abzubauen. Wilona hat vor acht Wochen mehrere kerngesunde Fellknäuel zur Welt gebracht. Während ihr Wurf schon herumtobt, erblickt der andere Wurf der tschechischen Zuchtdame Blacky gerade das Licht der Welt. Diese vier kleinen Kätzchen sind einen Monat jünger und liegen in der Wurfkiste noch ganz nah bei ihrer Mama. Sie waren einmal zu fünft, doch ihre Katzenmutter Blacky setzte sich auf eines ihrer Kätzchen drauf und dabei starb es. Zwahlen spricht hier von «nicht überlebensfähigen Jungtieren». Wenn eine Katzenmutter sich um ­eines ihrer Neugeborenen nicht mehr kümmert, ist das Katzenbaby höchstwahrscheinlich krank. So sorgen sich Katzenmütter nicht um Junge, die keine Überlebenschance haben.

Blacky sitzt mit prüfendem Blick daneben und lässt ihre vier gesunden Kätzchen nicht aus den Augen. Während sie noch in ihrer Wurfkiste ausharren und nach der Geburt erstmals nur nach den Zitzen der Mutter suchen können, herrscht nur wenige Meter daneben reges Treiben des älteren Wurfs. Hier wird schon ordentlich gespielt und gegessen. Die Muttermilch deckt den Bedarf während der ersten vier oder fünf Wochen. Danach gibt es feste Nahrung und stilles Trinkwasser aus dem Napf. Die ausgewachsenen Bengalen trinken lieber fliessendes Wasser direkt aus dem Wasserhahn.

Die kleinen Katzen müssen noch viel lernen und werden von ihren Müttern Schritt für Schritt auf das Leben vorbereitet. Nach acht Wochen erfolgt der erste Tierarztbesuch und im Alter von zwölf Wochen der zweite. Die Kleinen wie auch die Elterntiere werden vor Ort auf bengalspezifische Krankheiten getestet. Da sie einen sehr empfindlichen Magen haben, brauchen sie Nahrungsergänzungsmittel und spezielles Futter. Ihr Kater verträgt beispielsweise kein Getreide und keine Kohlenhydrate, liebt dafür aber Rohfleisch. Ihre Katzen hingegen vertragen diese Kost. Bis ein Junges auszieht, kostet es im Unterhalt locker 600 Franken. Wer also selbst einmal diese Katzenrasse züchten möchte, muss sich im Voraus bewusst sein, wieviel Zeit und Kosten sie in Anspruch nimmt. Und wer sie kaufen möchte, muss wissen, dass die Bengalkatze eine aktive Rasse ist und ein hohes Mass an Beschäftigung und Bewegung braucht.

Gut zu wissen
Es gilt: Ab zehn Monaten darf man Junge haben und innerhalb von zwei Jahren sind je nach Zuchtverein zwei bis drei Würfe erlaubt. Esther Zwahlen hat pro Jahr einen Wurf. Bei einem kürzeren Abstand, als den vorgeschriebenen acht Monaten, wird die Zuchtdame normalerweise ab fünf Jahren als Liebhabertier abgegeben. Bei Zwahlens gehört sie auch nach den fünf Jahren weiterhin zur Familie.

Unterschiede: Fell- und Augenfarben
Hier die wichtigsten Bezeichnungen der Fell- und Augenfarben.

Snow Lynx: Die Fellfarbe ist von klein auf Weiss.
Seal: Das ist die Bezeichnung für blaue Augen.
Snow Mink: Von klein an sind Punkte sichtbar.
Charcoal: Sieht aus wie eine Zorro- Maske im Gesicht.
Tabby spotted: Unterschieden wird zwischen spotted und marbel.

Wer bin ich? Ursprung und Entstehung der Bengalkatze
Woher kommt die Rasse? Die Bengalkatze oder auch bekannt als Leopardkatze stammt aus Kreuzungen zwischen einer asiatischen Leopardenkatze (abgekürzt = ALC) mit Hauskatzen. Die wilde ALC ist eine gefleckte Kleinkatze, deren Lebensraum vom Süden Indonesiens bis zum Himalaja reicht. Wie ist die Entstehung der Bengalen aber als Rassekatze entstanden? Die Entstehung liegt in den USA in den 1960er-Jahren, wo Züchter mit den Kreuzungen begannen. Nachdem das Zucht-Projekt pausierte, nahm Züchterin Mrs. Jean Sudgen Mil in den 1970er-Jahren das Projekt erneut auf. Warum kommen «F1» (Foundation 1 = 1. Generation nach der Wildkreuzung) bis «F4»-Bengalen als Liebhaberkatzen nicht infrage? Bengalen der ersten Generationen weisen stark ausgeprägte Wildtier-Eigenschaften auf. Ausserdem ist die Haltung von Bengalen der Generation eins bis vier deutlich anspruchsvoller, da die Tiere als Wildkatzen unter das Artenschutzgesetz fallen. Als Liebhaber-Katzen eignen sich demnach erst Tiere ab der fünften Generation. Ab dieser Generation sind sie an Ausstellungen zugelassen und als voll domestiziert angesehen. Die Bekanntheit der Bengalen nahm erst ab 1985 zu, als sie erstmalig auf einer TICA-Show offiziell vor Publikum vorgestellt und als Rasse anerkannt wurden.Bilder: Chantal Bigler und Leopardkatze aus Archiv von Bengal Info.de.

Von Chantal Bigler