• 25 Jodlerinnen und Jodler aus fünf regionalen Jodlergruppen beeindruckten an den beiden Gemeinschaftskonzerten. · Bilder: Hans Minder

  • In der «Husmusig Möhrenweid» sind Jung und Alt vereint. · Bild: Hans Minder

25.10.2021
Emmental

In der Region wächst beherztes Volksmusikholz

Am Wochenende gaben sich die «Husmusig Möhrenweid» und eine Jodler-Ad-Hoc-Formation aus fünf regionalen Jodlergruppen ein besonderes Tête-a-tête. Ihr Gemeinschaftskonzert in den Kirchen Huttwil und Wasen traf zweimal auf begeisterte Publika, auf Menschen, die in der Pandemie ein wenig Normalität suchten.

Region · Nach und nach erwacht auch die Volkskultur aus ihrem Corona-Schlaf. Übers Wochenende haben die «Husmusig Möhrenweid» und 25 Jodlerinnen und Jodler aus fünf regionalen Jodlergruppen zu zwei Gemeinschaftskonzerten eingeladen. Sie trafen in den Kirchen Huttwil und Wasen zweimal auf begeisterte Publika. Annelies Fankhauser und Bruno Mathys führten mit Pfiff durch das Publikum. Bei dieser Ansage hat sogar das «Totenmügerli», vorgetragen von «Brünu», seinen Platz gefunden. Das Zeitzeichen setzte Rolf Marschall auf seinem Alphorn.

Etwas Neues ausprobiert
Kein Jodlerfest fand statt, keine Konzerte und auch kein Jodlertreffen. Die Corona-Einschränkungen liess eine Gruppe von Jodlerinnen und Jodlern aus den Jodlerklubs Wasen, Sumiswald, Huttwil, Rohrbach und dem Jodlerchörli Wyssachen keine Ruhe. So startete eine 25-köpfige Jodlerschar ein Experiment. Sie wollten einfach etwas Neues ausprobieren. Seit Mitte Juni 2021 hat sich diese Gruppe unter der musikalischen Leitung von Andres Geissbühler monatlich einmal zum intensiven «Training» getroffen, sieben Mal im Ganzen. Dass das Konzert mit so wenig Proben zustande kam, ist, so die Jodlerin Annelies Fankhauser, wohl dem grossen Engagement, aber auch dem Ehrgeiz jedes Einzelnen zu verdanken.

Erdbebensicheres Bassfundament
Und das Experiment machte sich bezahlt. Auf dem «Prüfstand» zeigte sich eine Jodelgruppe, die das Handwerk, der kurzen Einführungszeit zum Trotz, verstanden hat. Ein starkes, sonores Bassfundament trug die Klangarchitektur der Mittel- und Oberstimmen in erdbebensicherer Manier. Sowohl die Agogik wie die Dynamik der vorgetragenen Kompositionen trugen ungetrübte Reifemerkmale. Das Tüpfchen auf das «i» setzten die Jutzerinnen und Jutzer mit ihren klaren, filigran nuancierten Jodelsoli. Diesem Chor mit seinen solistischen Spitzensängern darf ein spezielles Kränzlein gewunden werden. Zu hören gab es, die beiden Zugaben eingeschlossen, zehn Kompositionen von Hannes Fuhrer, Mathias Zogg, Kurt Mumenthaler, Adolf Stähli, Franz Stadelmann und Ernst Sommer.

Zweiter Konzertschwerpunkt
Und für den zweiten Konzertschwerpunkt hat die «Husmusig Möhrenweid» die Instrumente fit gemacht. Sie wurde vor dreissig Jahren im Garten und der Stube der Familie Güdel in der Möhrenweid, daher der Name, aus der Taufe gehoben. In der heutigen Formation spielen mit: Martin Heiniger (Klarinette, Gitarre und Saxofon), Katja Heiniger und Liliane Nyffeler (Klarinette), Esther Heiniger (Violine), Ruth Güdel (Schwyzerörgeli, Akkordzither und Psalter), Käthi Moser (Schwyzerörgeli und Blockflöte), Verena Mathys (Schwyzerörgeli) und am Kontrabass agierte Madeleine Oppliger. In der Möhrenweid-Musig spielen und proben 14-täglich im wahrsten Sinn des Wortes Junge und Lebenserfahrene mit: Die Altersspanne der Musikusse liegt zwischen 17 und 88 Jahren. Soll noch jemand behaupten, dass Musizieren Altersgrenzen kenne.

Glanzvolle Klangperlen
Die «Husmusig Möhrenweid» ist, das zeigt schon ihre Instrumentierung, keine Ländlerformation im landläufigen Sinn. Sie setzt sich davon ab und ist halt der Zeit angepasste Hausmusik, wie sie ganz spontan seit vielen Generationen in Stuben und Kammern gespielt wurde. Geschöpft und interpretiert haben der Musikant und die Musikantinnen aus dem weiten Fundus des schweizerischen Volksmusikschatzes, wobei das bündnerische Element klar im Vordergrund lag. In der ganz differenzierten Instrumentierung der Formation wurden so Töne ins Spiel gebracht, die das Gemeinschaftskonzert mit einer Kette aus glanzvollen, wunderschönen Klangperlen ausschmückten. Mit jedem vorgetragenen Werk verblüfften und überraschten die «Möhrenweider» ihr Publikum erneut. Es war Musik fürs Ohr, Musik, die von Herz zu Herz ging.
Die Mission der Jodlerschar und die Spontaneität der Möhrenweidmusik haben eine klare Botschaft hinterlassen. Sie haben gezeigt, dass in der Region echtes, gesundes und beherztes Volksmusikanten- und Jodlerholz wächst und blüht, und das über Geschlechts-, Herkunfts- und Altersgrenzen hinweg.

Von Hans Minder