• Alter und neuer Langenthaler Gemeinderat (hinten von links): Markus Gfeller, Michael Schär, Matthias Wüthrich und Roberto Di Nino. Vorne von links: Martina Moser, Reto Müller (Stadtpräsident) und Helena Morgenthaler. · Bild: zvg

01.12.2020
Langenthal

In der Stadt wird Kontinuität bevorzugt

Ohne Überraschungen gingen die Gemeinderatswahlen in Langenthal über die Bühne. Sämtliche sieben bisherigen Gemeinderäte wurden wiedergewählt. Auch bei der Anzahl Stimmen lagen die sieben Kandidierenden sehr nahe beieinander. Damit bleibt auch die Sitzverteilung gewährleistet (SP/Grüne 3 Sitze, SVP und FDP je zwei Sitze). Das beste Ergebnis erzielte Stadtpräsident Reto Müller mit 2153 Stimmen.

Dass alle sieben bisherigen Lan­genthaler Gemeinderäte wieder­ge­wählt wurden und zwar unerwartet deutlich, überrascht auf den ersten Blick schon etwas. Gleichzeitig ist es aber auch ein klares Zeichen dafür, dass man sich in Langenthal für die bevorstehenden grossen Herausforderungen eine gewisse politische Kontinuität wünscht. «Das Ergebnis ist meiner Meinung nach ein klares Zeichen dafür, dass der Leistungsausweis dieses Gremiums auch von der Bevölkerung anerkannt und akzeptiert wird», analysierte der wiedergewählte SVP-Gemeinderat Roberto Di Nino das Wahlergebnis.

Martina Moser als Überraschung
Dennoch, ganz ohne Überraschung ging die Gemeinderatswahl nicht über die Bühne. So erzielte SP-Frau Martina Moser, erst seit zwei Monaten im Gemeinderat, mit 1898 Stimmen hinter Stadtpräsident Reto Müller (ebenfalls SP) am zweitmeisten Stimmen. «Dieses Resultat ist auch für mich völlig überraschend», sagte sie gegenüber dem «Unter-Emmentaler». Befragt nach den Gründen für dieses unerwartete Ergebnis, sagte die SP-Gemeinderätin, dass sie nur mutmassen könne, «aber sicher hat mein Jahr als Stadtratspräsidentin einen Teil dazu beigetragen, dass ich in der Bevölkerung besser wahrgenommen wurde. Zudem habe sie sich in den letzten Jahren auch ein breites Netzwerk angelegt, sei sie doch in vielen Bereichen in der Stadt tätig gewesen, gab Martina Moser weiter zu verstehen.
Mit dem Grünen Matthias Wüthrich (1698 Stimmen) landete ein weiterer Kandidaten aus dem linken Lager noch vor dem ersten bürgerlichen Gemeinderatskandidaten, dem SVP-Mann Roberto Di Nino (1619 Stimmen). «Dass ich das beste Resultat im bürgerlichen Lager erzielt habe, macht mich stolz», sagte Roberto Di Nino in seiner ersten Reaktion. Das sei für ihn ein wertvoller Vertrauensbeweis, denn als Finanzminister in dieser Stadt habe er in der öffentlichen Wahrnehmung kein einfaches Amt, müsse er doch oft als «Bremser» auftreten und in den letzten Jahren nicht selten auch weniger erfreuliche Nachrichten verkünden.
Mit Helen Morgenthaler (SVP, 1516 Stimmen, Markus Gfeller (FDP, 1395) und Michael Schär (FDP, 1139) folgen die restlichen bürgerlichen Kandidaten auf den folgenden Plätzen. Dabei liegt einzig Schär mit seiner Stimmenzahl etwas hinter den andern Ratskolleginnen und -kollegen. Aber auch er schaffte den Sprung in den Gemeinderat souverän, denn Stefanie Barben-Kohler als erste Ersatzkandidatin auf der FDP-Liste (853 Stimmen) liegt mit 286 Stimmen doch noch deutlich hinter ihrem Parteikollegen zurück.

Hohe Zustimmung für Reto Müller
Ein persönliches Erfolgserlebnis verzeichnen konnte am Wahlsonntag auch Stadtpräsident Reto Müller, der bei seiner Wiederwahl eine hohe Zustimmung erfuhr. Mit 3053 Stimmen standen am Sonntag beachtliche 78 Prozent der Wählenden (von 3939, bei einer Stimmbeteiligung von 38,78 Prozent) hinter dem «SP-Stapi», der dieses Ergebnis als sehr schöne Bestätigung für seine erste Amtszeit empfand.
Damit konnte er noch gut 20 Prozent mehr Wählende für sich gewinnen als vor vier Jahren, wo er sich in einer Kampfwahl gegen Stefan Costa (FDP) durchsetzte. «Es ist für mich schön zu sehen, dass ich auch von Leuten aus andern politischen Lagern akzeptiert werde», kommentierte er das Ergebnis. Seine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung führt der Langenthaler Stadtpräsident in erster Linie auf seinen Führungsstil zurück. «Es war mir stets wichtig, für die Bevölkerung ansprechbar zu sein. Deshalb suche ich auch so oft wie möglich den Kontakt zu den Leuten und möchte nah beim Volk sein», gab Reto Müller weiter zu verstehen.
Sein gutes Resultat hänge aber auch mit dem eingeschlagenen sozial-bürgerlichen Kurs des Gesamtgemeinderates zusammen, vermutet er. Dieser sei in Langenthal angekommen und werde respektiert. Bewusst ist sich der wiedergewählte «Stapi» aber auch darüber, dass mit dem guten Wahlergebnis gewisse Erwartungen verbunden sind. «Klar, wir haben in den letzten vier Jahren vieles angefangen und nun geht es darum, einiges davon umzusetzen», macht er klar, dass er sich der Verantwortung seiner Wiederwahl bewusst ist.
Mit einer Zustimmung von 87 Prozent haben die Langenthaler auch das Budget 2021 angenommen, das ein Defizit von rund zwei Millionen Franken aufweist. Die Stimmbeteiligung lag hier bei 41,57 Prozent.

Der Stadtrat wird grüner
Der Langenthaler Stadtrat wird ab 2021 grüner. Das ist das Ergebnis der Gemeindewahlen. Grosse Siegerin der Stadtratswahlen in Langenthal ist die Grünliberale Partei, die gleich drei zusätzliche Sitze eroberte und neu über vier Stadträte verfügt (zuvor 1). Damit folgt auch Langenthal dem eidgenössischen Trend, dass Parlamente und Regierungen landauf, landab grüner und linker werden.
Neben Aushängeschild Renate Niklaus-Lanz (1245 Stimmen) schafften für die glp auch Dyami Häfliger (905), Fabian Fankhauser (830) und Niluja Nadesalingam (773) den Sprung ins Stadtparlament. Zugelegt um einen Sitz haben auch die Grünen, die im Parlament von Andri Lehmann (1133 Stimmen), Fanny Zürn (1101), Franziska Gerber-Möri (1098) und Stefan Wehrli (886) vertreten werden. Die vier Sitze, die «grün» wurden, gehen auf Kosten der SP (-1/10 Sitze), der FDP (-1/9) sowie der EVP (-2/2). Damit entsteht im Parlament eine Patt-Situation, mit je 20 Sitzen für das bürgerliche und das links-grüne Lager.
Zu den Siegern darf sich zweifellos auch die SVP zählen, die ihre zehn bisherigen Stadtratssitze verteidigt hat. Ja, der Partei fehlten lediglich 350 Stimmen für einen weiteren Sitz. Mit Patrick Freudiger stellt die Partei zudem jenen Stadtrat, der mit 1539 Stimmen das beste Resultat aller 40 gewählten Stadträte erzielte. Dicht dahinter folgt SP-Stadtrat Roland Loser mit 1539 Stimmen. Interessant ist auch ein Blick auf die Namen der neuen Stadtratsliste. So stellt man fest, dass bei der FDP der bisherige Stadtrat Thomas Multerer abgewählt wurde. An seine Stelle tritt mit Irene Ruckstuhl keine Unbekannte, ist doch die neue Stadträtin in Langenthal als umtriebige Event-Frau bekannt. Bei der EVP wurden gleich drei bisherige Stadträte abgewählt (Janina Heiniger, Jürg Schenk und Michael Siegrist).
Dagegen schaffte auf der Liste der SP Nathalie Scheibli den Sprung ins Parlament und wird so im kommenden Jahr ein Comeback als Stadträtin geben. Den wohl bekanntesten Neu-Stadtrat stellt allerdings die SVP. Als Achter auf der Liste wurde Martin Lerch gewählt (1073 Stimmen), der frühere Regierungsstatthalter des Amtes Aarwangen und ehemalige Militärattaché in Berlin und London. Den zweiten angestrebten Sitz verpasst haben die Jungliberalen, die weiterhin von der bisherigen Stadträtin Carole Howald vertreten werden.

Gemeinderatswahlen Langenthal. Gewählt sind: Reto Müller (SP, 2153 Stimmen), Martina Moser (SP, 1898), Matthias Wüthrich (Grüne, 1698), Roberto Di Nino (SVP, 1619), Helena Morgenthaler (SVP, 1516), Markus Gfeller (FDP, 1395), Michael Schär (1139). Stimmbeteiligung: 40,77 Prozent. – Wahl Stadtpräsident. Gewählt ist: Reto Müller (SP, 3053 Stimmen). Stimmbeteiligung: 38,78 Prozent.

Von Walter Ryser