• Seniorchef Johann Ulrich Grädel (rechts) und sein neuer Mitarbeiter Ahmad Mohamad fixieren die drei Lagen der Bettdecke im Holzrahmen. · Bild: Marion Heiniger

  • Die CNC-gesteuerte Steppmaschine steppt das vorgegebene Muster auf die Bettdecke. · Bild: Marion Heiniger

  • Die vorstehenden Fäden schneidet Ahmad Mohamad mit einer kleinen Schere ab. · Bild: Marion Heiniger

  • Medea Jenzer umrandet zum Schluss die Bettdecke mit einem Band. · Bild: Marion Heiniger

  • Das Lager ist nun im Wollpark, dem ehemaligen Gebäude der Afag AG zu finden. · Bild: Marion Heiniger

08.03.2022
Huttwil

In Schwarzenbach wird nun auch gesteppt

Seit Februar verfügt das Spycher Handwerk über einen weiteren Verarbeitungszweig. In einem ehemaligen Lagerraum werden neu Bettdecken abgesteppt, was dem Familienunternehmen einiges an Weg und Verpackungsmaterial einspart. Das Lager und die Annahme der Wolle wurde im ehemaligen Fabrikgebäude der Afag AG eingerichtet.

Huttwil · Die neue Bettwaren-Stepperei ist bereits voll in Betrieb. Seit Anfang Februar werden die vom Spycher Handwerk Schwarzenbach seit Jahren angebotenen Bettwaren wie Bettdecken, Kissen oder Matratzenauflagen aus Schafwolle und Kamelhaar nicht mehr von einer externen Firma abgesteppt und umrandet, sondern dieser weitere Arbeitsprozess kann nun direkt in Schwarzenbach vorgenommen werden. Mit der neusten Investition einer grossen, CNC-gesteuerten Steppmaschine, welche dafür sorgt, dass der Inhalt der Bettwaren nicht mehr verrutschen kann, spart das Familienunternehmen, welches bereits in zweiter Generation geführt wird, einiges an Weg und Verpackungsmaterial ein. Dafür konnten zwei neue Vollzeitstellen geschaffen werden.

Sechs Bettdecken pro Stunde
Ahmad Mohamad, der neue Mitarbeiter, legt ein grosses Stück Stoff in einen Holzrahmen, platziert ein Wollvlies darauf und deckt beides mit einem weiteren Stück Stoff ab. Alle drei Lagen werden seitlich am Rahmen mithilfe von kleinen, spitzen Häkchen fixiert. Medea Jenzer, die neue Näherin, eilt zu Hilfe, um den Rahmen auf der Steppmaschine zu positionieren. Unter ihren wachsamen Blicken fängt die Maschine an zu nähen. Zuerst den Rand, danach das in der CNC-Maschine eingespeicherte Muster auf der gesamten Decke. Rund sechs Minuten dauert es, bis diese abgesteppt ist. Anschliessend wird sie aus dem Rahmen genommen und in Handarbeit die vorstehenden Fäden mit einer kleinen Schere abgeschnitten. Mit einer speziellen Nähmaschine umrandet Medea Jenzer die Bettdecke mit einem Band. «Momentan können wir etwa sechs Bettdecken pro Stunde absteppen und umnähen. Und dies bis zu einer Länge und Breite von 2,4 Metern», erklärt Johann Ulrich Grädel, Seniorchef des Spycher Handwerks.

Tradition seit über 40 Jahren
Das Familienunternehmen Spycher Handwerk, welches heute 38 Mitarbeitende beschäftigt, hatte seinen Anfang im Jahr 1981, als Johann Ulrich Grädel zusammen mit seiner Schwester eine Kardiermaschine anschaffte und Kardwolle, Kardgeräte, Spinnräder und Webrahmen verkaufte. Wenig später wurde bereits der erste Tag der offenen Tür unter dem Motto «Vom Schaf zum Kleidungsstück» veranstaltet. Doch die Nachfrage nach Spinnrädern war schon kurz darauf rückläufig. Ein neuer Verwendungszweck musste her. Durch die temperaturausgleichende Eigenschaft der Schafwolle kam Johann Ulrich Grädel die Idee zur Herstellung von Schurwollduvets, Kissen und Bettauflagen.
Als im Jahr 2008 die inländische Wollzentrale (IWZ) des Schweizerischen Schafzüchterverbandes im bernischen Niederönz schliessen musste, weil sie die neusten kantonalen Auflagen nicht mehr erfüllen konnte, nahmen die Wollanlieferungen in Schwarzenbach stetig zu. «Heute werden jährlich rund 50 Tonnen Schafwolle aus der ganzen Schweiz angeliefert – mit steigender Tendenz», weiss Johann Ulrich Grädel. Dabei wird diejenige Wolle mit schlechterer Qualität zur Verwendung für Bauisolationen verkauft. Die hochwertige Wolle hingegen wird weiterverarbeitet.

Eigene Schreinerei
Für die neue Stepperei, die in Schwarzenbach gleich an die Karderei grenzt, musste das Lager des Spycher Handwerks weichen. Dieses wurde im ehemaligen Gebäude der Afag AG, das die Familie Grädel gekauft hat, dem heutigen Wollpark an der Fiechtenstrasse 32 untergebracht. An diesem Standort wird unterdessen auch die Wolle angeliefert und sortiert. «Zudem werden wir die Schreinerei und Lättliproduktion dorthin zügeln», verrät Johann Ulrich Grädel.
Für das Woll- und Materiallager wie auch für die zukünftige hauseigene Schrei­nerei wird jedoch nicht das ganze Gebäude benötigt. Bereits konnte Gewerberaum an die Scheidegger Polyart GmbH aus Rohrbach und an Philip Marti, der 2019 zusammen mit seiner Frau Tamara die Oechsli Wohnen + Schlafen AG übernommen hatte, vermietet werden. Philip Marti wird dort die Schreinerei Marti & Lerch GmbH ansiedeln. Weitere Büro-Räumlichkeiten stehen für künftige Mieter noch zur Verfügung.

Von Marion Heiniger