• Im Dress von Langenthal feierte die Huttwilerin Anja Vogt die schönsten Erfolge auf Clubebene. · Bild: Leroy Ryser

  • Anja Vogt freut sich über das Tor gegen Kanada an der Universiade 2019 in Russland. · Bild: zvg

  • Seit Januar arbeitet Anja Vogt als Lehrerin an der Schule in Ursenbach. · Bild: zvg

  • Bei den letzten Auftritten daheim in Huttwil erfuhr Anja Vogt einen grossen Support. · Bild: zvg

  • Der Beginn: Klein Anja zusammen mit ihrem Bruder Jan beim Nachwuchs des EHC Napf. · Bild: zvg

11.04.2022
Sport

«Jetzt bin ich bereit für Neues»

Im Alter von 25 Jahren beendet die Huttwilerin Anja Vogt ihre Eishockeykarriere bereits. Sie war 20 Jahre lang mit Leib und Seele beim Eishockey dabei. Jetzt will sie sich auf den Beruf konzentrieren – und sportlich Neues ausprobieren.

                  
Eishockey · Sie beenden mit 25 Jahren Ihre Eishockeykarriere.  

Für mich passt das so. Ich habe 20 Jahre lang intensiv Eishockey gespielt. Jetzt ist es genug. Ich möchte gerne andere Sportarten kennenlernen. In Zukunft rückt mein beruflicher Weg in den Fokus.  

Ihre letzte Saison verlief turbulent. Nach nur drei Partien wechselten Sie vom SC Langenthal, für welchen Sie zuvor vier Saisons in Serie in der zweithöchsten Schweizer Frauenliga gespielt hatten, zum SC Reinach in die höchste Frauenliga.
Ich hatte noch ein letztes grosses Ziel: Ich wollte im vergangenen Dezember unbedingt an der Winteruniversiade im eigenen Land teilnehmen. Hierfür wollte ich mich noch einmal voll reinknien und einen grossen Aufwand betreiben. Mit einem Kaderplatz beim SC Reinach erhielt ich die Chance, vom intensiveren und schnelleren Spielniveau der höchsten Frauenliga zu profitieren.   

In Reinach haben Sie nach dem Wechsel 18 Partien in der höchsten Liga bestritten.
Ich bin sehr gut aufgenommen worden. Der Teamgeist war super. Speziell war meine allererste Partie, welche ich gleich gegen die ZSC Lions und damit auch gegen die Huttwilerin Lara Christen bestreiten durfte.  

Trotz dem Reinknien Ihrerseits wurde es nichts mit der Universiade.
Leider nein. Aber nicht, weil ich nicht aufgeboten wurde, sondern aufgrund der damals dynamischen Entwicklung der Pandemie, die dafür sorgte, dass die Winteruniversiade in Luzern und Umgebung abgesagt werden musste.

Mit dem Assistenten Urs Kleeb und seiner Tochter und Feldspielerin Vanessa Kleeb  steht ein weiteres Huttwiler Duo für Reinach im Einsatz.
Wir haben uns natürlich schon von früher sehr gut gekannt. Mit Vanessa habe ich viele Jahre zusammen gespielt. Das hat bei Reinach viel Spass gemacht.

Sportlich lief es nicht nach Wunsch. Während Lara Christen aus Huttwil mit den ZSC Lions den Schweizer Meistertitel bei den Frauen feierte, mussten Sie mit Reinach  untendurch. Die Qualifikation wurde auf dem letzten Rang beendet. Das Playout gegen den Vorletzten Thurgau ging mit 0:2-Siegen ebenfalls verloren. Was war los?
Wir haben gekämpft und alles gegeben. Ich muss fairnesshalber sagen, dass die Thurgauerinnen einfach besser waren.

Dann folgte die Ligaqualifikation. In dieser Serie gegen den Abstieg trafen Sie ausgerechnet auf Langenthal. Wie war es für Sie, zu diesen Partien anzutreten?
Ganz speziell. Ich fokussierte mich aber gänzlich auf das Eishockeyspielen. Schön war, dass ich viele langjährige Begleiterinnen wieder einmal traf und mich nach der Partie mit ihnen unterhalten konnte. Mit zahlreichen ehemaligen Teamkolleginnen pflege ich auch neben dem Eis den Kontakt.

Speziell war sicher, dass Sie Ihr letztes Karrierenspiel am 27. März daheim in Huttwil, dem Heimspielort des SC Langenthal, bestreiten durften.
Stimmt. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet. Darum war eigentlich das Cupspiel um den 3. Rang am 6. März gegen die ZSC Lions mein Abschiedsspiel in der Huttwiler Eishalle, wo das Final-Four-Cupturnier ausgetragen wurde. Ich wurde dort von meiner Familie, Bekannten und vielen Freunden lautstark unterstützt. Dass es drei Wochen später noch einmal zu einem Auftritt in Huttwil kam, war ganz speziell. So schloss sich der Kreis meiner Karriere am Ort, wo sie begann, gleich doppelt. Es war schon sehr emotional für mich.    

Die «Best-of-3»-Serie ging mit 0:2-Siegen verloren. Damit steigt Reinach in die B-Liga der Frauen ab.
Wir konnten die taktischen Vorgaben einfach nicht umsetzen. Auch die Schnelligkeit fehlte in unserem Spiel. Weiter war die Chancenauswertung die gesamte Saison über ungenügend. Wenn ich antrete, will ich allerdings immer gewinnen. Die Enttäuschung war schon gross.  Es tat mir sehr leid für meine Teamkolleginnen. Es wird für den SC Reinach, der sich total auf das Frauenteam fokussiert, nicht einfach in der kommenden Saison.

Angefangen hat Ihre Eishockey-Karriere daheim in Huttwil. Erinnern Sie sich?
Ja. Mit meinem Bruder, der mich zum Eishockey brachte, habe ich als Fünfjährige die Hockeyschule des EHC Napf besucht.  Das hat mir von Beginn weg gefallen. So habe ich die untersten Stufen wie Bambini und Piccolo durchschritten. Dann gab es in Huttwil auf einmal kein Eis mehr. Meine Karriere fand zwangshalber auswärts seine Fortsetzung. Zu meinen Stationen gehörten Sursee U15, Burgdorf U15, Burgdorf U17, Zuchwil U17 und Burgdorf U17. Bis ich 18 Jahre alt war, durfte ich in den Teams der Jungs mitspielen, was mir immer gefallen hat. Anschliessend war dies verboten. Ich setzte die Karriere in Frauenteams fort.  

Aber warum die Männer-Sportart Eishockey? Hätte Ihnen nicht auch Volleyball oder Unihockey zugesagt?
Solche Klischees haben mich noch nie interessiert. Die Schnelligkeit dieses Teamsports hat mich von Beginn weg fasziniert. Eishockey war für mich immer die erste Wahl. Allerdings habe ich mich in jungen Jahren auch im Geräteturnen und im Tennis versucht.

Welche Qualitäten waren es Ihrer Meinung nach, dass Sie es im Eishockey immer weiter nach oben geschafft haben?
Ich denke vor allem durch meinen Ehrgeiz. Weiter kann ich mich gut in ein Team integrieren. Sowieso sagt mir der Teamsport vielmehr zu als Einzelsportarten.  

In den Saisons 2014/15 und 2015/16 liefen Sie für den EV Bomo Thun in der höchsten Liga der Frauen auf. Ihre erfolgreichste Zeit auf Clubebene?
Da war ich noch ziemlich jung und kein Fixpunkt im Kader. Ich kam nicht immer zum Einsatz. Daher würde ich eher sagen, dass meine beiden Meistertitel in der zweithöchsten Frauenliga mit dem SC Langenthal die sportlichen Highlights waren.

Den grössten Erfolg dürften Sie im März 2019 erlebt haben, als Sie die Schweizer Auswahl an der Universiade – eine Teilnahme ist bis zum 25. Lebensjahr möglich – in Russland vertreten haben.
Das stimmt genau. Es war vom Anfang bis zum Ende ein unvergessliches Erlebnis. Die Zeit im olympiaähnlichen Dorf mit vielen Sportlerinnen und Sportlern aus anderen Disziplinen und aus verschiedensten Ländern war cool. Unvergessen bleibt für mich natürlich auch mein Torerfolg gegen die Übermacht Kanada. Am Ende verloren wir die Partie 1:10.    

Auf Clubebene sind Sie via Reinach und den Brandis Ladies wieder beim SC Langenthal gelandet. Dort konnten Sie Ihren Sport mit vielen Kolleginnen ausüben. War es gesellschaftlich gesehen die schönste Zeit?
Ja, auf jeden Fall.

Sie haben bei vielen Stationen gespielt. Wissen Sie, wie viele Kilometer Sie in all den Jahren für das Eishockey zurückgelegt haben?
Da ich bis vor kurzem immer in Huttwil gewohnt habe, musste ich immer reisen. Ich kann die Anzahl der Kilometer nicht schätzen – aber es waren in den 20 Jahren unglaublich viele. Den grössten Teil davon haben meine Eltern für mich zurückgelegt. Ihr Support über die gesamte Dauer meiner Eishockeylaufbahn war einfach grandios. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich dafür bedanken.

Nun ist Schluss. Wie genau soll Ihr beruflicher Weg aussehen?
Seit Januar arbeite ich an der Schule Ursenbach als Lehrerin in einem Teilpensum und studiere nebenbei an der PH Bern, wo ich im Sommer meinen Bachelorstudiengang abschliesse. Dann starte ich mein Masterstudium.

Werden Sie irgendwo noch zum Plausch Eishockey spielen?
Nein. Ich habe immer gesagt, dass ich diesen Sport nur mit 100-prozentigem Einsatz ausübe – oder gar nicht.

Kurz nachgefragt: Bester Eishockeyspieler ever: Mark Streit.

Gerade so gut wie Eishockey: Ein gutes Essen.

Vorbild: Mark Streit. Ich blickte in meiner Jugendzeit zu ihm hoch. Für mich war er der Schweizer, der im Eishockey nicht nur in der Schweiz durchstartete.     

Rückennummer: Bei Langenthal die Nummer 11, bei Reinach die Nummer 25. Die 25 ist meine Lieblingszahl und die 11 gefällt mir einfach.

Verletzungen: Ich war selten verletzt. Am schlimmsten war eine Hirnerschütterung, welche mich rund drei Monate ausser
Gefecht setzte. Zum Glück ist sie zum Ende einer Saison passiert, womit ich fast keine Eishockeypartien verpasst habe.  

Freund: Das bleibt mein Geheimnis.    

Familienwunsch: Den habe ich schon. Allerdings ist es jetzt noch zu früh dafür.

Netflix: Habe ich. Meine Lieblingsserie heisst «Modern Family».      

Gesellschaftsspiele: Uno Flip.  

Süssigkeiten: Wenn, dann Schokolade. Ich bevorzuge aber Salziges.

Jahreszeit: Winter – auch wegen dem Eishockey.   

Ostern: Verbringe ich beim Skifahren in den Ferien in Samnaun.

Feriendestination: Schweden. Ich war schon viermal dort.

Steckbrief Anja Vogt:
Rufname:     Änj
Wohnort:     Huttwil
Geboren:     25. September 1996
Grösse:       170 cm
Gewicht:      65 kg
Sternz.:       Waage
Familie:      Vater Res, Mutter Esther, Bruder Jan (23)  
Beruf:         Studentin
Hobbies:    Eishockey, Tennis, Squash, Wandern, Skifahren
Farbe:         Gelb
Kleidung:    sportlich
Essen:        Brunch
Getränk:     Rivella rot
Musik:        Mundart
Lektüre:     Biografien
TV:              vor allem Sport

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Anja Vogt, Eishockeyspielerin aus Huttwil