• Adrian Tschumi, begeisterter Hornusser und zugleich Zentralpräsident des Eidgenössischen Hornusserverbandes. · Bild: Hans Hofmann

22.04.2021
Sport

«Kein ‹Eidgenössisches› dafür eine Ligameisterschaft›»

Adrian Tschumi aus Moosseedorf ist derzeit ein gefragter Mann. Soeben musste der Zentralpräsident des Eidgenössischen Hornusserverbandes schweren Herzens aber aus Vernunft das Eidgenössische Hornusserfest 2021 in Thörigen/Bleienbach absagen. In den letzten Tagen kreierte er zudem mit den wichtigsten Funktionären die «Ligameisterschaft 2021». Der «UE» stellte dem 50-jährigen Gastronom Fragen.

Wie fest trifft es Sie, dass 2021 kein Eidgenössisches Hornusserfest stattfinden wird?

Es ist einfach sehr schade, aber gleichzeitig vernünftig. Ich war in den letzten Wochen hautnah bei der Entscheidungsfindung dabei. Am Ende hat die Vernunft gesiegt. Es gab keine andere Möglichkeit als die Absage.  

Warum konnte auch eine rein sportliche Version nicht auf die Beine gestellt werden?

Natürlich haben wir verschiedenste Varianten geprüft. Selbst bei einer Reduktion des Events auf einen rein sportlichen Wettkampf ohne Rahmenprogramm kämen wir auf eine Zahl von 1000 Anwesenden pro Festtag. Und wann der Bund die Öffnung bis zu dieser Personengrenze ermöglicht, ist derzeit völlig unklar, die Planung unmöglich. Zudem besagt der Name Hornusserfest, dass es auch ein Fest sein soll. Ein «Eidgenössisches» ohne Zusammensitzen und Fachsimpeln im zweiten Teil sowie ohne feierliche Rangverkündigung ist einfach nichts das gleiche. Wir haben deshalb nach dem Motto «Ganz oder gar nicht» entschieden.  

Eine dezentrale Durchführung war kein Thema gewesen?

Eine dezentrale Durchführung – wie es etwa das Eidgenössische Schützenfest plant – wäre wegen den unterschiedlichen Spielfeldern der teilnehmenden Mannschaften wettbewerbsverzerrend und daher nicht fair. Ausserdem würden nicht alle Mannschaften der gleichen Stärkeklasse am gleichen Tag spielen. An den Spieltagen würden damit verschiedenste Wetterkapriolen – von der Bise bis zum Wetterluft – den Spielbetrieb komplett verfälschen.

Wie hoch ist der finanzielle Verlust nach der Absage?

Wie es im OK aussieht, weiss ich nicht. Im Hornusserverband sind bis jetzt keine Unkosten entstanden. Wir haben vor der Bestellung der Auszeichnungen – eine Aufgabe des EHV – die Reissleine gezogen.  

Das OK des «Eidgenössischen» in Thörigen/Bleienbach ist der Pandemie ausgeliefert. Zeigt sich der Eidgenössische Hornusserverband solidarisch und trägt die Unkosten mit?

Es wird wie mit den abgesagten Hornusserfesten 2020 verfahren. Das OK wird uns die Zahlen liefern. Anschliessend werden wir uns mit Swiss Olympic in Verbindung setzen. Mit dem Covid-19-Stabilisierungspaket Sport unterstützt der Bund durch die nationalen Verbände den Schweizer Sport. Ausserdem können mit den Einnahmen der trotz der Absage durchgeführten Lotterie Kosten gedeckt werden.

Warum wurde das «Eidgenössische» nicht um ein Jahr verschoben?

Eine terminliche Verschiebung kommt bei einem Eidgenössischen Hornusserfest nicht in Frage, da der Landbedarf mit den Bauern frühzeitig geplant und die Bewirtschaftung abgesprochen werden muss. Für die 39. Ausgabe waren nebst Verträgen mit diversen Sponsoren und Partnern oder den Einwohnergemeinden Kontrakte mit 23 Landwirten für 100 Hektaren Land abgeschlossen worden. Dies entspricht der Grösse von etwa 100 Fussballfeldern.

Dann findet definitiv erst 2024 in Höchstetten das 39. Eidgenössische Hornusserfest statt?

Dies stimmt nicht ganz. Wir haben entschieden, dass das 39. Eidgenössische Hornusserfest einfach nicht stattfindet. 2024 in Höchstetten findet bereits das 40. Eidgenössische Hornusserfest statt.    

Es sieht nach der Absage des «Eidgenössischen» nicht so rosig aus mit der Hornussersaison 2021. Viele Anlässe mussten schon abgesagt werden. Es dürften wie 2020 voraussichtlich keine Feste stattfinden.

Das könnte durchaus eintreffen. Allerdings ist es für die Organisatoren von Kleinfesten, Jubiläumsanlässen oder Weihen weniger schwierig, die Anlässe um ein Jahr zu verschieben. Und bis im September, wo die meisten dieser Anlässe stattfinden würden, kann sich noch einiges verändern.  

Wie steht es um die Gruppenmeisterschaft?

Bei der GM besteht eine Gruppe aus sechs Spielern der gleichen Gesellschaft. Dieser Modus ist absolut coronakonform. Darum findet dieses Wettmessen wie geplant mit Ausscheidungen in den Zweckverbänden  sowie dem Final statt. Dieser Final findet am 18. September in Thunstetten statt.

Das einzige, was im Hornussen 2021 normal stattfinden dürfte, ist die Nachwuchsmeisterschaft, weil die Kinder und Jugenlichen keine Auflage haben.

Stimmt. Alles soll wie gewohnt ablaufen. Am 1. Mai startet die erste der vier Nachwuchs-Meisterschaftsrunden. Im September sind dann die Nachwuchsfeste geplant. Dort könnten dann beispielsweise die Verbandsfeste auf zwei Tage ausgedehnt werden, damit nicht zuviele Leute gleichzeitig auf Platz sind.

Nachdem das «Eidgenössische» vom Tisch ist, dürften Sie sich derzeit hauptsächlich mit dem Meisterschaftsbetrieb 2021 beschäftigen?

Ganz genau. Und wir wollen unbedingt spielen.

Die Meisterschaft soll bereits am Wochenende oder spätestens am 2. Mai beginnen. Fakt ist, dass zu dieser Zeit die Obergrenze von 15 Personen für Sportanlässe immer noch gilt. Eine Hornussermeisterschaft im herkömmlichen Stil ist damit unmöglich.

Eine Sondergenehmigung für den Hornussersport wurde vom Bundesamt für Sport abgelehnt. Darum haben wir einen speziellen Modus 2021 festlegen müssen. Es gibt keine gewöhnliche Schweizermeisterschaft – und damit auch keinen Meister sowie keine Auf- und Absteiger. Wir nennen die Saison «Ligameisterschaft 2021». Ziel ist es, dass alle Hornusser ihren geliebten Sport trotz der Pandemie ausüben können. Wie gewohnt treten zwei Mannschaften an einem Tag gegeneinander an. Gespielt wird analog der Gruppenmeisterschaft in Sechsergruppen. Allerdings kommen alle 18 Spieler (16+2) pro Team zum Einsatz. Einfach in Dreiergruppen hintereinander zeitlich getrennt. Die Gruppe 1 der Mannschaft A spielt gegen die Gruppe 1 der Mannschaft B etc. Die Mannschaften kommen nur mit den eingeteilten Gruppen auf Platz. Erst wenn die beiden ersten Gruppen (total 12 Spieler) fertig gespielt haben, kommen die beiden zweiten Gruppen auf den Platz etc. Die An- und Abreisezeiten der Gruppen sind damit verschieden. Es werden 2 x 2 Streiche ohne Wechsel geschlagen. Für die Wertung haben wir ein spezielles System entworfen (Beispiele siehe Abbildungen). Wie gewohnt treffen alle Teams pro Liga einmal aufeinander. Es gibt wie üblich eine Mannschafts- und eine Einzelschlägerwertung mit Auszeichnungen für die Besten am Ende der Saison. Diese spezielle «Ligameisterschaft 2021» startet am 2. Mai.  

Was passiert, wenn sich die Hornussergesellschaften mit dem neuen Modus nicht einverstanden zeigen?

Ich hoffe, dass sich die Hornusser mit dem neuen Modus einverstanden erklären. Ich bin überzeugt, dass die Hornusser spielen möchten.  

Haben Sie Angst davor, dass die Hornusser beim traditionellen Zusammensitzen nach den Meisterschaftsspielen gegen die Covid-19-Vorschriften verstossen werden?

Nein. Wir haben die Gesellschaften informiert und appellieren an die Selbstverantwortung. In der speziellen Übergangs-Meisterschaftssaison 2021 müssen die Hornusser jetzt halt einmal ohne das Zusammensitzen nach dem Sport auskommen. Schwieriger wird es sein, die Zuschauer von den Spielen fern zu halten. Zufällig passierende Spaziergänger, Wanderer, Walker und Velofahrer, welche anhalten und das Hornussen kurz mitverfolgen, können nicht vorgängig informiert werden. Aber mit einem gesunden Menschenverstand sollten solche Begebenheiten auch kein Problem darstellen, zumal das Hornussen ja nicht in geschlossenen Räumen sondern draussen in der Natur stattfindet.

Eine allgemeine Frage zum Schluss: Haben Sie das Gefühl, dass die Corona-Pandemie dem Hornussersport starken Schaden zufügte?

Ich glaube schon. Es ist viel Arbeit nötig, damit wieder alle Hornusser raus aufs Spielfeld gehen. Es braucht Zeit, bis sich alles wieder reguliert. Das Hornussen steht mit dieser Herausforderung aber nicht alleine da. Alle Sportarten kämpfen mit dem langen, coronabedingten Unterbruch.

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Adrian Tschumi, Zentralpräsident Eidgenössischer Hornusserverband