• «Für ein trauriges Fasnachtsbild setze ich mich gerne hin», sagt dieser enttäuschte, aber dennoch verkleidete Fasnächtler von der Clique «Halb-Halb». · Bild: Leroy Ryser

03.03.2020
Luzerner Hinterland

Keine Fasnacht, Eishockey vor leeren Rängen

Der Entscheid des Bundesrates, alle Veranstaltungen mit über 1000 Besuchern zu verbieten, hat am vergangenen Freitag grosse Wellen geworfen. Am Nachmittag hat Regierungsstatthalter Marc Häusler bekanntgegeben, dass sämtliche Fasnachtsaktivitäten in der ganzen Region abgesagt werden. Während der Fussballverband sämtliche Spiele und Turniere absagte, entschied der Schweizerische Eishockeyverband, die Partien vom Wochenende vor leeren Rängen durchzuführen.

Region · Am vergangenen Freitagnachmittag folgte, was nach dem Vormittag erwartet wurde: Nach dem Bundesratsentscheid, Veranstaltungen mit über 1000 Besuchern zu verbieten, bestätigte Regierungsstatthalter Marc Häusler an einer Medienkonferenz, dass per sofort sämtliche Fasnachtsveranstaltungen abgesagt würden – in der gesamten Region. Damit habe man vor allem verhindern wollen, dass sich das Fasnachtsfieber an einem Ort zentriert. «Wenn wir in Langenthal absagen, würden die Fasnächtler sich vielleicht an einem anderen Ort treffen. Dann hätten wir an anderen Orten die kritische Grenze von 1000 Personen vielleicht rasch erreicht», so der Regierungsstatthalter. Dementsprechend seien alle Ausnahmebewilligungen beispielsweise für einmalige Barbetriebe oder auch die Langenthaler Freinacht zurückgezogen worden. «Wir haben diesen Entscheid nicht etwa zum Spass getroffen, letztlich gründet dieser auf einem Auftrag des Bundesrates. Ausserdem dient er dem Bevölkerungsschutz, weshalb es gute Gründe gibt, sich daran zu halten.» Die Polizei sei ausserdem angehalten worden, diese Vorgaben durchzusetzen.

Tränen sind geflossen
Für Langenthal ein herber Schlag – vor allem auch wegen der Kurzfristigkeit, wie der Ober der Fasnachtsgesellschaft, Stefan Spahr, sagt. «Wir waren alle auf Nadeln, die Vorfreude war riesig. Und dann wird alles abgesagt. Das ist sehr hart.» Als der Entscheid gemeinsam mit Stadtpräsident Reto Müller im Bären allen Beteiligten verkündet wurde, seien auch Tränen geflossen. «Sehr viele Personen haben unzählige Stunden ihrer Freizeit in die Fasnacht gesteckt. Deshalb ist dies seit der Gründung im Jahr 1953 zweifellos die schwierigste Situation der LFG.» Auch finanziell habe dieser Entscheid Konsequenzen, gar existenzieller Natur. Die insgesamt 15 000 gefertigten Plaketten könnten nun nicht verkauft werden, Einnahmen würden vor allem auch deshalb fehlen. Letztlich betrifft dieser Entscheid auch das örtliche Gewerbe, besonders jene Betriebe die sich im Gastgewerbe bereits auf einen entsprechenden Besucheransturm vorbereitet hätten. «Daraus entsteht zweifellos ein immenser wirtschaftlicher Schaden», sagt auch Gemeinderat Markus Gfeller, der in früheren Jahren noch LFG-Ober war. «In Langenthal mussten wir immerhin 20 Einzelveranstaltern die Bewilligung entziehen. Das hat Folgen. Die gesundheitliche Gefährdung ist aber höher zu gewichten, als der wirtschaftliche Schaden.» Auch deshalb wurde die Bevölkerung und die jeweiligen Cliquen von der Langenthaler Fasnachtsgesellschaft aufgefordert, das Bilden von Menschenansammlungen in Eigenregie zu vermeiden.

Verschiebung nicht möglich
Davon, einzelne Anlässe isoliert durchzuführen, habe man indes abgesehen, sagt Stadtpräsident Reto Müller. «Hier stellte sich die Frage, wie man dies kommunizieren würde und ob man hier nicht besser die Vorgaben konsequent umsetzt und alles absagt.» Diskutiert habe man indes auch darüber, die Fasnacht zu verschieben, auch dies sei aber nicht möglich. «Die Wagen werden von Fahrzeugen gezogen, die in der Zwischenzeit anderweitig gebraucht werden. Ausserdem wäre die Magie der Langenthaler Fasnacht nach einer Verschiebung wohl nicht mehr dieselbe gewesen.» Zweifellos sei dieser Entscheid schwer zu ertragen, auch er selbst habe einzelne Tränen vergossen, so Reto Müller. Diskutiert wird nun über einen Event im Sommer, an dem die bereits gefertigten Plaketten womöglich abgegeben werden könnten, um den finanziellen Ausfall bei der LFG abzufangen. Auch sagt Stadtpräsident Reto Müller Unterstützung von der Stadt zu. «Wir werden sicherlich nicht jeden entschädigen können. Wer in anderen Jahren profitiert hat, wird das Risiko heuer auch mittragen müssen. Klar ist aber auch, dass wir die Fasnacht nicht wegen diesem Ausfall nach jahrhundertelanger Tradition beerdigen werden.»

«Kommen mit blauem Auge davon»
Die Konsequenzen muss man aber nicht nur in Langenthal, sondern auch in Huttwil tragen. Auch hier entschied die Fasnachtsvereinigung schon am Freitagnachmittag, auf die Durchführung sämtlicher Events rund um die Fasnacht aus Sicherheitsgründen zu verzichten, auch eine Verschiebung kam nicht in Frage. «Der ganze Freitag war für mich sehr nervenaufreibend. Ich hatte innert Kürze zahlreiche Anrufe und Nachrichten, wie es um die Huttwiler Fasnacht steht», sagt Jacqueline Flückiger, Präsidentin der Fasnachtsvereinigung. Nach der Absage in Langenthal sei dann klar gewesen, dass es auch für die Huttwiler Fasnacht keine Möglichkeit zur Durchführung geben wird, entsprechend habe sie den Teilnehmern dies mitgeteilt. «Ich fühlte mich vor den Kopf gestossen, denn damit habe ich nicht gerechnet. Natürlich ist die Enttäuschung gross, vor allem auch, weil wir in diesem Jahr das 25-Jahr-Jubiläum gefeiert hätten.» Rasch habe man sich deshalb entschlossen, alles um ein Jahr zu verschieben. Im nächsten Jahr bleibt deshalb das Motto bestehen, Jubiläum gefeiert wird dann ebenfalls. «So können auch Spielgruppen, die gebastelt haben, ihre Resultate im nächsten Jahr zeigen, wenn sie das wollen.» Immerhin: Der finanzielle Schaden hält sich im Vergleich zur Langenthaler Fasnacht noch in Grenzen, Jacqueline Flückiger glaubt, mit einem blauen Auge davonzukommen. «Wir können diverse Bestellungen noch stornieren und hoffen, dass uns die Gebühren für Bewilligungen, die wir jetzt nicht brauchen, erlassen werden.» Zudem seien die Reaktionen auf die Absage sehr herzlich gewesen, viele Fasnächtler hätten ihr geschrieben, «dass wir im nächsten Jahr umso mehr Gas geben werden.»

Gefehlt hat nur die Musik
Die Freude an der Fasnacht wollten sich aber selbst in diesem Jahr nicht alle nehmen lassen. Gleich mehrere Fasnachtsfans enterten jeweils abends kostümiert die Strassen und feierten in den Restaurants und Bars, welche den Betrieb wie an einem normalen Freitag aufrechterhalten durften. Am Sonntag dann säumte die Bevölkerung bei schönstem Wetter die Strassen gar zahlreich. Anwesende feierten quasi eine etwas andere Fasnacht, zwar mit viel Freude, Musik und Tanz, aber ohne Guuggen und Fasnachtswagen. «Wir haben trotzdem die ganze Nacht gefeiert und werden auch heute Abend wieder feiern», sagte eine Gruppe Kostümierter am Samstagmittag vor dem «Chrämerhuus». Zwar hätten die Lokale tatsächlich, wie an sonstigen Abenden auch, zeitig geschlossen, ein bisschen Fasnachtsstimmung sei aber dennoch aufgekommen. «Gefehlt haben einzig die Cliquen und Guuggen», diese haben sich offensichtlich an die behördliche Forderung gehalten und keine Songs gespielt. «Ein trauriges Fasnachtsfoto? Da sitze ich gerne demonstrativ traurig hin», sagt derweil ein anderer Fasnächtler vor dem «Choufhüsi», wo zur Mittagszeit die Bühne leer steht. Das Mitglied der Clique «Haub-Haub» meint dann, «jetzt geh ich ins Bier – auch ohne Fasnachtseröffnung.» Wenige Stunden später entscheiden die Chlepf-Schitter, eine Crowdfunding Aktion zu starten, um die LFG finanziell zu unterstützen. «Ohne sie gäbe es unsere Fasnacht nicht. Also helfen wir», wird in einem Video gesagt. Prompt erhält die LFG grossen Zuspruch.

Fussballspiele verschoben
Auch im Sport hat der Corona-Virus einiges durchgewirbelt. Im Fussball wurden sämtliche Partien, ja gar Turniere und Freundschaftsspiele bis hin zu den Junioren abgesagt und verschoben. Auch der FC Langenthal, der am Wochenende zu Hause auf der Rankmatte in die Rückrunde hätte starten sollen, trug die Partie gegen Délémont nicht aus.
Gestern wurde zudem nach Redaktionsschluss über die Konsequenzen fürs Eishockey an einer Ligaversammlung der National- und Swiss League debattiert und über das weitere Vorgehen entschieden, darüber wird der «Unter-Emmentaler» in seiner Donnerstagsausgabe berichten. Im Raum stand, die Playoffs zu einem späteren Zeitpunkt im Modus Best-of-Five fortzusetzen, um weitere trostlose Geisterspiele umgehen zu können oder gar abzusagen. Auch Huttwil spielte das letzte Spiel der Saison gegen Düdingen vom Samstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ebenfalls ohne Zuschauer fanden die Partien der National- und Swiss League statt. Dazu gehörte auch die letzte Viertelfinalpartie des SC Langenthal gegen den EHC Olten.
Immerhin im Campus Perspektiven sind vorläufig keine Anlässe betroffen, die ein Publikum von über 1000 Personen anziehen werden, dies liess Lukas Zürcher über die Medienmitteilung der Stadt Huttwil verlauten. Events, die unter diese Richtlinie gehen, dennoch aber mehrere Personen anziehen, müssen fortan aber speziell bewilligt werden. Dafür hat der Kanton Bern bereits eine Hotline – 0800 634 634 – eingerichtet. So wurde zum Beispiel auch das Konzert von Heimweh im Sumiswalder Forum abgesagt.

Von Leroy Ryser