• Gerhard Käser (links) hielt die Laudatio auf Fabian Unternährer.

  • Der zweite Preisträger ist Willy Jost. · Bilder: Hans Mathys

05.12.2016
Langenthal

Kulturpreise an zwei «Kamera-Virtuosen»

Grossaufmarsch an der 25. Kulturpreisverleihung der Stadt Langenthal in der Alten Mühle, viel Applaus für die ausgezeichneten Fotografen Willy Jost (Busswil bei Melchnau) und Fabian Unternährer (Bern, früher Langenthal).

Die 199-Plätze-Tribüne in der Alten Mühle war zu klein, um allen zur Verleihung des Kulturpreises der Stadt Langenthal Erschienenen eine Sitzmöglichkeit zu bieten. Bei der Begrüs­sung gab Gemeinderat und Kulturkommissionspräsident Daniel Rüegger der Freude über das Interesse am Traditionsanlass Ausdruck. Der am 31. Dezember 2016 gleich aus beiden Ämtern scheidende Daniel Rüegger fragte das Publikum, ob es wisse, was besonders sei an dieser Kulturpreisverleihung 2016. «Es ist die 25.», klärte er gleich selber auf. Für eine feierliche Note sorgte das Trio vom grünen Hoger mit Rainer Walker (Leiter oberaargauische Musikschule Langenthal), Sabina Weyermann und Peter Ehinger mit barocken Klängen.

Laudation auf Willy Jost
Spannendes erfuhr das Publikum bei der Laudatio von Urs Zurlinden, Mitglied der Theaterkommission, für Kulturpreisgewinner Willy Jost. Er sei heute einer von knapp 170 Einwohnern von Busswil, wo das «Buesu Pintli» geschlossen und die Einwohnerzahl «rasch sinkend» sei. Zurlinden verriet, dass Jost früher einer heimtückischen Krankheit wegen ein «schmächtiges Büebli» gewesen sei – selbst noch mit 16 Jahren, als er sich bei der Firma Witschi in Langenthal um eine Maurerlehre bewarb. Vor dem Vorstellungsgespräch beim alten Patron Friedrich Witschi sei Willy Jost mit einem Boot über den Brienzersee gerudert. «Das het fei ä chli Blootere gäh a de Häng», so Zurlinden. Dies habe den alten Witschi überzeugt. «Ä Giu mit settige Schwiele cha schaffe», habe er damals, 1968, gesagt. Er stellte den Jüngling an. Das Publikum quittierte die Geschichte mit einem herzhaften Lachen. Willy Jost ist dem Baugeschäft Witschi die ganze Zeit treu geblieben – und hatte sich zudem zum Polier weitergebildet.
Das Fotografieren sei schon seit Jahrzehnten Willy Josts grosse Leidenschaft, so Zurlinden in der Laudatio. Der Busswiler habe sich vom ersten Lehrlingslohn eine 75-fränkige Kodakkamera gekauft. Das erste geschossene Bild sei das neue Gartenhäuschen gewesen – im Vordergrund Geranien, und alles im schönsten Morgenrot. Jost habe immer geduldig gewartet, bis Licht, Perspektive, Farbe und Bildaussage gestimmt hätten. Diesen Herbst sei Willy Jost mit seiner Frau erneut in Nepal gewesen – in einer abgelegenen Gegend, wo ein Erdbeben am 25. April 2015 rund 8800  Tote gefordert habe. Zudem seien Hunderttausende obdachlos geworden. Willy Jost und Gattin Magdalena hatten einen Rucksack mitgebracht. Darin 60 000 Franken gespendetes Geld, mit dem die Einheimischen den Dorfbrunnen und damit ihre Wasserversorgung wieder in Gang bringen konnten. Willy Jost ist, so sagt er, mit einem «Riisebrätsch nöii Fottine» in die Schweiz zurückgekehrt.

Fabian Unternährer – «Shoothig Star der Schweizer Fotoszene»
Ebenfalls mit dem Kulturpreis 2016 der Stadt im Bereich Fotografie ausgezeichnet wurde Fabian Unternährer (1981). In einem «Glanz & Gloria»-Porträt des Schweizer Fernsehens wurde er als «überraschend, ungewohnt und skurril» bezeichnet – und zudem als «Shootingstar der Schweizer Fotografieszene» gefeiert. Geboren wurde Fabian Unternährer in Basel. Mit seiner Familie zog er bald nach Langenthal. Heute lebt er in Bern. «Mit 16 Jahren wollte er Fotograf werden, doch von verschiedenen Seiten wurde ihm abgeraten», blickte Gerhard Käser, Mitglied der Kulturkommission, bei der Laudatio für den heute 35-Jährigen zurück. Auf einer Reise nach Amerika habe er dauernd fotografiert. Da machte es in jeder Hinsicht «klick». Zurück in der Schweiz, belegte er an der Schule für Gestaltung in Langenthal – die er sehr lobt – einen Vorkurs. Dann besuchte er zwei Jahre die Fotoschule der Fachhochschule Vevey – und machte sich selbstständig. 2009 gewann er den ersten Preis, 10 000 Franken, im Kornhausforum Bern. In der Jury sass Esther Woerdehoff, Foto-Galeristin aus Paris, die ihn entdeckte und im Couloir du Louvre ausstellen liess. 2012 machte Fabian Unternährer den Bachelor an der Hochschule der Künste in Zürich. Bis dahin hatte er bereits in Berlin, Amsterdam, London, Dublin, Brüssel, Hamburg und anderswo ausgestellt. Er war sich nie zu schade, ebenfalls Auftragsarbeiten anzunehmen. Oft sei er zudem als Psychologe gefragt gewesen, so Gerhard Käser: «Wenn er merkte, dass das Gegenüber verkrampft, angespannt oder nervös war – Johann Schneider-Ammann, Alain Berset, Daniel Cohn-Bendit, Nick Hayek.» Unüberhörbar war nun das Raunen auf der Tribüne. Weshalb wohl?
Nachdem Cora Maurer-Vlug, Mitglied der Kulturkommission, die Preise übergeben hatte, dankte Willy Jost der Stadt Langenthal für diese Ehre. «Ich wollte das Gleiche sagen», so Fabian Unternährer, der damit kollektives Schmunzeln im Publikum auslöste. Für ihn sei es die zehnte und zugleich letzte Kulturpreisverleihung, sagte der Ende Jahr abtretende Langenthaler Stadtpräsident Thomas Rufener, der im Namen des Gemeinderates gratulierte. Er bewundere die besonderen Fähigkeiten der beiden Fotografen im Umgang mit der Kamera. Für ihn sind Jost und Unternährer «Kamera-Künstler», ja sogar «Kamera-Virtuosen». Mit dem Wunsch Thomas Rufeners, die kulturelle Schaffenskraft möge in Langenthal und Umgebung nie erschöpft sein, gelang dem «Stapi» der perfekte Schlusspunkt.

Von Hans Mathys