• Die Huttwilerin Lara Christen holte sich mit dem Frauenteam der ZSC Lions den Schweizer Vizemeistertitel. · Bild: Reto Christen

07.04.2021
Sport

«Kurz vor dem Ziel gestoppt zu werden, ist bitter»

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Lara Christen, Eishockeyspielerin aus Huttwil – Die 18-jährige Huttwilerin Lara Christen hat mit der Frauenequipe der ZSC Lions den Vizemeistertitel 2020/21 im Fraueneishockey gewonnen. Der «UE» unterhielt sich mit dem Mitglied des Nationalteams.

Eishockey · Die Frauen der ZSC Lions haben hohe Ansprüche. Ist der Vizemeistertitel deshalb eine Enttäuschung?
Schwierig zu antworten. Wir haben die gesamte Qualifikation über konstant gute Spiele abgeliefert. Dann ist es natürlich frustrierend, wenn es in den Partien um den Titel nicht nach Wunsch klappt. Ich denke aber, dass wir in zwei, drei Wochen stolz über diese Silbermedaille sein werden. Auch einen Vizemeistertitel gewinnt man nicht beim Spaziergang.

Warum waren die Lugano Ladies am Ende besser?
Sie waren im Abschluss, wo wir zu wenig effektiv waren, ganz klar besser. Lugano hat unsere Fehler in der Defensive eiskalt in Tore umgemünzt.
 
War es gegenüber Lugano ein Nachteil, dass Ihr Team mitten in der entscheidenden Meisterschaftsphase gleich zweimal in Quarantäne musste?
Es war gewiss nicht einfach, unmittelbar vor der Finalserie noch einmal in die Quarantäne zu müssen. Im Zeitalter von Corona muss man im Teamsport aber jederzeit mit Unvorhergesehenem rechnen. Dieses Quarantäne-Handicap möchte ich nicht als Ausrede verwenden. Lugano war einfach besser.

Wie sind Sie mit Ihren Darbietungen in der Finalserie (2:3, 3:1, 0:2, 0:1) zufrieden?
Ich bin im Grossen und Ganzen zufrieden damit. Ich habe stets bestmöglich versucht, mich in den Dienst des Teams zu stellen. Schade ist natürlich, dass wir am Ende als Team nicht das abrufen konnten, was wir uns vorgenommen hatten.

Als Verteidigerin wurden Sie als Stürmerin auf der Center-Position eingesetzt. Wie kam es dazu?
Ganz am Anfang der Saison hatten wir viele Verteidigerinnen, aber wenig Stürmerinnen. Da habe ich dem Coach vorgeschlagen, dass er mich im Sturm aufstellt. Er hat es getan. Seither spiele ich im Angriff, was mir enorm gut gefällt. Es würde mich freuen, wenn ich auch in der kommenden Saison im Sturm spielen dürfte. Im Schweizer Nationalteam ist klar, dass ich als aufgebotene Verteidigerin wohl auch in der Defensive spielen werde.

In der Saison 2019/20 führten Sie im Playoff-Final gegen Neuenburg mit 2:0-Siegen, als die Saison wegen dem Coronavirus abgebrochen und nicht gewertet wurde. Nun scheiterten Sie erneut im Playoff-Final, diesmal am Gegner. Welcher verpasste Titel ist schlimmer?
Schwierig zu sagen. Als ambitionierte Sportlerin, die gewinnen will, sind beide Situationen alles andere als angenehm. Kurz vor dem Ziel auf irgendeine Weise gestoppt zu werden, ist bitter.   

Sie sind erst 18 Jahre alt und haben in der höchsten Liga des Schweizer Fraueneishockeys bereits einen Meistertitel (2017/18) und zwei Vizemeistertitel (2018/19 und 2020/21) gewonnen. Stolz darauf?
Weil ich weiss, wie hart ich dafür gearbeitet habe, darf ich schon sagen, dass ich stolz über das Erreichte bin. Die Erfolge sind eine Belohnung und motivieren mich zugleich, weiter hart zu arbeiten.

Werden Sie auch kommende Saison bei den ZSC Lions auf Titeljagd gehen?
Jawohl, denn gerade in einer Olympiasaison ist es wichtig, in einem Team zu spielen, bei dem man sich wohlfühlt und dem es sportlich läuft. Beides finde ich bei den ZSC Lions vor.  

Obwohl die Meisterschaft beendet ist und bereits im Dezember der Cupwettbewerb abgebrochen wurde, können Sie die Schlittschuhe noch nicht zur Seite legen.  
Als Mitglied des Nationalteams habe ich noch einige Einsätze vor mir. Jetzt finden jeden Montag und Mittwoch Natitrainings statt.

Die Frauen-WM 2021 in Truro und Halifax in Kanada wurde wegen der Pandemie in den Mai verschoben. Glauben Sie, dass sie zur Austragung kommt?
Momentan habe ich ein sehr gutes Gefühl. Die Organisatoren bemühen sich enorm, damit die Titelkämpfe stattfinden können. Alle an der WM mitmachenden Nationen sind bereits jetzt daran, sich regelmässig zu testen.

Was erhoffen Sie sich an der WM mit der Schweizer Frauennati?
Es ist für eine Aussenseiter-Nation wie die Schweiz immer sehr schwierig. Bereits in den Gruppenspielen treffen wir auf die Topnationen Kanada, USA und Finnland. Es wird schwierig, Punkte zu sammeln, die uns im Viertelfinal – für den sich an der Frauen-Eishockey-WM alle teilnehmenden Teams automatisch qualifizieren – einen etwas weniger starken Gegner ermöglichen würden. Das Überstehen des Viertelfinals wäre für uns bereits ein grosser Erfolg.  

Vorerst ging es am Ostersamstag und -sonntag in ein Vorbereitungscamp nach Cham. Was stand dort auf dem Programm?
Fast ausschliesslich Eistrainings. Wir haben uns sehr lange nicht mehr gesehen. Darum war es wichtig, dass wir uns möglichst rasch finden. Wir müssen auf und neben dem Eis eine verschweisste Einheit sein. In diesem Camp in Cham im hochmodernen Sportkomplex «OYM» haben wir einen ersten grossen Schritt gemacht. Es wird vor der WM noch ein zweites zweitägiges Camp in Cham stattfinden. Dort wollen wir uns ein gutes Gefühl für die WM erarbeiten. Dies gelingt primär mit einem guten Zusammenspiel auf und einem tollen Teamspirit neben dem Eis.

Damit dürfte für Sie die Osternestsuche heuer ausgefallen sein?
Nein, nein. Ich bin dankbar, dass meine Mutter mir immer noch ein Nestli versteckt. Es ist allerdings nicht mehr ganz so viel drin wie früher. Und die Suche fällt immer sehr kurz aus, da ich mittlerweile alle Verstecke kenne.

Ihr Bruder Luca steht mit dem SC Langenthal gegen Ajoie im Playoff-Halbfinal der zweithöchsten Schweizer Eishockeyliga. Was trauen Sie ihm zu?
In den Playoffs ist immer alles offen. Ich sehe aber sehr gute Chancen, dass Langenthal den Final und auch den Meistertitel in der Swiss League schaffen kann. Ich drücke meinem Bruder natürlich die Daumen. Wenn ich nicht gerade in einem Training des Nationalteams bin, werde ich mir die Spiele live online daheim anschauen und mitfiebern.