• Wie ihre Geranien hat Barbara Heiniger die Wurzeln in der Region, aber ihr Blick schweift oft in die Ferne. · Bild: Daniel Fuchs

03.09.2020
Huttwil

Liegen, Lesen, Laufen, Lachen, Lebensfreude

Barbara Heiniger schreibt seit über 30 Jahren für den «Unter-Emmentaler». Als freie Mitarbeiterin müsste sie eigentlich gar nichts. Aber aus tiefer Verbundenheit mit der Region bleibt sie dran und interessiert sich immer aufs Neue für die Menschen und die Region, die ihr zutiefst am Herzen liegt.

Die Zeitungsmacher · Barbara Heiniger-Eberhart ist nicht auf den Mund gefallen. Wenn sie erzählt, sprudelt es nur so aus ihr heraus. «Ich kann aber auch zuhören und ganz still sein», erklärt die «chräschlige» Frau, die erst kürzlich ihren 62. Geburtstag feiern konnte. Wenn sie erzählt, taucht man unweigerlich ein in den Mikrokosmos des oberen Langetentales, wo vor über 30 Jahren alles begann: In «Huttu» und zunächst vor allem in Wyssachen.

Eidgenössische diplomierte Bäuerin
Geboren und aufgewachsen als Bauerntochter in Bangerten bei Worb entschied sie sich nach der Schulzeit, selber Bäuerin zu werden. Gesagt, getan: Sie machte ihre Lehrjahre und erhielt 1981 ihre Urkunde als eidgenössische diplomierte Bäuerin. Ein Praktikum führte sie nach Huttwil. Dort lernte sie an einem Jodlerabend im «Mohren» einen Lorenz Heiniger kennen, der mit einer gehörigen Prise Schalk von sich sagte, er verwalte einen 11,69 Quadratkilometer grossen Gutsbetrieb. Damit meinte er die Gemeinde Wyssachen, deren Gemeindeschreiber er war.
Barbara und Lorenz heirateten 1985 in der Kirche Wyssachen. «Der gesamte Gemeinderat war an der Hochzeit anwesend», erinnert sich Barbara. «Über meinen Mann lernte ich die Gemeinderäte kennen», weiss sie noch ganz genau, «über deren Ehefrauen dann die Landfrauen.» Diese sollten in der Folge eine zentrale Rolle in ihrem Leben einnehmen.

Wurzeln in der Region
Rasch schlug Barbara Heiniger in Wyssachen Wurzeln, und zwar richtig tief. 1986 wurde sie Mitglied bei den Wyssacher Landfrauen, schon ein Jahr später war sie bereits deren Sekretärin. Ja, die Landfrauen haben Barbara Heiniger ein Leben lang begleitet und geprägt. Über den Wyssacher Verein kam sie über die Oberaargauer Landfrauen und die Berner Landfrauen zum Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverband SBLV, wo sie der Familien- und sozialpolitischen Kommission sowie den Autorinnen des Verbandes angehörte.

Durch die Landfrauen zum Schreiben
Durch die Landfrauen kam sie auch zum Schreiben und damit zum
«Unter-Emmentaler». Als der damalige Ortskorrespondent von Wyssachen aufhörte zu schreiben, fingen verschiedene Vereine selber an, Berichte zu verfassen. Barbara Heiniger machte dies zunächst für die Landfrauen, die sich für die Aus- und Weiterbildung der Frauen auf dem Land einsetzten, später auch für andere Vereine und Organisationen. Für die Bauern Zeitung schreibt sie unter anderem Porträts über Bäuerinnen. Für den «Unter-Emmentaler» berichtet sie bis heute über Veranstaltungen und Anlässe jeglicher Art.

14 Gotten- und Göttikinder
«Mein Mann und ich hatten nie eigene Kinder», wird Barbara etwas nachdenklich und fügt mit einem Lachen hinzu: «Dafür haben wir aber insgesamt 14 Gotten- und Göttikinder, für die bei uns jederzeit ein Bett bereitsteht.» Bei Tante und Freundin Barbara steht auch für viele andere Leute immer eine offene Türe. In der damaligen Situation hätte sie sich selber bemitleiden können, oder aber nach vorwärtsschauen und sich in die Dorfgemeinschaft, bei den Landfrauen und darüber hinaus einbringen. Barbara entschied sich für Letzteres.
Heinigers orientieren sich am eigenen Leitsatz der fünf «L’s». Diese stehen für «Liegen, Lesen, Laufen, Lachen und Lebensfreude», erklärt Barbara. Sie wurde Dienstchefin Versorgung beim Zivilschutz, organisierte die Blutspendeaktionen in Wyssachen, Verbands­reisen des VBL und vieles mehr. Aus der lokalen Kaffee-Runde entwickelte sich die Kaffee-Fahrt, bei der Menschen aus Huttwil und Wyssachen zusammenfanden und Freundschaften knüpften.

Begegnungen und Erlebnisse
Barbara Heiniger hat während ihrer Tätigkeit ein bemerkenswertes Netzwerk aufgebaut. Dabei ging es ihr nie darum, Macht und Einfluss zu erlangen, sondern vielmehr darum, Menschen zusammenzuführen. «Wenn ich nach einer Kaffee-Fahrt mit einem Car voller glücklicher Menschen nach Hause fahre, ist das ein riesengrosser Lohn für mich», erklärt sie sichtlich zufrieden. Für sie sind bereichernde Begegnungen und Erlebnisse Motivation genug, um weiterzumachen mit ihrem Engagement für die Region und als freie Mitarbeiterin des «Unter-
Emmentalers».
Einige der schönsten Erlebnisse konnte Barbara Heiniger beim Jubiläum «75 Jahre Verband bernischer Landfrauenvereine VBL» realisieren. Für die verschiedenen Anlässe konnte sie spontan Sponsoren gewinnen. Es gab unter anderem eine sehr gut besuchte Ausstellung in der Schaukäserei Affoltern und ein Freilichttheater im Freilichtmuseum Ballenberg. Und als 2010 die Vernissage zum Buch «Berner Landfrauenküche» stattfand, war das Casino in Bern bis auf den letzten Platz besetzt. Simonetta Sommaruga, die noch als Ständerätin zugesagt hatte, dann aber schon Bundesrätin war, hielt die Festansprache.

Persönlichkeiten und «stille Schaffer»
Überhaupt hat Barbara Heiniger schon viele schöne Begegnungen erleben können, indem sie unkompliziert und direkt auf Persönlichkeiten wie die Bundesrätinnen Doris Leuthard oder Viola Amherd, Bundesrat Samuel Schmid und dessen Bruder Regierungsrat Peter Schmid zuging. Begegnungen wie diese, oder aber auch einfach Geburtstags-Gratulationen im Dorf, bei denen man «stille Schaffer» würdigen könne, motivieren Barbara immer wieder aufs Neue.
Die Verbundenheit, die Verwurzelung mit der Region ist für Barbara Heiniger wohl das wichtigste Motiv. «Heimat ist, wo man zu Hause ist», ist sie überzeugt. Und: »Wir leben auf dem Land, wir sind Teil einer Gemeinschaft, wir teilen unser Leben, unsere Freuden und unser Leid. Oft geht es ums Lachen, um Lebensfreude, um die Liebe, manchmal aber auch um den Tod.»

Leben auf dem Land
Für Heinigers war schon seit der Hochzeit klar, dass sie nach der Pensionierung von Lorenz Heiniger 2011 aus dem Gemeindehaus in Wyssachen ausziehen würden. Huttu wurde ihre zweite Heimat.
«Natürlich wird Wyssachen immer ein Teil unseres Lebens bleiben. Wir sind mit dem Dorf eng verbunden. Aber wir fühlen uns nun zu Hause in Huttwil. Wir sind hier angekommen und haben hier neue Wurzeln geschlagen.» Nach wie vor schreibt sie unter dem Kürzel «bhw», wobei das «w» für Wyssachen steht. Alte Gewohnheiten ändert man halt eben nicht.
Und was hat das alles mit dem «Unter-Emmentaler» zu tun? «Eine Lokalzeitung interessiert sich für das Leben auf dem Land», steht für Barbara Heiniger fest. «Hier hat Lokales noch Platz. Der ‹Unter-Emmentaler› bringt, was die Leute hier bewegt. Darüber wird diskutiert, in der Wirtschaft oder beim Einkaufen.» Barbara Heiniger sagt von sich, sie sei stets gespannt auf Neues. Daran besteht wohl kein Zweifel. Und: «Ich mag Leute», sagt sie. Das müsste sie eigentlich gar nicht erklären. Denn das spürt man sofort.

Von Daniel Fuchs