• Hans Luginbühl hat seinen letzten Auftritt als Verwaltungsratspräsident. · Bild: Hans Mathys

29.04.2019
Langenthal

Luginbühl, Grädel und Minder im Fokus

Bei der von 1342 Aktionärinnen und Aktionären besuchten Generalversammlung der Clientis Bank Oberaargau im Parkhotel Langenthal standen drei Huttwiler im Fokus: Die Verwaltungsräte Hans Luginbühl (Präsident) und Ulrich Grädel wurden verabschiedet, Michael Minder neu in den Verwaltungsrat gewählt.

 

Weil es gleich zwei verdienstvolle Verwaltungsräte nach jeweils 23-jähriger Amtszeit zu verabschieden galt, war die Generalversammlung der Clientis Bank Oberaargau im Parkhotel in Langenthal eine der emotionalsten in der 143-jährigen Geschichte der Bank.
Die anwesenden 1342 Aktionärinnen und Aktionäre vertraten 84 797 Stimmen und ein Aktienkapital von 3,052692 Millionen Franken. Dies entspricht – bei einem Aktienkapital von 9 Millionen – 33,9 Prozent. Nach der Begrüssung äusserte sich Verwaltungsratspräsident Hans Luginbühl zum wirtschaftlichen und politischen Umfeld: «Die Schweizer Volkswirtschaft ist in einem äusserst robusten Zustand. Zwar haben sich in den letzten Monaten die Konjunkturzahlen etwas abgeschwächt, aber die Wirtschaft in unserem Land ist immer noch gut in Fahrt, und die Exportwirtschaft hat nach dem Frankenschock im Januar 2015 wieder Fuss gefasst und weist Rekordzahlen auf.»

Private Banking wird wichtiger
Hans Luginbühl: «Auch die Clientis Bank Oberaargau hat im abgelaufenen Jahr trotz eines anhaltend tiefen Zinsniveaus wiederum ein sehr gutes Geschäftsergebnis erarbeitet. Wir haben erneut ein erfreuliches Wachstum auf der Aktiv- und der Passivseite. Auch unser zweites, immer wichtigeres Standbein, das Private Banking, hat zu diesem guten Resultat beigetragen. Bei diesen tiefen Zinsen streben wir kein Wachstum um jeden Preis an. Sicherheit und kontinuierliches Wachstum haben oberste Priorität.»
Der Huttwiler Betriebsökonom HWV verwies auch auf die übrigen 14 Banken des Clientis-Verbundes, die alle «solide Geschäftsergebnisse» erzielt hätten. Im Mai 2018 habe die Ratingagentur Moody’s die langfristige Schuldnerqualität der Clientis-Gruppe auf A1 erhöht. Unverändert bleibe die Höchstnote von Prime 1 für kurzfristige Verbindlichkeiten. Die 15 Clientis-Banken hätten Ende 2017 einen Providerwechsel von Swisscom zu Inventx vorgenommen und dadurch die IT-Kosten markant um 16 Prozent senken können.

Negativzinsen – Fluch oder Segen?
Der scheidende Verwaltungsratspräsident äusserte sich auch zu den Negativzinsen, welche die Schweizerische Nationalbank (SNB) eingeführt habe, um den Schweizer Franken zu schützen: «Für die Exportwirtschaft und den Tourismus sind die Interventionen am Devisenmarkt und die Negativzinsen ein Segen – und die Konjunkturzahlen sprechen positiv für die Massnahmen der SNB.» Die Aktionäre und Sparer hingegen hätten «eine noch nie erlebte Enteignung» ihres privaten Kapitals hinnehmen müssen: «Breite Bevölkerungskreise, welche über Jahre gespart haben, werden heute mit diesen tiefen Zinsen – wenn sie überhaupt noch Zinsen erhalten – abgestraft.»
Es seien aber nicht die Banken, die keinen Zins mehr auf Guthaben von Kunden zahlen, so Luginbühl. Vielmehr sei es die SNB, die in einer Abhängigkeit zur Europäischen Zentralbank stehe. Die Clientis Bank Oberaargau habe der SNB keine Negativzinsen zahlen müssen und folglich darauf verzichten können, solche den Kunden weiter zu belasten.
Die Clientis Bank Oberaargau, für die das Vertrauen das höchste Kapital sei, zähle 6085 Aktionärinnen und Aktionäre. Die Aktie sei begehrt, die Warteliste wachse weiter.  
Die Nullzinspolitik der SNB führe, so Luginbühl, zu einem «nie dagewesenen» Anlagenotstand bei den Pensionskassen. Diese könnten die für ihre Versicherten notendige Rendite nur noch schwer erarbeiten und würden deshalb vermehrt in Mehrfamilienhäuser investieren. Dies wiederum führe zu einer Überproduktion von Mietwohnungen. Solche könnten dann je länger je mehr nicht vermietet werden. «Den hohen Leerwohnungsbestand von Mietwohnungen im Oberaargau betrachten wir mit grosser Sorge», sagte Luginbühl.
In der Tat ist die Leerwohnungsquote schweizweit nirgends so hoch wie im Oberaargau. Der Schweizer Durchschnitt liegt unter 2 Prozent, aber in Herzogenbuchsee, Niederbipp und Langenthal sind es rund 4 Prozent, in Huttwil sogar über 14 Prozent. Bevor Luginbühl das Wort zur Kommentierung der Bankzahlen CEO Beat Wälchli übergab, wer es ihm wichtig, auf den tiefen Wertberichtigungsbedarf der Bank bei den Ausleihungen von 1,245 Milliarden Franken (davon sind 1,191 Milliarden Franken Hypothekarforderungen) hinzuweisen. Dieser Bedarf habe auf 845 000 Franken reduziert werden können und betrage bloss noch 0,07 Prozent der aktuellen Ausleihungen.Die Clientis Bank Oberaargau sei ein verlässlicher Arbeitgeber für zurzeit 62 Mitarbeitende.
Luginbühl: «Wir als Regionalbank zahlen die Steuern an unseren Standorten in der Region. An Gemeinde-, Kirchen-, Staats- und Bundessteuer zahlt jeder Aktionär 3.22 Franken pro Aktie an den Fiskus. Natürlich würden wir Ihnen diesen Betrag lieber als Dividende auszahlen.»
Vor einem Jahr war es Heinz Trösch (Roggwil), der letztmals die Zahlen 2017 präsentierte, diesmal Stefan Wälchli (Madiswil), der als neuer CEO erstmals die Zahlen erläuterte – jene von 2018, dem besten Jahr in der 143-jährigen Geschichte der Bank.
Bei allen wichtigen Kennzahlen zeige der Pfeil nach oben – bei Kundenausleihungen, Kundengeldern, Zinserfolg, Geschäftserfolg, Reingewinn und Eigenkapital. Obschon die Kundenausleihungen «gewaltig» um 63,6 Millionen auf 1,245 Milliarden Franken angestiegen seien, habe man dem Grundsatz «Qualität vor Quantität» nachgelebt und zahlreiche Kreditgesuche abgelehnt. 349 Gesuche im Gesamtwert von 129 Millionen Franken seien bewilligt worden. 2018 habe mit dem gezielten Ausbau der Abteilung Private Banking ein zweites Ertragsstandbein auf- und ausgebaut werden können. Alle Mitarbeitenden der Bank hätten sich einem anspruchsvollen Zertifizierungsprozess stellen müssen – und alle hätten diesen erfolgreich abgeschlossen. Profitieren davon würden – «mit einer kompetenten, persönlichen Beratung» – die Kunden. Wälchli liess an der Generalversammlung die Aktionärinnen und Aktionäre die Premiere des neuen topaktuellen Imagefilms geniessen.

Luginbühls und Grädels Abschied
Jetzt war es am designierten neuen Verwaltungsratspräsidenten Werner Meyer (Langenthal) – während der Versammlung noch amtierender Vizepräsident – beim Traktandum «Wahlen» die beiden Huttwiler Verwaltungsräte Hans Luginbühl (Präsident) und Ulrich Grädel zu verabschieden. «Ich mag es ihnen gönnen, dass sie mit dem besten je erzielten Ergebnis der Bank aufhören können», so Meyer, der beiden attestierte, «richtige und wichtige Entscheidungen mit Weitblick» getroffen zu haben.
Beide seien 1996 in den Verwaltungsrat gewählt worden. Seither habe nicht nur der Name geändert – von Bank in Huttwil zu Clientis Bank Oberaargau. Vielmehr sei auch die Fusion mit der Spar- und Leihkasse Melchnau, der Kauf des Geschäftshauses Jurapark in Langenthal sowie die Erweiterung des Filialnetzes mit Aarwangen, Roggwil, Niederbipp und Herzogenbuchsee in diesen 23 Jahren erfolgt. Dabei sei die Bilanzsumme von 539 Millionen auf 1,48 Milliarden Franken und die eigenen Mittel seien von 33,4 auf 95,5 Millionen Franken gestiegen. Hans Luginbühl (Jahrgang 1953) wurde 1999 Vizepräsident des Verwaltungsrats und 2010 Präsident. Dies als Nachfolger von Sepp Schaller.
Ulrich Grädel (Jahrgang 1951), wie Luginbühl Betriebsökonom, war als Vertreter der Burgergemeinde Huttwil im Verwaltungsrat, wo er ab 2005 bis jetzt Leiter des Prüfungsausschusses (heute Audit Ressorts genannt) war. Als Abschiedsgeschenk erhielten beide je einen Gutschein für ein E-Bike der Huttwiler Firma Flyer AG. Verabschiedet wurde zudem Christoph Käppeli, leitender Revisor bei der PricewaterhouseCoopers AG. Er nahm letztmals in dieser Funktion an einer Generalversammlung der Clientis Bank Oberaargau teil, weil seine Pensionierung bevorsteht. «Ich habe immer Freude gehabt an dieser Bank – und habe weiterhin Freude an ihr», betonte er.

Wahl von Michael Minder, Huttwil
Die Generalversammlung stimmte allen Anträgen des Verwaltungsrates einstimmig zu – inklusive Gewinnverwendung mit steuerfreier Ausschüttung von 6.30 Franken pro Aktie zu nominal 36 Franken. Dies entspricht 17,5 Prozent. In Anbetracht des Aktienkurses von 425 Franken per 31. Dezember 2018 sind es 1,48 Prozent. Im Umlauf sind 250 000 Aktien. Nach den Wiederwahlen der bisherigen Verwaltungsräte Rudolf Heiniger (Niederbipp), Therese Lanz-Bärtschi (Huttwil), Béatrice Lüthi (Huttwil), Myriam Medici Aeschlimann (Lotzwil), Werner Meyer (Langenthal) und Christoph Schärer (Lotzwil) stand eine Neuwahl in den Verwaltungsrat an – jene des Huttwilers Michael Minder, Automationstechniker mit Jahrgang 1984. Der Vizepräsident der Herdgemeinde Huttwil stellte sich auf sympathische Art vor und wurde danach einstimmig gewählt.

Am 25. April 2020 in Huttwil
Hans Luginbühl, der ausdrücklich betonte, der Hauptsitz der Clientis Bank Oberaargau bleibe in Huttwil, nannte bereits das Datum der 144. Generalversammlung. Diese findet am 25. April 2020 in der Eventhalle von «Campus Perspektiven» in Huttwil statt. Die Generalversammlungen finden in ungeraden Jahren in Langenthal, in geraden Jahren in Huttwil statt.
Die Musikgesellschaft Bleienbach unter der Leitung von Zeno Schmidiger und die vier Sänger von «I Quattro» sorgten für die musikalische Umrahmung des Grossanlasses im Parkhotel Langenthal. «I Quattro» feiern dieses Jahr ihr 10-Jahr-Jubiläum. Ihr Start erfolgte 2009 in der TV-Sendung «Die grössten Schweizer Hits». Seither treten die vier Tenöre in ausverkauften Konzertsälen auf. Sänger Daniel Bentz verriet dem Publikum, dass er im Sommer 2018 mehrmals in Langenthal aufgetreten sei und schöne Erinnerungen an diese Zeit habe. Er spielte in der Gartenoper «Der Wildschütz» im Rosengarten der Alten Mühle den Baron Kronthal. Der riesige Applaus für die vier Schweizer Tenöre bestätigte: «I Quattro» haben den Geschmack der Anwesenden voll getroffen.

Von Hans Mathys