• Christine Badertscher im Berner Rosengarten mit herrlichem Blick auf die Stadt Bern. Sie freut sich sehr auf das neue Wirkungsfeld unter der Kuppel des Bundeshauses. · Bild: ljw

20.11.2019
Oberaargau

«Man kann auch mit netten Worten etwas sagen»

Beruflich stand die 37-jährige Madiswilerin Christine Badertscher (Grüne) seit ihrem Lehrabschluss praktisch ununterbrochen in Verbindung mit der Politik. Im Oktober wurde sie in den Nationalrat gewählt. Sie freut sich sehr auf die neue Zeit unter der Kuppel des Bundeshauses. Obwohl sich die Agronomin nicht als «typische» Politikerin erachtet.

Madiswil · «Ich bin harmoniebedürftig und für das Politisieren eigentlich zu lieb», sagt Christine Badertscher im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler». Doch das müsse im Parlament kein Nachteil sein: «Man kann auch mit netten Worten etwas sagen.» Wobei: «Reden ist schwieriger als schreiben», meint sie. Sie muss es wissen.
Ganz anfangs in ihrer «Madiswiler-Zeit» war sie Kolumnistin des «Unter-Emmentaler». «Das brachte mir sehr viel – unter anderem auch einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Re-gion.» Seither ist sie auch treue Abonnentin. «Der ‹UE› sucht nicht nach Sensationen oder Schlagzeilen, sondern identifiziert sich stark mit dem Geschehen in der Region. Das spricht für ihn. Was darin zu lesen ist, wird so natürlich dargestellt.»
Die Zeitung sei ihr deshalb halt immer «mega sympathisch».

Politik im Berufsalltag
Seit dem Lehrabschluss als Kauffrau bei der fenaco in Bern gehört die Politik zu ihrem Berufsalltag. Die Bauerntochter wuchs im Emmental auf. 2001 zog die Familie nach Madiswil und übernahm dort den Bauernhof des Bio-Landbau-Pioniers Werner Scheid-egger. Obwohl Christine Badertscher damals schon nicht mehr bei den Eltern wohnte, sollte dieser Hof für sie bald einmal ebenfalls zu einem lieben Zuhause und gleichzeitigen Arbeitsort werden. Vorher aber lebte sie sechs Monate in Kamerun. «Diese Zeit hat mein weiteres Leben stark geprägt», sagt sie gegenüber dem «UE».
Zurück in der Schweiz studierte sie in Wädenswil Umweltingenieurin und arbeitete anschliessend bei den Grünen Schweiz sowie als persönliche Mitarbeiterin des heutigen Stadtpräsidenten von Bern, Alec von Graffenried, der damals noch Nationalrat war. Die Politik wurde damit zu einem wichtigen Teil ihres Lebens.
Abgesehen davon interessierte sie die Landwirtschaft seit ihrer Kindheit brennend. So absolvierte sie zusätzlich das Masterstudium in Agrarwissenschaften an der HAFL in Zollikofen. Daneben arbeitete sie oft und gerne auf dem elterlichen, überaus vielfältigen Biobetrieb mit Hoflädeli, Brunch-Angeboten und Spezialitäten. «Unser Biobetrieb hat mich wesentlich geprägt. Ich bin zu einer überzeugten Fürsprecherin der Biolandwirtschaft geworden», blickt sie zurück.
Die Landwirtschaft liess sie vorläufig nicht los. Nach dem Masterstudium arbeitete Christine Badertscher gut vier Jahre beim Schweizer Bauernverband im Bereich Agrar- und Handelspolitik. «Das war eine sehr lehrreiche Zeit.» Das Interesse für Afrika und die internationale (Handels-)Politik führten sie schliesslich zu SWISSAID, einer Entwicklungsorganisation, die sich für Bauern und insbesondere für Bäuerinnen im globalen Süden einsetzt.
Der Einstieg in die Exekutive erfolgte 2011 mit der Wahl in den Gemeinderat Madiswil. Denn mittlerweile war Christine Badertscher ins Linksmähderdorf gezogen. Die acht Jahre als Gemeinderätin von Madiswil erachtet sie als spannende, mit der Wahl in den Nationalrat nun auch als sehr wichtige Aufgabe. «Es sollte eigentlich niemand eine parlamentarische Aufgabe übernehmen, der die Sporen nicht in einer Gemeindeexekutive abverdient hat. Es ist wichtig, sich auf Augenhöhe mit vertrauten Menschen ausdrücken und seine Meinung in einem kleineren Kreis vertreten zu lernen.» Damit mehr (junge) Menschen erfahren, wie wertvoll die Arbeit in einem kommunalen Exekutivamt ist, engagiert sie sich im Verein zur Förderung junger Menschen in der Gemeindepolitik.
Nun also hat sie den Sprung in den Nationalrat geschafft. Sie freut sich riesig. Weil die Grünen Kanton Bern sie als Spitzenkandidatin auf die Liste gesetzt haben, habe sie mit guten Voraussetzungen zur Wahl antreten können. Sie investierte nicht sehr viel Geld in die Werbung, zumindest nicht in die «Papierwerbung».
Lieber habe sie in der Bio-Farm Kürbiskernen-Säckli herstellen lassen und diese als Geschenk abgegeben. «So konnte ich die Auftritte mit einer guten Sache verbinden.»
Ab dem 2. Dezember gilt es ernst, dann wird sich Christine Badertscher noch mehr in der Bundesstadt aufhalten, möchte hier die Interessen ihrer Heimatregion, aber auch die der Landwirtschaft mit demselben Herzblut vertreten, mit dem sie ihre bisherigen Aufgaben angegangen ist.

Von Liselotte Jost-Zürcher