• Nach seinen beiden Siegen im österreichischen Leogang hat Mathias Flückiger aus Leimiswil die Führung im Gesamtweltcup übernommen. · Bilder: zvg

  • Husarenstreich des besten Schweizer Mountainbikers: Der Leimiswiler Mathias Flückiger schafft als erst dritter Biker nach Mathieu van der Poel (Holland) und Henrique Avancini (Brasilien) den Gewinn des Short Race und des Cross Country-Rennens am gleichen Wochenende.

14.06.2021
Sport

«Math» schafft zwei Weltcupsiege in drei Tagen

Mountainbike-Weltcup 2021, 3. Rennen in Leogang – Der 32-jährige Leimiswiler ist in Olympia-Topform. Nach dem erstmaligen Erfolg im Short Track-Rennen am Freitag doppelte «Math» in Leogang in Österreich nach und feierte am Sonntag seinen dritten Weltcupsieg über die olympische Distanz.

Radsport · Es macht stolz und tut gleichzeitig gut, zu wissen, dass einer der grössten Schweizer Medaillenkandidaten an den Olympischen Spielen in Tokio ein Athlet aus dem «UE»-Gebiet ist. Der in Ochlenberg aufgewachsene und nun in Leimiswil wohnhafte frischgebackene Schweizermeister Mathias Flückiger erzielte am sommerlichen Wochenende in Leogang im österreichischen Bundesland Salzburg einen weiteren Meilenstein seiner an Erfolgen reichen Karriere.

Unerwarteter Erfolg im Kurzrennen
«Der Sieg am Freitag war verrückter, ganz klar. Er kam unerwartet und war eine grosse Überraschung für mich», meinte Flückiger. Nie zuvor hatte er ein Short-Track-Rennen für sich entscheiden können. An jeder Weltcup-Station wird am Freitag vor dem sonntäglichen Hauptrennen ein Kurzdistanzrennen – Short Race betitelt – ausgetragen, bei welchem die Startposition für das Cross Country-Rennen ermittelt wird. Zugleich werden aber auch Weltcupsiege und -punkte vergeben. Bisher waren die auf Schnelligkeit ausgelegten Sprintrennen nicht Flückigers Stärke. Doch dies scheint sich nun ebenfalls geändert zu haben. Auf eindrückliche Weise holte sich «Math» seinen allerersten Weltcupsieg in dieser Disziplin. In der Schlussrunde des nur etwas über 20 Minuten dauernden Rennens griff Flückiger an und liess den bislang Führenden, Ondrej Cink aus Tschechien, stehen.

Mit Köpfchen gefahren
Im sonntäglichen Königsrennen, dem Cross Country über die olympische Distanz, übernahm Mathias Flückiger nicht auf Anhieb die Spitze. Geschickt hielt er sich zurück und lag nach der ersten Aufwärtspassage in einem Skilift-Trassee an fünfter Stelle. Allerdings betrug der Rückstand bloss vier Sekunden. «Ich habe mich zum kompletteren Fahrer entwickelt. Darum liegen mir jetzt alle Passagen eines Rennes», erklärte Flückiger. Dies bewies er auch auf dem abwechslungsreichen Rundkurs in Leogang. Seinen technischen Finessen in den Abfahrten konnte kein Konkurrent Paroli bieten. Aber auch aufwärts gehörte der Leimiswiler zu den Besten. Die neue Nummer 1 im Schweizer Mountainbikesport zeigte dort, wo er 2020 WM-Silbermedaillengewinner wurde, eine überaus reife Leistung. «Ich spürte eine gewisse Müdigkeit vom Short Race her und brauchte ein paar Minuten, um auf Betriebstemperatur zu kommen.» Ganz vorne drückte der Tscheche Ondrej Cink in der 2,5 km langen Startrunde mächtig auf die Tube. Aber bereits früh schloss «Math» die Lücke. Zusammen mit dem Neuseeländer Anton Cooper bildete sich ein Führungs-Trio. Der 27-jährige Cooper musste bald abreissen lassen. Während vier Runden duellierten sich Cink und Flückiger um den Sieg. Die Führungsposition wechselte öfters. Die Rennentscheidung passierte in der vorletzten Runde. Im Aufstieg griff Mathias Flückiger energisch an. Kontinuierlich vergrösserte sich der Vorsprung. Fix machte der Leimiswiler seinen dritten Weltcupsieg im Cross Country nach Mount-Saint-Anne in Kanada 2018 und Albstadt in Deutschland 2019 mit seinen Fahrkünsten in der Abfahrt. Cink lag auf dem Hügel oben acht Sekunden zurück. Nach der Abfahrt waren es bereits elf Sekunden. In der Schlussrunde hielt «Math» den Vorsprung konstant. Im Ziel lag er schliesslich 14 Sekunden vor dem Tschechen.
    
Ohne van der Poel und Pidcock
Das Double – Sieg im Short Track und im Cross Country –  an einem Wochenende ist zuletzt dem holländischen Überflieger Mathieu van der Poel gelungen. Dieser war in Leogang nicht am Start, weil er die Tour de Suisse bestritt. Ebenfalls kein Duell mit Flückiger liefern konnte sich der Mountainbike-Shootingstar Tom Pidcock. Der Brite fehlte wegen eines Schlüsselbeinbruchs bei einem Trainingssturz in Andorra. «Ich bin wirklich happy mit diesem zweiten Sieg am gleichen Wochenende», sagte der 32-Jährige. «Ich hatte die Favoritenrolle inne – und konnte liefern. Das gibt mir Selbstvertrauen für die nächsten Rennen.» Mit diesem brillanten Rennwochenende in Österreich übernahm Flückiger, der in den beiden ersten Weltcuprennen 3. Ränge belegte, vor Cink die Führung im Mountainbike-Gesamtweltcup.

SM-Bronzegewinner überzeugt
Stark präsentierte sich auch der Ufhuser Marcel Guerrini, welcher im Weltklasse-Feld von 106 Klassierten den starken 29. Rang belegte. Auf seinen gelegentlichen Trainingskollegen Flückiger verlor der SM-Bronzemedaillengewinner 4:46 Minuten.

Auszug aus der Rangliste: Cross Country Männer (106 Klassierte): 1. Mathias Flückiger, Schweiz/Leimiswil, 1:15:50; 2. Ondrej Cink, Tschechien, 1:16:04; 3. Anton Cooper, Neuseeland, 1:16:35; 6. Thomas Litscher, 1:17:18; 10. Nino Schurter, Schweiz, 1:17:49; 16. Lars Forster, Schweiz, 1:19:01; 20. Reto Indergand, Schweiz, 1:19:34; 29. Marcel Guerrini, Schweiz/Ufhusen, 1:20:36; 57. Lukas Flückiger, Schweiz/Wynigen, 1:23:41. – Short Track Männer (38): 1. Mathias Flückiger, Schweiz/Leimiswil, 20:43; 2. Ondrej Cink, Tschechien, 20:48; 3. Milan Vader, Holland, 20:59; 24. Lukas Flückiger, Schweiz/Wynigen, 21:49. – Gesamtweltcup (6/12): 1. Mathias Flückiger, Schweiz/ Leimiswil, 794 Punkte; 2. Ondrej Cink, Tschechien, 654; 3. Victor Koretzky, Frankreich, 623. 

Von Stefan Leuenberger