• Hinter der Bahnlinie, im Industriegebiet Grossmatt, wollte Salt eine Mobilfunkanlage bauen. · Archivbild: Leroy Ryser

08.02.2021
Oberaargau

Mit Erfolg gegen die Antenne gewehrt

Vor anderthalb Jahren haben über 300 Madiswiler­innen und Madiswiler auf ein Baugesuch für eine Mobilfunkantenne mit einer Kollektiveinsprache reagiert. Nun ist klar: Die Einsprache hatte Erfolg, Salt darf die Mobilfunkantenne nicht bauen.

Madiswil · Im Sommer 2019 sorgte ein Baugesuch in Madiswil für einen 25 Meter hohen Sendemast mit sechs Antennenkörpern für grossen Ärger. Nachdem das Regierungsstatthalteramt die Baubewilligung für die Mobilfunkanlage im Oktober erteilte, haben sich über 300 Madiswilerinnen und Madiswiler mit ihrer Unterschrift und einer Kollektiveinsprache gegen diesen Bau gewehrt (wir berichteten). Grund dafür waren einerseits die Sorgen vor der Strahlung, weil die Anlage unter anderem 5G-sendefähig war, andererseits die Verschandelung des Ortsbildes. 274 der Einsprachen waren gültig, weil sie innerhalb des einspracheberechtigten Radius lagen, weshalb die Beschwerde in den folgenden Monaten analysiert, behandelt, diskutiert und beurteilt wurde. Heute, gut anderthalb Jahre nach dem Einreichen im Spätherbst 2019 ist klar: Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Mobilfunkanbieter Salt, der die Mobilfunkantenne bauen wollte, darf diese an der Grossmattstrasse 7 definitiv nicht errichten.

... würde Ortsbild beeinträchtigen
Der Entscheid wurde den beiden Parteien in einem 14-seitigen Dokument eröffnet, dem «Unter-Emmentaler» liegt dieses als eingescannte PDF-Datei vor. Hauptgrund für die Verweigerung der Baubewilligung ist nicht die Gefahr, die durch die Strahlung von einer 5G-fähigen Antenne ausgehen könnte, sondern die negative Beeinträchtigung des Ortsbildes. «Umstritten ist, ob sich die geplante Mobilfunkanlage in ihre Umgebung einfügt oder die umliegenden Bauten sowie das umliegende Orts- und Landschaftsbild in unzulässiger Weise beeinträchtigt», steht beispielsweise zu Beginn der Ausführungen der Ortsbild- und Landschaftsschutzkommission (OLK) geschrieben. Entscheidend war letztlich, dass das Objekt in der Nähe der Wässermatten, einem Schutzobjekt, liegt und von allen Seiten einsehbar ist. Ausserdem beeinträchtige die Antenne den historisch wertvollen Madiswiler Ortskern, der von diversen erhöhten Wanderrouten aus gesehen werden kann. Das OLK empfand dies als «erheblich störend» und beantragte daher, den Bau der Antenne nicht zu bewilligen.

Blick aus Küchenfenster erheitert
Dass die Bau- und Verkehrsdirektion (BVD) diesem Vorschlag gefolgt ist, freut verständlicherweise die Beschwerdeführer. Vreni Schaller hat sich seit der Publikation des Baugesuches dafür eingesetzt, dass die Antenne nicht gebaut wird und ist mittlerweile hocherfreut. «Ich weiss nicht, wer auf die Idee kam, dass man hier einen solch monströsen 25-Meter-Koloss aufstellen soll, aber ich bin sehr froh, dass das nun nicht passieren wird», sagt die Madiswilerin. Die Bauprofile wurden zwar noch nicht demontiert, «wenn ich jetzt aber aus meinem Küchenfenster rausschaue, dann bin ich froh und muss doch ein wenig schmunzeln.» Lange Zeit befürchtete sie noch, dass Salt Einsprache erheben würde und die Bauprofile deshalb noch stehen, mittlerweile ist der Entscheid jedoch rechtskräftig.
Immerhin gut anderthalb Jahre hat es gedauert. Und 18 Monate sei eine lange Zeit, in der ihr das Thema ständig im Hinterkopf umherschwirrte. «Letztlich hat sich ein Anwalt der Sache angenommen – dennoch war es bei mir immer ein bisschen präsent. Deshalb bin ich froh, dass es nun vorbei ist.» Der Prozess sei zugleich aber auch spannend gewesen, gehörten doch diverse Stellungnahmen, Beschwerden, Berichte und sogar eine Begehung dazu. Vor dem vom BVD durchgeführten Augenschein habe Sie Fotografien aufgenommen und ausgehändigt, um zu untermauern, wie das Ortsbild aus verschiedenen Blickwinkeln beeinträchtigt wird. Das habe Wirkung gezeigt, schätzt sie heute ein.

Dankeskarten und Blumen
Wäre die Beschwerde abgelehnt worden, hätte dies finanzielle Konsequenzen für die Beschwerdeführer gehabt. Mit dem rechtskräftigen Urteil trägt nun Salt die Kosten des Verfahrens, andersrum hätte es beispielsweise eine Spendenaktion benötigt, um die Kosten zu stemmen.
Vreni Schaller geht von Aufwänden von über 10 000 Franken aus. «Nur wegen der vorgängig zugesagten Rückendeckung von mehreren Gegnern, dass sie auch finanzielle Folgen mittragen würden, haben wir die Beschwerde lanciert», erinnert sich Vreni Schaller. Ausserdem sei immer wieder deutlich geworden, dass das Interesse und die Unterstützung gross war. «Mir haben nach der Bekanntgabe des Entscheids viele Menschen gedankt. Einzelne haben mir Schokolade oder Blumen geschickt, ausserdem erhielt ich Mails und Dankeskarten.» Dass jemand an der Sache dran geblieben sei und sich dafür eingesetzt habe, hätten viele geschätzt, sagt Vreni Schaller. Und immerhin ist nun klar, dass sich der Aufwand dafür gelohnt hat.

Von Leroy Ryser