• Wyssachen mit viel Grünfläche, Wald und Gräben. Der Ortsentwicklung, den gesetzlichen Vorgaben und dem schönen Landschaftsbild soll mit der neuen Ortsplanung Rechnung getragen werden. · Archivbild: Liselotte Jost-Zürcher

07.06.2019
Oberaargau

Mitwirkung für die Ortsplanung noch bis Ende Juni

Wyssachen mit seinen gut 1100 Einwohnern könnte laut statistischen Berechnungen in den nächsten 15 Jahren um rund 20 Personen – Einwohner und in der Gemeinde Beschäftigte – und damit um rund 2 % wachsen. Daraufhin soll die neue Ortsplanung ausgerichtet sein. Sie steht seit 27. Mai im Mitwirkungsverfahren, welches bis am 27. Juni dauert. Vorgestern Donnerstagabend fand im Kirchgemeindehaus eine Informationsveranstaltung mit der Ortsplanerin und den Vertretern der Planungskommission statt.

Wyssachen · Fast zwei Jahre lang waren den bernischen Gemeinden die Hände gebunden, um ihre Planungen anzugehen. Die sie jedoch anzugehen hatten. Denn mit dem Inkrafttreten des neuen Raumplanungsgesetzes auf Bundesebene per 1. Mai 2014 hatten die Kantone neue Richtpläne auszuarbeiten, welche die Vorgaben und Anforderungen an die Ortsplanungen festlegten. Die Gesetzesänderung hat die Bedingungen für den Verbrauch und die Nutzung des Bodens erheblich verschärft. Die Entwicklung der Siedlungen soll vorwiegend nach innen erfolgen. «Verdichtetes Bauen» nennt sich das. Reserven und Brachen sollen genutzt, Fruchtfolgen und Kulturland erhalten bleiben.
Der kantonale Richtplan 2030 wurde im September 2015 durch den Regierungsrat des Kantons Bern beschlossen und im Mai 2016 durch den Bundesrat genehmigt. Nebst den Revi­sionen des Baugesetzes und der Bauverordnung sind auf Bundes- und Kantonsebene eine neue Gewässerschutzgesetzgebung und schliesslich im Kanton Bern die Verordnung über die Begriffe und Messweisen im Bauwesen (BMBV) in Kraft getreten.
Bis 2020 müssen die kommunalen Baureglemente dem BMBV angepasst werden. Die neuen Vorgaben bilden für die Gemeinden die Ausgangslage, um zwingend ihre teilweise längstens nicht mehr zeitgemässen Ortsplanungsrevisionen anzugehen – ein Werk, das einige Zusammenkünfte und Sitzungen erfordert. Die rechtskräftige Ortsplanung der Gemeinde Wyssachen stammt aus dem Jahr 2010. Die letzte Gesamtrevision wurde 1991 durchgeführt.
Zur Arbeitsgruppe Ortsplanungsrevision gehören Mitglieder des Gemeinderats und der Baukommission einschliesslich Gemeindepräsident Hans Peter Baltensperger, Gemeindeverwalterin Stephanie Wittmer, der Landwirt Thomas Maag sowie der Ortsplaner Thomas Frei und die Ortsplanerin Valérie Fux von georegio ag. Valérie Fux war es auch, die den Entwurf der Ortsplanung am Donnerstagabend in Wyss­achen vorstellte.

Ein «Hügel- und Berggebiet»
Von der Gemeindetypologie her gilt Wyssachen als «Hügel- und Berggebiet». In Sachen Entwicklung ist die Lage für die Gemeinde wenig komfortabel, verfügt sie doch bei einem angestrebten Personenwachstum bis 2030 von 2 % über blosse 0,7 Hektaren Baulandkontingent, während sich die unüberbauten Bauzonen jedoch auf 1.7 ha belaufen. Die räumliche Weiterentwicklung von Industriebetrieben ausserhalb deren Parzellen und die Einzonung von neuem Bauland ist somit nicht mehr möglich.
Ziel ist es daher im Rahmen der Ortsplanungsrevision, die Verfügbarkeit von bestehendem Bauland zu erhöhen, unattraktives Bauland auszuzonen und attraktivere, den gesetzlichen Regelungen entsprechende Flächen einzuzonen.
In einem Fall könnte dies möglich sein, informierte Hans Peter Baltensperger. Ein Besitzer sei bereit, eingezontes Bauland wieder auszuzonen. Eine zeitlich festgelegte Überbauungsfrist von zehn Jahren auf den einzelnen Parzellen sowie fix festgelegte Lenkungsabgaben sollen die möglichst baldige Nutzung der Bauzonen fördern.
Die Weiler Heimige und Mannshus können dank ihrer dichten Besie­delung als «Weilerzonen» («bedingte Bauzonen») ausgemacht werden, was baulichen Freiraum in den bestehenden Gebäuden schafft. Zudem könnten hier dereinst zwar keine neuen Hauptgebäude, aber allenfalls Nebengebäude erstellt werden. Darüber könnte dereinst die Gemeinde entscheiden; Baugesuche in diesen Weilerzonen müssten zur Genehmigung nicht mehr an den Kanton.
Trotz wesentlich strengeren Vorgaben gibt die Ortsplanungsrevision gewissen Projekten auch eine Chance, realisiert zu werden. Unter anderem besteht seit längerem die Idee für eine Halle für therapeutisches Reiten in der Nähe des alten Sportplatzes, für die es bisher keine Möglichkeit gab, sowie die Realisierung eines Spazierwegs und einer Begegnungszone mit Kinderspielplatz im Gebiet Chäppirain. Diese Projekte sollen in die neue Ortsplanung einbezogen werden.
Ändern werden gesetzesmässig auch die Gewässerräume. Von bisher fix festgelegten Gewässerabständen gibt es einen Wechsel zu gewässerbezogenen Schutzzielen und damit zu grundeigentümerbezogenen Vorgaben, welche die Schonung des Gewässerraums und seiner Artenvielfalt zum Ziel hat.
Umfassende Unterlagen sind in der Gemeindeverwaltung Wyssachen er­­hältlich oder können unter www.
wyss­achen.ch heruntergeladen werden. Das Mitwirkungsverfahren für die Ortsplanungsrevision dauert bis am 27. Juni. Schriftliche Eingaben können bis dahin in der Gemeindeverwaltung Wyssachen eingereicht werden.

Infos:www.wyssachen.ch

Von Liselotte Jost-Zürcher