• Das Porzi-Areal soll sich in den nächsten 15 bis 30 Jahren zu einem neuen, lebendigen Subzentrum entwickeln. · Bild: Thomas Peter

25.02.2019
Langenthal

Neues Subzentrum für die Stadt

Wie das Porzi-Areal in Langenthal in 15 – 30 Jahren aussehen könnte, wurde an einem Infoanlass dargestellt. Die Planergemeinschaft stellte die Ergebnisse der Testplanung vor. Gemäss dieser soll auf dem Porzi-Areal ein neues, lebendiges Subzentrum für Langenthal entstehen, mit einer Mischung aus wohnen, arbeiten, Gastronomie, Kultur und Verkauf.

Der Ort für die Infoveranstaltung war nicht ideal gewählt. Bereits 20 Minuten vor Beginn war das Centro Espanol restlos überfüllt, so dass man kurzfristig nach Ausweichmöglichkeiten suchen musste. In der Folge wurden weitere Interessierte in die Alte Mühle delegiert, wo auf einer Grossleinwand die Infoveranstaltung aus dem «Spanier» direkt übertragen wurde. «Ich würde mir wünschen, dass jeder politische Anlass in Langenthal so viele Leute anlocken würde», zeigte sich Stadtpräsident Reto Müller hocherfreut über das riesige Interesse.
Müller hielt einleitend fest, dass das Areal, auf dem sich die Gebäulichkeiten der ehemaligen Prozellanfabrik befinden, eine grosse Bedeutung für Langenthal habe. «Hier befindet sich ein wesentliches Stück Langenthaler Kultur. Hier wurde Langenthaler Geschichte geschrieben, die den Ort geprägt hat.» Deshalb müsse man als Behörde für diesen Ort auch Verantwortung übernehmen, indem man die Geschichte dieses Ortes erhalte und weiterentwickle, hielt der Stadtpräsident weiter fest. «Unser Handeln hat Folgen, aber auch unser Nichthandeln», betonte Reto Müller, der zu verstehen gab, dass für ihn ein Stillstand an diesem Ort keine Option sei

Neun Transformationsprinzipien
Anschliessend informierten Planer, Eigentümer und die Stadt über die Resultate der Testplanung und die Entwicklungsmöglichkeiten, die sich daraus für das Porzi-Areal ergeben. Die Schwerpunkte der Testplanung bilden neun Transformationsprinzipien. Diese bilden das städtebauliche Regelwerk und definieren die Richtlinien, nach denen die künftige Entwicklung erfolgen soll. Die neun Prinzipien widmen sich den Themen: Geschichte und Arealidentität; Hauptverbindungen; Orthagonalität; Übergeordnete Freiräume; Flanierzone; Höhenentwicklung und Akzente; Ränder sowie Quartiernetz. Die konkrete Ausgestaltung ist offen. Das Areal soll sich schrittweise in mehreren Etappen über 20 bis 30 Jahre hinweg weiterentwickeln. Die Planergemeinschaft verfolgt mit der Entwicklung des Porzi-Areals eine Vision, nach der auf dem heutigen Fabrikgelände ein ortsspezifischer Nutzungsmix aus Arbeiten, Wohnen und Verkauf entstehen soll, welcher auf der gewachsenen historischen Bausubstanz aufbaut. Ziel ist es dabei, die Zwischennutzungen in die Entwicklung einzubeziehen, zusammen mit neuen Nutzergruppen integrativ anzusiedeln und weiterzuentwickeln. Die Anpassungsfähigkeit des Areals an stetig wandelnde Anforderungen bildet dafür eine wesentliche Eigenschaft. Durch diesen Prozess soll die Geschichte des Porzi-Areals les- und erlebbar gemacht werden. Mit der Entwicklung vernetzt sich gemäss der Planergemeinschaft das Areal mit dem Zentrum und den umliegenden Quartieren, so dass die Erschliessung bequem zu Fuss, mit dem Bus oder dem Fahrrad erfolgt, ohne das Gebiet vom Individualverkehr auszugrenzen. In der Vision lebt das Porzi-Areal von seiner Diversität und Geschichte, gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch.

Es gilt Besitzstandswahrung
Aufbauend auf den Transformationsprinzipien und den übergeordneten kantonalen und städtischen Planungen wird eine neue baurechtliche Grundordnung für das Porzi-Areal entworfen. Parallel dazu wird der öffentliche Diskurs stattfinden. Die planungsrechtlichen Vorgaben und die bisherigen politischen Entscheide werden dabei einfliessen, genauso wie die Interessen der Öffentlichkeit sowie der Grundeigentümer. Gerade letztere zeigten sich durch die Testplanung vereinzelt irritiert, bemängelten den fehlenden Einbezug und eine Planung über ihre Köpfe hinweg, wie sich beispielsweise Klaus Stauffer in einem Artikel der Berner Zeitung vernehmen liess. Reto Müller entgegnete, dass alle Grundeigentümer auf dem Porzi-Areal angefragt wurden, ob sie sich am Prozess beteiligen möchten. Zu den weiteren Vorwürfen hielt der Stadtpräsident fest: «Grundsätzlich kann die Stadt jedes Gebiet beplanen.» Dagegen könne man sich nicht wehren, für Grundeigentümer gelte jedoch Besitzstandswahrung. Das bedeute, dass ein Grundeigentümer in seiner Entscheidung frei sei, wie er seinen Besitz entwickeln wolle. «Es gibt kein Prinzip, das einen Grundeigentümer dazu zwingt, auf seinem Besitz etwas anderes hinzustellen, die Testplanung zeigt lediglich Möglichkeiten auf, wie man das Areal weiterentwickeln könnte», fügte Daniel Kündig, Architekt und Co-Projektleiter Testplanung, hinzu.
Diese Möglichkeiten seien vielfältig, führte Kündig weiter aus. Die neue Ost-West-Verbindung bildet dabei das Kernstück der geplanten Initial-Etappe. Das Gelände soll zugänglicher gemacht werden. Die Bauten entlang der Bahn und des Innenhofs des Hauptgebäudes werden entsprechend angepasst. Danach wird der Westflügel des Hauptgebäudes saniert und die neue Bahnstation (Bahnhof Süd) ins Herz des Porzi-Areals gerückt. Der neue BLS-Bahnhof muss aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetz bis 2023 fertig gestellt sein. Ebenfalls in einer früheren Phase soll die Ofenhalle und ein Teil des Hauptgebäudes renoviert werden. Denkbar ist eine vielseitige Nutzung der Ofenhalle mit Gewerbe, Verkauf, Ateliers und Gastronomie. Die Direktorenvilla, das Verwaltungs- und das Wohlfahrtsgebäude werden in zweiter Priorität instandgesetzt.

KADI stärker einbeziehen
Die Planergemeinschaft versprach, dass das Porzi-Areal seine Einzigartigkeit behalten werde. Es soll sich aber auch weiterentwickeln, zu einem lebendigen und vielfältigen Quartier. «Wir wollen die Geschichte der Porzi fortschreiben und die künftige Entwicklung aktiv und zukunftsweisend gestalten», hielt Stephan Anliker als Vertreter der Planergemeinschaft Prozi Langenthal fest. Er sei sich der historischen Bedeutung des Ortes bewusst und nehme die damit verbundene Verantwortung auch wahr, versicherte er. Viele Menschen in Langenthal fühlten sich mit diesem Gebiet verbunden. «Das Areal soll sich nicht radikal verändern, in unserer Vision lebt es von seiner Geschichte und seiner Vielfalt. Das Tempo der Veränderung wird dem Areal angepasst. Bestehende Nutzungen in bestehenden Gebäuden werden Platz haben und neue Nutzungen in Um- und Neubauten werden Platz finden», ist Anliker überzeugt. Der Infoanlass sorgte für viel Gesprächsstoff und zahlreiche Fragen, vorwiegend der heutigen Nutzer auf dem Areal. Der Verein Porziareal lädt deshalb am 22. März zu einer eigenen Infoveranstaltung unter dem Motto «So gien’s ou» ein, wo er die künftige Entwicklung des Porzi-Areals aus seiner Sicht darlegen will. Aber auch in der Bevölkerung dürfte das Thema noch lange und ausgiebig diskutiert werden. So hat beispielsweise der ehemalige Stapi-Kandidat Hans-Jürg Schmid bereits reagiert und mittels eines Schreibens und einer Plan-Skizze zuhanden der Planergemeinschaft und der Stadt Langenthal seine Sicht der Areal-Entwicklung dargelegt. Dabei fordert er vor allem eine stärkere Einbindung der Bahnbetreiberin BLS und der angrenzenden KADI AG in die Areal-Entwicklung. Gerade der Hersteller von Kartoffelprodukten gerät wegen Geruchs-Immissionen immer wieder in die Kritik. Deshalb ist Schmid überzeugt, dass eine bauliche und optische Abgrenzung des Porzi-Areals gegenüber der KADI den Immissionsschutz deutlich erhöhen würde. Zugleich würde das Porzi-Areal für Investoren im Bereich Wohnungsbau attraktiver und nicht zuletzt würde laut Schmid dadurch auch die Zukunft der KADI als Produktionsbetrieb nachhaltig gesichert.

Von Walter Ryser