• Geschafft: Bereits in der Nacht trifft Peter Gerber aus Weier nach über 16 Wettkampfstunden als Triverest-Sieger auf dem Pilatus ein. · Bild: zvg

  • Teamwork: Peter Gerber wird auf der Radstrecke von Betreuer Dominic Scheidegger mit einem neuen Bidon versorgt. · Bild: zvg

03.08.2020
Sport

Nimmermüde «Ausdauermaschine» siegt

Der Ausdauersportler Peter Gerber aus Weier hat nach der Absage des Gigathlons 2020 eine neue Herausforderung gesucht. Mit dem «Triverest» hat er sie gefunden – und auf Anhieb die Zweitauflage dieses Extrem-Triathlons über 290 Kilometer und 8848 Höhenmeter gewonnen.

«Triverest» · Er ist eine Ausnahmeerscheinung im Regionalsport: Peter Gerber aus Weier, einstiger Feierabend-Eishockeyspieler, fand erst im Alter von 33 Jahren zum ambitionierten und zielorientierten Ausdauersport. Mit grosser Freude und enormem Trainingsaufwand erzielte der heute 36-Jährige eklatante Fortschritte. Und mit jeder Verbesserung wuchs der Hunger nach mehr. Dies gipfelte darin, dass Gerber innert kurzer Zeit zu einem sehr starken Vielseitigkeits-Ausdauersportler (Disziplinen Schwimmen, Radfahren, Biken, Inline-Skaten und Laufen) auf längeren Strecken avancierte. Die Erfolge blieben nicht aus. Der zweifache Familienvater gewann mitunter den Biennathlon, holte Bronze an der Cross-Triathlon-WM auf Hawaii und wurde grossartiger Gigathlon-Sieger 2019.

Willkommener Ersatzwettkampf
«Nach den vielen coronabedingten Wettkampfabsagen, mitunter auch dem Gigathlon 2020, kam mir die Startmöglichkeit am Triverest richtig gelegen», sagt Peter Gerber. «Triverest» nennt sich der 2019 erstmals ausgetragene Triathlon, der Teams und Solo-Athleten von Sarnen während 290 km und 8848 Höhenmetern bis auf den Pilatus führt. «Triverest» ist der erste Triathlon mit dem Ziel, die Höhe des Everest zu erreichen. «Ich war sofort Feuer und Flamme für diese spezielle Herausforderung», meint Gerber. «So hatte ich im Training einen Fokus, konnte mich auf die extreme sportliche Herausforderung freuen.»

Im Schwimmen wenig Zeit verloren
Am Wettkampffreitag rechnete Peter Gerber erst mit einer Streckenänderung. «Es hatte in der Nacht während zwei Stunden stark geregnet. Ich stellte mich darauf ein, dass die Schwimmstrecke zu Beginn aus Sicherheitsgründen durch eine Laufstrecke ersetzt wird.» Doch just zum Start um  6 Uhr früh hatte sich das Wetter beruhigt. «Es war sogar wunderbar, im superflachen Sarnersee zu schwimmen», berichtet der Entwicklungsingenieur der Afag AG. In seiner Sorgendisziplin lief es optimal. «Ich konnte in der Verfolgergruppe mitschwimmen und verlor auf die vierköpfige Spitze auf den vier Kilometern nur drei Minuten. Dies war für meine Verhältnisse sehr gut.»

In Paradedisziplin grandios – aber auch mit einem Tief
Es folgten die 256 absolut happigen Kilometer auf dem Rennrad. Doch genau das Zweirad – egal ob Mountainbike oder Rennrad – ist die grosse Stärke von Peter Gerber. Und in seiner Paradedisziplin teilte er die gesamte «Triverest»-Konkurrenz ein, liess sie uralt aussehen. Bereits beim Aufstieg auf den Glaubenberg nach nicht einmal 20 Kilometern hatte er die in Führung liegenden Athleten eingeholt. Und «Pegu» liess die beiden Zürcher Benjamin Ueltschi und David Gross-pietsch bald einmal stehen. Fortan und immer deutlicher in Führung liegend, kämpfte der starke Radfahrer nicht mehr gegen die Konkurrenz, sondern nur noch mit sich selbst.
«Die Radstrecke beinhaltete ein Wellenbad der Gefühle», erzählt Gerber. «Unglaublich schön war die Passage mit meiner anfeuernden Familie am Strassenrand.» Doch als auf einmal starker Regen einsetzte, hatte auch die nimmermüde «Ausdauermaschine» Gerber zu kämpfen. «Beim Anstieg zum Grimselpass fiel ich in ein Tief. Ich fühlte mich kraftlos, die Beine waren leer. Ausserdem fror ich.» Mit seiner mentalen Stärke überwand er die Krise. Dies war auch nötig, denn die «Rad-Tortour» umfasste sechs Bergpässe (Glaubenberg, Glaubenbielen, Brünig, Grimsel, Furka, Susten).

Die Genussphase
«Ab Andermatt war es wieder trocken. Und beim Anstieg zum Sustenpass war meine Schwäche einfach weg. Warum kann ich mir nicht erklären. Es löste aber ein Glücksgefühl aus. Mit dem Wissen, genügend Vorsprung zu haben, konnte ich ab diesem Zeitpunkt das Rennen so richtig geniessen.» Und der Vorsprung war nach zwei von drei Disziplinen gewaltig. Peter Gerber erreichte die Wechselzone in Sarnen 50 Minuten und mehr vor seinen nächsten Verfolgern.
Zum Dessert folgte die 30 km lange Laufstrecke von Sarnen auf den Pilatus – 2100 Höhenmeter inklusive. Bis nach Alpnachstad war die coupierte Strecke ohne grössere Probleme machbar. «Aber der finale Aufstieg zum Pilatus war dann schon extrem happig. Laufen war in der Endphase nicht mehr möglich. Ich war wirklich froh, einen grossen Vorsprung zu haben. So musste ich nie ans Limit gehen», berichtet der Liebhaber von Teigwaren mit Spinat.

Viel langsamer als beim Testlauf
Zum Vergleich: Zwei Wochen vor dem «Triverest» absolvierte Peter Gerber zu Trainings- und Besichtigungszwecken die Laufstrecke mit frischen Beinen in unglaublichen 85 Minuten. Im Wettkampf benötigte Gerber 140 Minuten. Dies spielte aber überhaupt keine Rolle, denn der «eiserne Mann» aus Weier baute seinen Vorsprung auf die Konkurrenz auch auf der Laufstrecke weiter aus. Als strahlender «Triverest»-Sieger traf Peter Gerber gewaltige 76 Minuten vor dem zweitklassierten Benjamin Ueltschi auf dem Pilatus ein. Es war bereits dunkel, denn «Pegu» war während 16 Stunden und 27 Minuten unterwegs gewesen.

Campingferien nach dem Grosserfolg
«Meine Familie und mein vierköpfiges Betreuerteam, allen voran Dominic Scheidegger, haben diesen Erfolg möglich gemacht. Ihnen möchte ich ganz herzlich Dankeschön sagen.» Weil es fast 26 Stunden dauerte, bis alle Mitmachenden im Ziel waren, fand die Siegerehrung erst am Samstag statt. «Alle Wettkämpfer übernachteten auf dem Pilatus», informiert Gerber. Mit der ersten Bahn gesellte sich dann auch seine Familie und das Betreuerteam hinzu. Gemeinsam konnten sie an der Siegerehrung den Gross-erfolg feiern. Direkt vom Wettkampf reiste Peter Gerber mit seiner Familie und dem Wohnmobil nach Obsee am Lungernsee, um zwei Wochen Campingferien zu machen. Dort liess er vorerst drei Tage lang die Beine baumeln. «Dann packte es mich aber wieder. Ich machte einen lockeren 10-km-Lauf rund um den See», erzählt Gerber. Der Ausdauersport-Spätzünder ist auch in Sachen Regeneration ein Phänomen: «Ich fühle nach heftigen Wettkämpfen nie körperliche Schmerzen, fühle mich danach immer super.»
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen – auch zu Coronavirus-Zeiten. Peter Gerber fasst bereits die nächste extreme sportliche Herausforderung ins Auge.
Am 5. September startet er am «Helveticman». Dieser Triathlon mit Start in Stansstad und Ziel auf der Melchseefrutt umfasst 2 km Schwimmen, 90 km Radfahren (3400 Höhenmeter) und 21 km Laufen (750 Höhenmeter). Salopp ausgedrückt: Ein Klacks für einen «Triverest»-Gewinner …
Auszug aus der Rangliste: Männer (18 Klassierte): 1. Peter Gerber, Weier, 16:27:00; 2. Benjamin Ueltschi, Zürich, 17:42:00; 3. David Grosspietsch, 18:05:00; 16. Sven Jost, Sumiswald, 24:08:00. – Dreier-/Viererteams (4): 1. Team Pilatus, 18:25:00; 2. The Cheesers (mit Stefan Purtschert, Eriswil/Hindelbank), 21:16:00.  

Von Stefan Leuenberger