• Das Porzi-Areal verfügt über grosses Entwicklungspotenzial. Mit der Verlegung des Firmensitzes leitet die Haupteigentümerin des Areals, die Ducksch-Anliker-Gruppe, den Wandel auf dem Porzi-Gelände gleich selbst ein. · Bilder: Walter Ryser

15.01.2020
Langenthal

Nun beginnt der Wandel auf dem Porziareal

Nach der erfolgreich durchgeführten Testplanungsphase zur Zukunft des Porziareals kann sich nun auch die Bevölkerung während einer Mitwirkungsphase zu den Ergebnissen der Testplanung äussern. Gleichzeitig beginnt jedoch bereits der Wandel auf dem Porziareal. So hat die Haupteigentümerin des Areals, die Ducksch-Anliker-Gruppe, mitgeteilt, dass sie ihren Firmensitz auf das Areal verlegen wird.

Das Porziareal in Langenthal ist nicht bloss ein geschichtsträchtiger Ort, sondern auch ein Ort, der mit vielen Emotionen verbunden ist und daher in breiten Bevölkerungskreisen das Interesse an der Zukunft dieses Quartiers weckt. Das war nicht zuletzt vor knapp einem Jahr ersichtlich, als die Ergebnisse des Testplanungsverfahrens zur Zukunft des Areals präsentiert wurden und die Veranstalter von der interessierten Bevölkerung regelrecht überrannt wurden.
Daran hat sich seither nichts geändert. Das Porziareal interessiert, polarisiert, weckt Begehrlichkeiten, sorgt für Diskussionen und nicht zuletzt für gegenteilige Meinungen, wenn es um die künftige Weiterentwicklung geht.
Gerade deshalb habe sich der Gemeinderat entschieden, die Bevölkerung frühzeitig in den Entwicklungsprozess miteinzubeziehen, erläuterte Stadtpräsident Reto Müller an einer weiteren Infoveranstaltung. Nach der Präsentation der Ergebnisse der Testplanung sowie dem Gegenvorschlag des Vereins Porziareal («so geit’s ou») habe man laut Müller rasch festgestellt, dass sowohl die Meinungen der Grundeigentümer als auch der interessierten Bevölkerung bezüglich den weiteren Entwicklungsabsichten des Areals kontrovers verlaufen würden.
«Einige wollen entwickeln, andere wollen auch entwickeln, aber anders», erläuterte Reto Müller. So sei der Gemeinderat letztendlich vor der Wahl gestanden: Das Planungsverfahren jetzt durchzuführen, was aus Sicht des Gemeinderates das Risiko beinhaltet hätte, dass die Planungsgrundlagen und Nutzungsanordnungen im Stadtrat oder letzten Endes beim Volk abgelehnt werden könnten.

Bevölkerung soll sich äussern
Deshalb habe sich der Gemeinderat für einen anderen Weg entschieden, bemerkte der Stadtpräsident: «Er holt sich in einer freiwilligen Mitwirkung die notwendige Kritik oder das Feedback, um sicher zu sein, dass er die zu beauftragten Planerteams mit den richtigen Grundlagen und den richtigen Eckwerten und Zielen auf den Weg schickt.» Die Mitwirkung für die Bevölkerung ist nun in diesen Tagen lanciert worden und dauert bis am Samstag, 29. Februar.

Sprechstunden mit Fachleuten
In dieser Zeit finden auch drei Sprechstunden statt, bei denen sich Interessierte mit Fachleuten zu den Themen der Testplanung austauschen, aber auch Fragen stellen können. Man wolle alle Interessens- und Anspruchsgruppen abholen und eine möglichst differenzierte Beurteilung und Rückmeldung zu den einzelnen Testplanungspunkten erhalten, gab Müller abschliessend zu verstehen und forderte zugleich die Anwesenden auf, schriftliche Eingaben zu machen.
Aus Sicht des Architekten blickte Manuel Alberati (Alberati Architekten AG, Zofingen) noch einmal auf die Testplanung zurück und wies auf mögliche Entwicklungen auf dem Porziareal hin. Er bezeichnete das Porziareal als ein heterogenes Areal, auf dem längst nicht alles, was heute existiere, einen architektonischen Wert habe.
«Aber das Ensemble der historischen Gebäude ist nach wie vor lesbar und birgt das Potenzial, herausgeschält zu werden. Und dann ist noch ganz viel der Fläche als Lager genutzt. Rund 45 Prozent der gesamten Fläche auf dem Porzi-Areal sind Lagernutzungen», erläuterte Alberati.

Ducksch-Anliker zügelt auf das Porzi-Areal
Das Porziareal sei kein öffentlicher Ort mit einer eigenen Identität, stellte er weiter fest, «sondern es ist das Relikt einer Industriegeschichte und deshalb in vielen Köpfen eine Erinnerung und Sehnsucht. Nachhaltigkeit und Aufwertung, gesellschaftlicher Mehrwert und Leben entsteht aber nicht in der Vergangenheit, sondern mit dem Mut des Fortschreitens und dem Blick auf die Bedürfnisse der Zukunft», erläuterte der Architekt.
Um in Zukunft zu bestehen, müsse das Areal gemäss Manuel Alberati multikulturell und durchmischt sein. «Auf dem Areal hat es Platz für Verschiedenes. Innere Verdichtung heisst nicht, die heutigen Räume zu füllen, mit neuen Nutzungen das Bestehende zu vertreiben, sondern es heisst, das Bestehende geschickt zu ergänzen, ein Geflecht von gesellschaftlichen Ansprüchen entstehen zu lassen.» Es müsse Raum reorganisiert und auch teilweise neu gefüllt werden.
Unabhängig davon, wie sich die Bevölkerung im laufenden Mitwirkungsverfahren zur Zukunft des Porziareals äussert – für die Haupteigentümerin, die Ducksch-Anliker-Gruppe, hat der Wandel auf dem Areal bereits begonnen, wie Gian Kämpf als Vertreter der Ducksch-Anliker-Gruppe zu verstehen gab. Man bekenne sich zum Porzi-Areal, betonte Kämpf gleich zu Beginn. Er wies aber auch darauf hin, dass aktuell viele Räume auf dem Areal leer stehen oder als günstige Abstellflächen genutzt würden. Deshalb wolle man neue Mieter für das Porzia-Areal gewinnen. «Wir sind offen für den Dialog und einen Austausch darüber, wo Raum für zusätzliche Nutzungen vorhanden ist oder geschaffen wer-den kann», erklärte Gian Kämpf, der Mitglied der Geschäftsleitung von Ducksch-Anliker ist.
Wo es nötig und sinnvoll sei, werde man Räumlichkeiten instand stellen, so dass sie sich besser nutzen liessen. «Wir wollen die Möglichkeiten für eine sinnvolle Zwischennutzung optimieren», betonte Kämpf. Zum Zeichen, dass der Wandel einsetze, gab Gian Kämpf zu verstehen, dass die Ducksch-Anliker-Gruppe ihren Hauptsitz  pünktlich zum 50-Jahr-Jubiläum im nächsten Jahr auf das Porzi-Areal verlegen werde. Damit bekenne man sich zum Standort Langenthal und zum Porzi-Areal. Es gelte jetzt, dem Porzi-Areal weiteres Leben einzuhauchen, es für die Bevölkerung zu öffnen, für die Zukunft vorzubereiten und fit zu machen. «Die Gesamtentwicklung zielt längerfristig darauf ab, dass auf dem Areal ein lebendiges und vielfältiges Quartier mit einem breiten Nutzungsmix für Langenthal entsteht», bemerkte Gian Kämpf zum Schluss.

Von Walter Ryser