• Assistiert vom Käser-Ehepaar Michael und Monika Spycher schneidet Botschafter McMullen einen einjährigen Gruyère AOC auf, mit dem die Spychers den Titel holten. · Bild: Daniel Fuchs

10.09.2020
Emmental

Please say «Cheese», Mr. Botschafter

Hoher Besuch in der Bergkäserei Fritzenhaus: Der gegenwärtige US-Botschafter Edward McMullen wollte sich vor Ort überzeugen, weshalb der Gruyère AOC von Michael Spycher im Bundesstaat Wisconsin den Weltmeistertitel gewann.

Wasen · Edward McMullen, US-Botschafter in Bern, holte diese Woche nach, was er eigentlich schon im April hatte tun wollen, was aber im Lockdown nicht möglich war. Als der Gruyère AOP von Michael Spycher aus der Bergkäserei Fritzenhaus im Wasen an den Käse-Weltmeisterschaften im US-Bundesstaat Wisconsin zum besten seiner Art gekürt wurde, liess er unverzüglich nach einer Audienz in der Käserei der Spychers nachfragen. Schliesslich ist der Gruyère der Lieblingskäse des Botschafters, der unverhohlen zugibt, dass er gutes Essen liebt.

Bereits der zweite Titel
Schon 2008 erhielt sein Gruyère AOP den Weltmeistertitel. Ein Zeichen dafür, dass Michael Spycher, der die Bergkäserei Fritzenhaus seit 2001 zusammen mit seiner Frau Monika führt, etwas richtig macht. Will heissen: Dass er an sich und seine handwerkliche Arbeit sehr hohe Ansprüche stellt. Doch wie macht man den weltbesten Gruyère AOP? «Das fängt schon beim Gras an, das die Kühe bei unseren Bauern fressen», meint Michael Spycher trocken, während man auf die Ankunft des Botschafters wartet. Alles danach ist präzises Handwerk mit viel Gespür und Blick für jedes Detail in der Produktionskette.
Die Käseweltmeisterschaft wird alle zwei Jahre in Wisconsin durchgeführt. Bewertet werden die Käse von einer internationalen Jury. Dieses Jahr wurden insgesamt 3667 Käse aus 20 Ländern degustiert und begutachtet. Das traditionelle Schweizer Käsehandwerk geniesst dabei bei internationalen Fachleuten grosse Anerkennung.
Weltmeister gibt es aber auch in der weiteren Region. So holte sich Fritz Baumgartner von der Bergkäserei Mühlekehr in Trub ebenfalls zum zweiten Mal den Weltmeistertitel für seinen Emmentaler AOP.

Warten auf den Botschafter ...
Der hohe Besuch aus Bern lässt noch auf sich warten. Die Zeit vergeht, bis endlich der schwarze Cadillac bei der Bergkäserei eintrifft. Die Begrüssung ist herzlich und kurz. Dann wird die hygienisch erforderliche Schutzbekleidung montiert, Botschafter McMullen und Käser Michael Spycher verschwinden in der Bergkäserei.

... und den Fototermin
Aufgrund der engen Platzverhältnisse in der Käserei müssen die anwesenden Pressevertreter draussen warten, ein Fototermin in der Käserei sei ausgeschlossen, heisst es zunächst. Doch dann wird ein kurzer Fototermin im Käselager irgendwie doch noch möglich. «Lächeln bitte», say «Cheese» Mr. Botschafter, während dieser mit einem kleinen Hammer auf einen Käselaib klopft, um dessen Reifegrad aufgrund des Tones zu überprüfen. Danach darf der Botschafter vor der Käserei einen ganzen Laib des Weltmeister-Gruyères anschneiden.
Die Käserei Fritzenhaus liegt eigentlich ausserhalb der Gruyère-Zone. Der Käse muss dort deshalb mindestens drei Monate reifen. Dafür haben Michael Spycher und seine Bauern extra in einen Käsekeller investiert. Nach der Reifezeit kommt der Käse bis zu 24 Monate in einen ehemaligen Bunker der Firma Gourmino im Berg, um weiter gepflegt und affiniert zu werden.

Nur kurz in der Schweiz
Der aus New York stammende Edward McMullen (55) ist seit November 2017 als Botschafter für die Schweiz im Amt, möchte den Posten aber nach den Präsidentschaftswahlen vom kommenden November wieder abgeben. Er wolle zurück in die Wirtschaft, begründete McMullen, von Haus aus eigentlich Werbeunternehmer und Politberater, seinen Entscheid. «Ich bin Unternehmer und nicht Politiker», erklärte der mit Donald Trump befreundete Botschafter, der seinen Präsidenten ausserordentlich schätzt und 2016 bei den letzten Präsidentschaftswahlen dessen Wahlkampagne in South leitete, jüngst in einem Zeitungsinterview.
Eigentlich hätte der «Unter-Emmentaler» noch eine ganze Reihe von Fragen an den Botschafter gehabt. Aber bei einer Degustation im Wasen spricht man schliesslich über Käse und nicht über Alltägliches wie etwa Politik.

Von Daniel Fuchs