• Dominique Aegerter in einer perfekten Kurvenlage mit dem E-Bike, das mit einer 100 kg schweren Batterie bestückt ist. · Bild: Keystone

20.07.2020
Sport

Podest im allerersten Rennen mit Batteriebetrieb

MotoE-WM 2020, 1. Rennen, GP von Spanien in Jerez – Leise surrende Elektrotöffs auf kurzen Distanzen. Dies ist die neue Welt des Rohrbacher Töffpiloten Dominique Aegerter. Beim Auftakt der MotoE-WM in Jerez schaffte der 29-Jährige bei seinem allerersten Töffrennen mit Batteriebetrieb mit Rang 3 gleich einen Podestplatz. Dies nach einer beeindruckenden Aufholjagd im nur über 26 Kilometer führenden Rennen bei 65 Grad Asphalthitze.

Motorsport · Natürlich liegt der Fokus im Töffzirkus bei den motorisierten Zweirädern mit Schweizer Beteiligung. Doch für den Rohrbacher Dominique Aegerter kommen Rennwochenenden wie das vergangene in Jerez nicht ungelegen. Weil Tom Lüthi im Moto2-Rennen ausschied und die beiden anderen Schweizer Jesko Raffin (Moto2) und Jason Dupasquier (Moto3) nur die Ränge 21 belegten, rückte aus Schweizer Sicht das kurze MotoE-Rennen in den Mittelpunkt. «Die E-Bike-Rennen werden schon wahrgenommen», meint der seit dieser Saison an der WM mitmachende Oberaargauer zu diesem Thema. «Die Moto-GP-Jungs verfolgen die Rennen auch. Weil die E-Bike-Rennen sehr kurz sind, ist das Ganze attraktiv und anschaubar», findet «Domi» Aegerter.

Starke Trainings
Nach einer langen Karriere im motorisierten Töffzirkus fährt der 29-jährige Rohrbacher 2020 erstmals in der E-Bike-WM im Team Dynavolt Intact GP mit. Und der Auftakt in Jerez gelang beinahe perfekt. In Andalusien kam der durchtrainierte Athlet mit dem schweren Elektrotöff – die Batterie wiegt 100 kg – auf Anhieb super zurecht. Nach bloss drei Testtagen im März lief es bei den Mittwochtests wie geschmiert. In allen drei Trainings stellte Aegerter Bestzeit auf. Im nur über eine Runde dauernden Qualifying (E-Pole genannt) schaffte es Aegerter am Samstag auf den 3. Startplatz. «Mit dem Töff kam ich gut klar. Die 40 Grad Hitze und die 65 Grad Asphalttemperatur waren ein anderes Thema», berichtet der Pilot mit der legendären Nummer 77. Das sonntägliche Rennen führte schliesslich nur über sechs Runden (26,5 km oder knapp elf Minuten Renndauer). Diese Kurzrennen in der E-Bike-Klasse haben einen Grund: Länger hält die Batterie bei dieser mörderischen Hitze nicht an.

Probleme in der Startkurve
Wie gewohnt legte der Schweizer einen starken Start hin. Er hielt seine Position. Allerdings nur bis zur ersten Kurve. «Ich war etwas überrascht vom Gedränge. Es kam bei den Positionskämpfen zu zwei Touchierungen, welche mich auf die siebte Position zurückwarfen.» Vorne zog der Brasilianer Eric Granado davon und feierte einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg. Dahinter war das Feld aber dicht beisammen. Obwohl es in den E-Bike-Rennen enorm schwer zu überholen und die Renndauer nur ganz kurz ist, zeigte Aegerter im Feld mit Einheitsmaschinen (bis zu 270 km/h schnell) sein fahrerisches Können, welches ihm in seiner Moto2-Karriere einige Sternstunden bescherte. Mit der gewohnten Aggressivität und dem unbändigen Willen, in den Kurven Positionen gutmachen zu wollen, schaffte er dies tatsächlich. In der Schlussrunde schnappte er sich sogar noch den Deutschen Lukas Tulovic mit einem lupenreinen Überholmanöver. Hätte das Rennen noch eine Runde länger gedauert, wäre auch der knapp vor Aegerter als Zweiter ins Ziel fahrende Matteo Ferrari aus Italien fällig gewesen. So blieb es aber bei Aegerters Stromer-Premiere beim dritten Podestrang.

Kein Geld – aber wieder Beachtung
«Ich darf zufrieden sein. Schon nächste Woche kommt es auf dem gleichen Kurs zum nächsten Rennen. Ich werde versuchen, nach dem Start mit der Spitze mitzuhalten, um so um den Sieg mitkämpfen zu können», gibt sich Aegerter gewohnt kämpferisch. Finanziell hat der Rohrbacher mit seiner Podestfahrt nichts verdient. «Der Podestplatz wirft vom WM-Veranstalter kein Geld ab. Dieses wird einzig mittels allfällig ausgehandelter Prämien über die Sponsoren generiert», informiert Aegerter. Als Rookie dieser speziellen Töffklasse im ersten Rennen gleich auf das Podest zu fahren, gibt dem in den letzten Jahren arg gebeutelten Töffprofi aber gehörig Selbstvertrauen. Und auf einmal wird die Nummer 77 im Fahrerlager wieder beachtet. «Nach meinen zahlreichen Bestzeiten haben mich auf einmal Leute gegrüsst, welche mir in den letzten zehn Jahren nie Hallo gesagt haben», schmunzelt Aegerter. «Es ist halt leider ein bisschen so, dass du nur bei Erfolg beachtet wirst.» Es könnte durchaus sein, dass Dominique Aegerter in seiner ersten MotoE-Saison nun öfters beachtet wird …

Resultate: MotoE (17 Klassierte): 1. Eric Granado, Brasilien, 10:55,542; 2. Matteo Ferrari, Italien, 10:58,586; 3. Dominique Aegerter, Rohrbach/Schweiz, 10:58,841; 4. Lukas Tulovic, Deutschland, 10:59,059; 5. Mattia Casadei, Italien, 10:59,624.

Von Stefan Leuenberger