• Noch immer ein bekanntes Gesicht im Eishockey: Jaroslav Tuma. · Bild: Leroy Ryser

28.01.2019
Sport

Reisen ist des Tumas Lust

Jarsolav Tuma ist seit 34 Jahren als Spieleragent im Geschäft. Der Thunstetter betreut noch heute mit seiner Vermittlung vier NHL-Profis, mehrere National-League- und einzelne Swiss-League-Spieler, obwohl er längst in Pension sein könnte. «Ich kann nicht einfach nichts tun», sagt der 71-Jährige Tscheche lachend. Der Ursprung seines Erfolges als Spieleragent liegt überraschenderweise aber beim Scheitern in einer anderen Position.

Eishockey · Eigentlich ist es alles einem Irrtum zu verdanken, dass man Jaroslav Tumas Gesicht auch heute noch im Eishockeybusiness bestens kennt. Der Tscheche kam einst im Jahr 1983 nach Langenthal, wo er als Trainer in der ersten Saison prompt begeistern konnte. Die Oberaargauer haben damals die Aufstiegsrunde zur NLA bestritten und mächtig für Furore gesorgt, es schien, als würde Jaroslav Tuma auf seinem neuen Posten durchstarten. In der darauffolgenden Saison hat der SC Langenthal aber statt je einen ausländischen Stürmer und einem Verteidiger wie zuvor, zu hoch gepokert und zwei Stürmer engagiert. Noch in derselben Saison wurde Tuma wegen des drohenden Abstiegs aus der zweithöchsten Liga nach dem Jahreswechsel entlassen, die Oberaargauer stiegen damals aber trotzdem ab, auch weil die Liga von 16 Teams auf deren 10 verkleinert wurde.
Tuma nahm in der nächsten Saison in Olten einen neuen Anlauf in der NLA, sein Vertrag wurde aber nicht verlängert. «Ich war zu naiv. Ich habe damals nicht erkannt, was nötig gewesen wäre», sagt Jaroslav Tuma heute und begründet, dass sein Weg als Trainer ein jähes Ende nahm. Überraschenderweise kam dann aber ein Anruf, der ihm die Möglichkeit bot, weiterhin seinem geliebten Sport treu zu bleiben. Derek Holmes, kanadischer, mittlerweile pensionierter ehemaliger Eishockeyspieler, -trainer und -Agent, fragte bei Tuma an, ob sie nicht gemeinsam eine Spieleragentur eröffnen wollen. «Ich fragte ihn zuerst, ob man damit überhaupt Geld verdienen kann», erinnert sich Tuma lachend. Rasch hat sich dann gezeigt: Ja, das ist möglich.

Aus der Not entstanden
Während sein Partner damals Spieler in Nordamerika rekrutierte, versuchte Tuma sie in der Schweiz zu platzieren. Im Jahr 1986 hat er als erster in der Schweiz seine Agentur lizenzieren lassen und seither betreute er unzählige Spieler aus verschiedenen Ländern in verschiedenen Ländern. Noch heute steht der Grossteil der deutschen Nationalmannschaft unter seinen Fittichen, daneben betreut er auch die in der Region bekannten SCL-Spieler Toms Andersons und Stefan Tschannen. «Dabei ist das alles aus der Not heraus entstanden», sagt Tuma heute. Er sei wie die Jungfrau zum Kinde gekommen, findet er rückblickend. Erreicht hat er, ganz offensichtlich so einiges. Phasenweise betreute er bis zu 12 Spieler in der NHL, gerade auch in Europa hat er sich ein grosses Netzwerk aufgebaut, das seinen Worten Vertrauen und Glauben schenkt. «Transparenz war mir immer sehr wichtig. Ausserdem versuchte ich immer ehrlich und direkt zu sein. Wischi-waschi-Zeug ist nichts für mich – ich sage geradeaus, wie etwas ist», erklärt der 71-Jährige. Natürlich sei es daneben wichtig, dass er vor allem seine Aufgaben als Betreuer pflichtbewusst erfüllte – und dies lief meist in einen Full-Care-Service heraus. «Wir haben den Spielern beim Lösen von Arbeitsversicherungen geholfen oder sie bei den Steuern beraten.» Dafür hat er längst diverse Berater ins Boot geholt, seine Frau Lillian unterstützt ihn als Sekretärin ebenfalls.

Nur mit Aufopferung
Die Hauptaufgabe bleibt aber die Betreuung rund um den Job der Spieler. «Wenn etwas nicht läuft, habe ich jeweils einen Anruf vom Verein erhalten. Das war dann oft nicht einfach, aber das musste ich natürlich ansprechen», erzählt Tuma. So sei es wahrlich die grösste Herausforderung, einem Spieler klar zu machen, dass er seine Ziele nur mit vollständiger Aufopferung für den Sport erreichen kann. Hin und wieder seien da auch Gespräche mit den Eltern nötig gewesen. «Eigenständige Spieler haben es meist weitergebracht, als jene, die von ihren Eltern zu stark umsorgt wurden», sagt  Tuma aus Erfahrung. Sowieso habe er in seinen vielen Jahren bemerkt, dass vor allem Torhüter bereit sind, viel für ihren Traum zu tun, sagt Jaroslav Tuma.
Aufgewachsen in Prag, hat er in der Region Oberaargau eine neue Heimat gefunden. Diese aber ist jeweils nur zwischenzeitlich seine Bleibe. «Es ist ein dauerndes Hin- und Herreisen. Letzte Woche war ich für ein paar Tage in Salzburg. Beim Spiel zwischen Salzburg und München spielten acht Spieler, die ich selbst unter Vertrag habe – deshalb bin ich da hin gereist.» Gerade auch deshalb brauche das Agenten-Business enorm viel Kraft. Zugleich sei es aber ein erlebnisreicher Beruf, bei dem er viele nachhaltige Freundschaften knüpfen konnte. «Es hat mir grosse Freude bereitet und ich konnte sehr viel erleben und viel sehen. Das Reisen ist des Müllers Lust – und auch mir hat das Spass bereitet.»

Ein Abschätzen von Möglichkeiten
Genauso wie das Reisen gehörte aber auch das Aushandeln der Verträge zu seinem Job, sodass er mittlerweile sagen kann, dass er schon tausende Arbeitspapiere ausgehandelt hat. Und dabei ist es ein Abschätzen von Möglichkeiten und Chancen. «Zuerst muss ein Job in einem passenden Team vorhanden sein, dann muss das Geld passen. Wenn es für einen Spieler zu wenig Geld gibt, muss er irgendwann damit einverstanden sein», erklärt Tuma. Dabei hat ihm seine langjährige Erfahrung zweifellos geholfen. Ausserdem hat er mit der Zeit ein grosses Netzwerk aufgebaut, welches ihm zusätzliche Möglichkeiten für seine Spieler eröffnete.
Um das gute Gelingen sicherzustellen, war er früher jeweils 24 Stunden lang erreichbar, selbst in der Nacht habe er teilweise telefoniert und gearbeitet aufgrund der Zeitverschiebung zu Nordamerika. Viel freie Zeit blieb auch deshalb nicht, oder zumindest selten. Was Jaroslav Tuma jeweils dann gemacht hat? «In meiner Freizeit gehe ich Golf spielen mit Freunden. Und dann reden wir über Eishockey», sagt er und lacht. Es ist wahrlich eine Liebesgeschichte zwischen ihm und dem Eishockey. Rückblickend darf man deshalb mit einem Schmunzeln sagen, zum Glück für viele Eishockeyspieler und Vereine ist Jaroslav Tuma einst als Trainer gescheitert.

Von Leroy Ryser