• Das Ende einer Leidensgeschichte naht: Nach über fünf Jahren dürfte der letzte Akt bei der Sanierung der Ufhusenstrasse demnächst in Angriff genommen werden. · Bild: Walter Ryser

16.06.2022
Huttwil

Schwarze Zahlen, aber keine Euphorie

Die Gemeindeversammlung in Huttwil durfte von überaus erfreulichen Zahlen in der Jahresrechnung 2021 Kenntnis nehmen. So schloss beispielsweise die Rechnung im Allgemeinen Haushalt satte 1,366 Millionen Franken besser ab als budgetiert. Diverse Entwicklungstendenzen in der Gemeinde verhindern jedoch, dass angesichts der vorliegenden Zahlen Euphorie aufkommen könnte.

Vordergründig sehen die Zahlen in der Jahresrechnung 2021 der Einwohnergemeinde Huttwil nüchtern aus und geben kaum Anlass für Luftsprünge. So weist der Gesamthaushalt für das vergangene Jahr ein Minus 266 685 Franken auf. Und der Allgemeine Haushalt schliesst sogar mit einer Null, also ausgeglichen ab. Doch bei genauerer Betrachtung der Jahresrechnung zeigt sich ein überraschend erfreuliches Bild, das die 42 anwesenden stimmberechtigten Personen (1,19 Prozent von 3529 stimmberechtigten Einwohnern) im Saal der reformierten Kirchgemeinde vorgesetzt bekamen.
Im Allgemeinen Haushalt wurde nämlich ein Ertragsüberschuss von 787 630 Franken erwirtschaftet, der gemäss Vorschrift (Rechnungslegung HRM2) als zusätzliche Abschreibungen der finanzpolitischen Reserve zugewiesen wurde. Trotzdem: Das vorliegende Ergebnis fiel satte 1,366 Millionen Franken besser aus als budgetiert. Gemeinderat Marcel Sommer (Ressort Finanzen) erklärte die grosse Abweichung: «Man könnte salopp sagen, der Gemeinderat kann nicht budgetieren. Tatsächlich gestaltete sich jedoch der Budget-Prozess während der Corona-Pandemie schwierig und wir hatten bei vielen Positionen schlicht keine Ahnung, wo wir landen werden. Deshalb haben wir beim Budgetieren eine äusserst defensive Strategie gewählt.» So fiel beispielsweise der Personalaufwand mit 334 365 Franken geringer aus, dafür wurden 468 990 Franken mehr Steuererträge registriert.

Finanzkräftige Steuerzahler fehlen
Jubelstimmung oder gar Euphorie ob des guten Ergebnisses kommt bei Sommer aber nicht auf, vielmehr verwies er auf die jüngste Klausur des Gemeinderates, die sich hauptsächlich mit dem Thema Finanzen befasste (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Dabei habe man einige überraschende Erkenntnisse gewonnen, die dem Gemeinderat nicht bewusst gewesen seien. Marcel Sommer erwähnte beispielsweise die aktuelle Sozialhilfequote von fünf Prozent, die im Vergleich mit umliegenden Gemeinden überdurchschnittlich hoch sei.
Weiter erwähnte er, dass sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Bewohner im Alter von 1 bis 20 Jahren verdoppelt habe, was Auswirkungen auf die Schulraumplanung und damit auch auf die Finanzen der Gemeinde habe. Und auch die Zahl der Ausländer sei in den vergangenen zehn Jahren von 200 auf 600 angewachsen. Im Gegenzug hätten in der gleichen Zeitspanne rund 400 Rentner die Gemeinde verlassen. Fazit: Huttwil entwickelt sich und wächst, gleichzeitig sinken jedoch die Steuereinnahmen. Mit einem Durchschnitt von 50 000 Franken steuerbarem Einkommen pro Person/Haushalt zählt Huttwil zu den «steuerschwachen» Gemeinden in der Region. Das lege den Schluss nahe, dass Huttwil zwar neue Einwohner anlocke, aber nicht unbedingt finanzkräftige Steuerzahler, erläuterte Sommer.
Für den Gemeinderat wiederum bedeute dies, dass in absehbarer Zeit gewisse Massnahmen ergriffen werden müssen, um diesem Trend entgegenzuwirken. So gelte es beispielsweise,  geplante Investitionen noch genauer anzuschauen und nach Sparpotenzial zu untersuchen. Auch werde man den Kommissionen gewisse Vorgaben für den Budget-Prozess machen müssen. Und letztendlich werde man nicht darum herumkommen, in naher Zukunft auch eine Steuererhöhung zu prüfen, schloss Gemeinderat Marcel Sommer seine Ausführungen.

Niemand hat etwas gemerkt …
Mit der Genehmigung eines Nachkredites von 400 000 Franken für die Sanierung der Ufhusenstrasse setzte die Gemeindeversammlung einen Schlussstrich unter ein leidiges Thema, wie Gemeinderat André Schärer (Ressort Bau) betonte. Bereits vor fünf Jahren wurde für dieses Geschäft an einer Gemeindeversammlung ein Kredit in der Höhe von 950 000 Franken genehmigt. Doch zwei Jahre später habe man festgestellt, dass der beantragte Kredit nicht ausreichen werde, weil die Berechnungen dafür mangelhaft gewesen seien, blickte Schärer zurück. Erstaunlich sei diesbezüglich, dass der unvollständige Kreditantrag an der damaligen Gemeindeversammlung im Vorfeld weder der Verwaltung noch der Baukommission und auch nicht dem Gemeinderat aufgefallen sei. «Dieses Versäumnis blieb lange unentdeckt», erwähnte der zuständige Gemeinderat. Die Gründe, wie es dazu kommen konnte, seien nicht mehr nachvollziehbar, erläuterte André Schärer. Diesbezüglich habe man aber reagiert und das interne Kontrollsystem verbessert.
Als dann auch noch Streitigkeiten betreffend Qualität der ausgeführten Bauarbeiten auftraten, war das «Chaos» komplett und führte zu einem Baustopp. Dabei wurde festgestellt, dass die mangelhafte Planung und Ausführung der Bauarbeiten in Zukunft zu höheren Unterhaltskosten führen wird. Um die Kostenfrage zu klären, fanden diverse Gespräch im Beisein von Anwälten statt. Am Ende einigte man sich darauf, die Kosten für den zusätzlichen Unterhalt in der Höhe von (geschätzten) 27 900 Franken aufzuteilen. Je 9300 Franken übernehmen die beiden an der Sanierung beteiligten Firmen wie auch die Gemeinde Huttwil. Mit der zusätzlichen Genehmigung des Nachkredites in der Höhe von 400 000 Franken hat die Gemeindeversammlung grünes Licht erteilt, damit der fehlende Deckenbelag nun endlich eingesetzt und damit die Sanierung der Ufhusenstrasse definitiv beendet werden kann.

Von Walter Ryser