• Dino Stecher besitzt eine Kiste voll mit Silbermedaillen. Er sagt: «Eine Goldmedaille hätte meine Karriere nicht verändert.» · Bild: Thomas Peter

25.03.2021
Huttwil

Schwierige Situation, gute Ausgangslage

Nach über 30 Jahren als Torhüter und Trainer im Eishockeybusiness hat Dino Stecher vor fünf Jahren eine neue Herausforderung im Campus Perspektiven angenommen. Dort erlebt er heute als Geschäftsführer die grossen Herausforderungen der Corona-Zeit. Den Kopf will er aber nicht hängen lassen, denn die Voraussetzungen für die nächsten Monate sind gut. «Wir haben einen soliden Grundstock an Buchungen.» Oder anders gesagt: Sobald der Bundesrat Lockerungen beschliesst, ist der Campus bereit. Dennoch ist das Überleben der Aktiengesellschaft mit einem Kampf verbunden.

Leroy Ryser im Gespräch mit Dino Stecher, Geschäftsführer im Campus Perspektiven.

Dino Stecher, das Eis ist schon lange abgetaut, auch sonst läuft nichts oder nicht viel im Campus Perspektiven. Wie sehr schmerzt das?
Dino Stecher: Es ist hart. Und zweifellos ist es ein komischer Winter, fast ohne Eishockey. Eishockey am TV ist eben auch nicht dasselbe. Und insbesondere für den Campus ist es wirklich eine schwierige Zeit, durch die wir hier durchgehen müssen.

Wie steht es bei Ihnen um die Langeweile?
Ich habe die Zeit genutzt, um mich fit zu halten. Viel Bewegung, viel Sport in der Natur, neue Sportarten entdeckt. Ich bin auch heute noch sehr polysportiv und immer offen für Neues. Auch beruflich gab es keinen Stillstand. Wir warten nicht auf das Ende der Einschränkungen, wir sind vorbereitet und bereit, sobald es wieder losgehen kann.

Wie sieht folglich Ihr Alltag aus?
Ich bin wie viele andere auch zumeist im Homeoffice tätig. Die Arbeitstage sind aber deutlich kürzer. Daneben unterstützen wir uns so gut wie möglich gegenseitig. Zum Beispiel ist das dezimierte Küchenteam noch im Einsatz, weil wir für die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden vor Ort kochen. Auch ich helfe dort hin und wieder aus, sei es beim Wärmen von Essen oder beim Aufräumen der Küche.

Blicken wir auf die gesamte Unternehmung: Wie sieht die Situation für den Campus derzeit aus?
Es ist ungemütlich und der Druck auf uns steigt. Aktuell sieht es nach einem Verlust im sechsstelligen Bereich aus, und weil wir nicht von  der öffentlichen Hand subventioniert werden, ist die Ausgangslage weiter schwierig. Ausserdem fehlen uns, beispielsweise im Vergleich zum Eisstadion Schoren in Langenthal, die Nachwuchsteams. Mit denen hätten wir den Betrieb vielleicht aufrechterhalten können, aber so war und ist es schwierig für uns.

Da stellt sich die Frage, wie lange der Campus noch überleben kann, wenn diese Virus-Situation mitsamt Teil-Lockdown weiter anhält?
Nun, dieser Zustand kann einfach nicht mehr lange anhalten. Auch die allgemeine Wirtschaft wird diesen Zustand nicht mehr lange tragen können.

Das ist eine Antwort zwischen Verzweiflung und Hoffnung ...
(Überlegt lange) Ja, das ist so.

Dann stelle ich die Frage erneut: Wie lange überlebt der Campus diese Situation noch?
Das kommt letztlich auch auf die versprochenen Bundesgelder an. Da wir unsere Sportanlage grundsätzlich ohne Subventionen der öffentlichen Hand stemmen, ist es schwierig, diese Frage zu beantworten.

Anders gesagt: Die Lage ist ohne Hilfe prekär.
Öffnungsschritte sind nah. Es wird Zeit, dass wir alle wieder positiver denken. Die Lage ist prekär, aber auch herausfordernd.

Unter diesen Voraussetzungen scheint es letztlich auch schwierig zu planen. Wie gehen Sie hier vor?
Grundsätzlich ist der Blick in die Zukunft verheissungsvoll. Man spürt, dass die Sportler unbedingt wieder Sport treiben wollen. Auch deshalb haben wir grundsätzlich viele Buchungen, unter der Voraussetzung, dass die Virus-Situation entsprechende Camps oder Events zulässt. Im April hätten wir beispielsweise mehrere Camps gehabt, bis auf drei wurden nun alle abgesagt, weil jene Teilnehmer über 20 Jahre alt sind. Aber grundsätzlich können wir sagen, dass wir spüren, dass beim Sportler ein Drängen nach Normalität und nach Sport vorhanden ist. Und dies bietet uns einen soliden Grundstock, der uns zuversichtlich sein lässt.

Aber dann dürfen wir davon ausgehen, dass es im nächsten Winter eine weitere Eissaison gibt?
Ja, das sieht aktuell so aus.

Damit zusammen hängen wohl auch die Verkaufsverhandlungen rund um das Campus-Areal. Was können Sie uns zum aktuellen Stand sagen?
Das ist eine schwierige Frage, weil ich gar nicht viel sagen kann. Es laufen Abklärungen und Bestrebungen, einen Verkauf zu organisieren. Aber auch ein Kauf durch die Campus Perspektiven AG, die ein Vorkaufsrecht besitzt, ist noch nicht vom Tisch. Aktuell ist aber nichts spruchreif.

Würden Sie denn weiterhin Geschäftsführer bleiben?
Das hängt von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich gehe ich aber davon aus.

Andererseits wäre eine Rückkehr ins Eishockeybusiness für Sie vielleicht sogar ein Thema?
Grundsätzlich ja, wieso nicht. Ich besuche auch stetig die Weiterbildungen, um auf dem neusten Stand zu bleiben. Ich hatte ausserdem auch schon Angebote, eines darunter war sogar sehr interessant. Aber grundsätzlich hat der Campus Perspektiven erste Priorität für mich. Das hier ist eine interessante Geschichte, die noch nicht abgeschlossen ist. Ausserdem kann ich hier seit fünf Jahren extrem viel lernen und profitieren. Ich möchte diese Arbeit zu einem  erfolgreichen Ende führen.

Damit ist auch Ihre Sportlerkarriere angesprochen. 17 Jahre lang waren Sie als Torhüter im Einsatz, danach folgten 17 Jahre in unterschiedlichen Trainerämtern, ehe Sie zum Campus wechselten. Wie erlebten Sie diese Veränderung?
Nur schon die geregelten Arbeitszeiten waren für mich ungewohnt. Im Eishockey, vor allem als Coach, hast du an sieben Tagen gearbeitet und dies zeitlich sehr unregelmässig. Es fehlen mir natürlich auch die Spannung, die Emotionen, das Drumherum, welches das Eishockey bietet. Im Nachhinein bin ich aber sehr stolz, habe ich die Entscheidung damals getroffen, die Veränderung angenommen und die Anforderungen gemeistert.

Blicken wir noch auf Ihre Karriere. Sie haben bei Fribourg, Zürich und Olten gespielt und gehörten zu den ersten Eishockeyspieler in der Schweiz, die Profis waren. Woran erinnern Sie sich noch heute gerne?
Die Zeiten in Fribourg sind natürlich unvergessen. Wir waren drei Mal im Playoff-Final. Und mit Olten habe ich sogar den Aufstieg miterlebt.

Und dennoch hat Ihre Karriere einen Makel. Sie wurden nie Meister.
Ja, das stimmt. Und eigentlich ist es tragisch. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte: Im Jahr 2015 war ich als Trainer mit Heikki Leime beim EHC Olten ganz nahe dran, Meister zu werden. Wir verloren den Final gegen die SCL Tigers erst im siebten Spiel. Ich nahm eine silberne Medaille mit nach Hause und dort habe ich einen alten Karton mit Erinnerungen geöffnet. Herausgefallen sind dabei sechs oder sieben Silbermedaillen. Klar, auch Zweiter zu werden ist schön, und ich glaube nicht, dass es meine Karriere grundlegend verändert hätte, hätte ich einen Titel gewonnen. Aber als Sportler will man gewinnen. Ich meine, in Fribourg waren wir drei Mal sieglos im Finale dabei, das ist irgendwie schon schade. Ich habe also die Silbermedaille in den Karton gelegt und diesen sofort wieder versorgt (lacht).

Kommen wir also zurück in die Gegenwart. Was halten Sie von der aktuellen Diskussion zur Weiterentwicklung des Schweizer Eishockeys mit der Erhöhung der Anzahl Ausländer?
(Schüttelt den Kopf) Ich weiss es ja nicht, aber ich befürchte, dass ein paar unserer Manager wegen Corona schlichtweg zu viel freie Zeit hatten, um so etwas Untragbares zu entwerfen. Hier gehen wir in eine völlig falsche Richtung. In der Schweiz investiert man sehr viel in die Nachwuchsbewegung und mit solchen Handlungen machen wir diese kaputt. Hiermit nehmen wir den jungen Spielern ihre Perspektive. Und zudem glaube ich auch nicht, dass durch eine Erhöhung der Ausländeranzahl weniger Geld in die Spielerlöhne fliessen werden. Ganz im Gegenteil.

Kehren wir zum Abschluss dieses Interviews dem Eishockey den Rücken. Über den Privatmann Dino Stecher weiss man eigentlich nicht so viel. Wieso ist das so?
Ich habe mein Privatleben nicht besonders geschützt. Ich bin grundsätzlich ein offener Mensch. Zugleich betrachte ich aber mein Privatleben auch ein wenig als meine persönliche Insel. Und da bestimme ich gerne, wer auf meine Insel kommen oder vor meiner Insel schwimmen darf (lacht). Ich habe dort keine Vorbildfunktion und bin dort nicht «Dino Stecher», sondern nur «Dino». So geniesse ich es dann, mit meiner Freundin oder mit meinen Freunden im nautischen Club in Aarburg auf dem Wasser, auf dem Stand-up-Paddle zu stehen, gehe Velo fahren oder joggen. Hauptsache Bewegung, das muss fast sein.

Dann sind Sie einer, der nicht ruhig sitzen kann?
Das könnte man meinen, aber tatsächlich habe auch ich das Gesetz der Erholung begriffen. Wo viel Spannung herrscht, muss auf der anderen Seite auch für Entspannung gesorgt sein. Das kann ein gutes Essen und ein gutes Glas Wein mit meiner Freundin oder meinen Freunden sein. Es gilt, die schönen Momente bewusst zu geniessen und innezuhalten.

Dann bleibt uns nur noch eine Frage: Was wünscht sich Dino Stecher für die Zukunft?
Die schnelle Rückkehr zur Normalität. Dabei wäre ich aber dafür, dass wir es nicht gleich wieder mit allem übertreiben. Es wäre schön, wenn wir wieder etwas «geerdeter» wären, dass wir eine gewisse Erholung in unserer Gesellschaft akzeptieren und beibehalten.